Interview

: Forster: "Auf dem Ski fühle ich mich frei"

20.03.2023 | 13:25 Uhr
Para-Skifahrerin Anna-Lena Forster blickt auf eine sehr erfolgreiche Saison. Warum sie dennoch nicht ganz zufrieden ist und was sie der Sport gelehrt hat, erzählt sie im Interview.
Deutschlands beste Para-Skifahrerin: Anna-Lena Forster.Quelle: imago/GEPA pictures
ZDFheute: Frau Forster, die Weltcupsaison im Para-Ski-Alpin ist in der vergangenen Woche zu Ende gegangen. Wie lautet Ihr Fazit?
Anna-Lena Forster: Es war eine schwierige Saison nach der sehr intensiven Saison davor mit Paralympics und Weltmeisterschaften. Ich hatte viel um die Ohren, dadurch habe ich mich diesmal nicht so optimal auf die Wettkampfsaison vorbereitet, wie ich es gern gemacht hätte. Aber beim Weltcupfinale habe ich nochmal richtig gute Rennen abgeliefert, ich kann zufrieden in die Pause gehen.
ZDFheute: Sie hatten schon die kleinen Kristallkugeln in der Abfahrt und im Super G gewonnen, jetzt sind noch die Slalom-Kugel und der Sieg im Gesamtweltcup dazugekommen. Bei der WM haben Sie in diesem Jahr viermal Gold und einmal Silber gewonnen. Und dann so ein durchwachsenes Fazit?
Forster: Ergebnistechnisch war das eine Mega-Saison, da kann ich mich überhaupt nicht beschweren. Alles andere ist Jammern auf hohem Niveau, aber man muss ja auch immer gucken, dass man selber mit seinen Leistungen zufrieden ist. Und ich konnte einfach meine Trainingsleistungen nicht abrufen. Man muss auch sagen, dass meine Konkurrenz in diesem Jahr überschaubar war. Ich musste keine Topleistung abliefern, um zu gewinnen.
Viermal Gold und einmal Silber: Forster und ihre WM-Medaillen.Quelle: IMAGO/Beautiful Sports
ZDFheute: Woran liegt es, dass die Konkurrenz im Monoskibob etwas schwächelt?
Forster: Das war schon in den letzten Jahren so. Bei den Paralympischen Spielen 2018 in Pyeongchang war das Konkurrenzfeld richtig gut und richtig groß. Danach haben einige aufgehört…
ZDFheute: … zum Beispiel Ihre nationale Konkurrentin Anna Schaffelhuber, die in ihrer Karriere sieben paralympische Goldmedaillen gewonnen hat.
Forster: Genau. Und einige andere sind auch zurückgetreten, da sind richtig viele Fahrerinnen weggebrochen und leider nicht mehr so viele nachgekommen. Scheinbar ist Monoski fahren auf Wettkampfebene für Frauen gerade nicht so attraktiv, vor allem in den Speed-Disziplinen. Ich weiß nicht, vielleicht trauen sich das viele einfach nicht. Es ist ja auch nicht das Naheliegendste, als Rollstuhlfahrerin das Skifahren auszuprobieren.
Dabei fühlt man sich so frei auf dem Ski, man kann alles machen wie jemand, der nicht behindert ist.
Anna-Lena Forster

Bei den Weltmeisterschaften im katalanischen Espot hat Monoskifahrerin Anna-Lena Forster auch im Riesenslalom triumphiert und im vierten Rennen ihr drittes Gold geholt.

27.01.2023 | 01:05 min
ZDFheute: Vor zehn Jahren haben Sie Ihre erste WM-Medaille gewonnen, Silber im Slalom. Inzwischen haben Sie unter anderem vier paralympische Goldmedaillen und neunmal WM-Gold gesammelt. Wie sehr hat das die Anna-Lena Forster von damals im Vergleich zur heutigen verändert?
Forster: Ich habe mich auf jeden Fall krass weiterentwickelt, auch auf persönlicher Ebene. Ich habe viel durch den Sport gelernt, Selbstdisziplin, Ehrgeiz, dass man dranbleiben muss, wenn man etwas erreichen möchte. Ich habe tolle Leute kennengelernt.
Insgesamt habe ich enorm viel für mich selber mitgenommen. Dass ich viel erreichen kann, wenn ich viel reinstecke. Das hat mir nicht nur im Sport geholfen, sondern auch in meinem Psychologie-Studium und generell im Leben. Dass ich selbstbewusst und selbstsicher sein kann. 
 

Das ist Anna-Lena Forster

Anna-Lena Forster, 27 Jahre alt, Monoskibobfahrerin, startet für den BRSV Radolfzell, hat einen Bachelor in Psychologie und ein Masterstudium begonnen.

Bei Winter-Paralympics gewann sie bislang viermal Gold, vier Mal Silber und einmal Bronze. Dazu kommen neun Mal WM-Gold, vier Mal WM-Silber, vier Mal WM-Bronze. Forster wurde mit einem stark verkürzten linken Oberschenkel geboren, das rechte Bein fehlt ihr fast komplett. Sie kann sich mit Gehstützen oder Prothesen fortbewegen, fühlt sich in einem Rollstuhl aber flexibler und wendiger. Da ihre Eltern und der ältere Bruder sehr Ski-begeistert sind, nahmen sie sie schon mit sechs Jahren in einem Monoski mit auf die Piste.      

ZDFheute: Sie schreiben auf Ihrer Webseite, dass Sie nichts mehr anspornen würde als der Satz: "Das geht nicht." Haben Sie ihn schon oft in Ihrem Leben gehört?
Forster: Mittlerweile höre ich ihn nicht mehr so häufig. Aber im Kindes- und Jugendalter gab es natürlich öfter Situationen, in denen es hieß: Klar, dass Du das machen möchtest, aber das geht nicht. Ein Schwimmlehrer hat zum Beispiel mal zu meiner Mutter gesagt, dass ich das nie richtig lernen würde. Es kommt immer wieder vor, dass die Leute meine Fähigkeiten auf Grund meiner Behinderung unterschätzen.
ZDFheute: Ich nehme an, Sie können heute schwimmen?
Forster: Auf jeden Fall. Auch das habe ich gelernt und sogar in der DLRG meine Abzeichen gemacht.
Ich habe mich nie bremsen lassen von Leuten. Aber das muss man auch erstmal lernen, sich davon nicht klein halten zu lassen, sondern auszubrechen und zu zeigen, was alles geht.
Anna-Lena Forster
Das Interview führte Susanne Rohlfing.

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