: Adani verliert 100 Milliarden US-Dollar

02.02.2023 | 15:01 Uhr
Abwärts auf der Liste der Superreichen: Das Firmenimperium des Inders Gautam Adani gerät an der Börse massiv unter die Räder.
Nicht mehr ganz oben auf der "Forbes"-Superreichen-Liste: Gautam AdaniQuelle: AP
Vom Schulabbrecher zum zwischenzeitlich reichsten Mann Asiens - zumindest diesen Titel ist der indische Tycoon Gautam Adani aktuell los. Nach einer Attacke durch einen sogenannten Leerverkäufer ist der Aktienkurs seines Mischkonzerns Adani Group dramatisch auf Talfahrt. Am Donnerstag überschritt der Wertverlust die Marke von 100 Milliarden US-Dollar.

Parlamentarier verlangen Aufklärung

Angefacht hatte den Kursrutsch die New Yorker Firma Hindenburg Research. Der Leerverkäufer hatte vergangene Woche in einem Bericht Zweifel an Zahlen zur Verschuldung und zu den Vermögenswerten des Konglomerats geäußert und erklärt, auf fallende Kurse bei der Adani Group zu wetten. Zudem warf der Bericht Adani vor, Firmen aus Offshore-Steueroasen wie Mauritius und den karibischen Inseln missbräuchlich genutzt zu haben. Die Adani Group wies den Hindenburg-Bericht als unbegründet zurück und erwägt rechtliche Schritte gegen die Firma aus New York.
Am Donnerstag gaben die Aktien des Konglomerats erneut nach, nachdem der Multi-Milliardär eine erfolgreich gezeichnete Aktienplatzierung von 2,5 Milliarden Dollar wieder zurückzog - nach eigener Aussage, um die Investoren vor möglichen Verlusten zu schützen.

So funktionieren Leerverkäufe

Bei Leerverkäufen wetten Investoren auf fallende Kurse von Wertpapieren. Sie leihen sich bei anderen Anlegern gegen eine Gebühr beispielsweise Aktien und verkaufen sie. Dabei setzen sie darauf, dass der Kurs bis zum fälligen Rückgabetermin fällt. Geschieht dies, können sie sich dann billiger mit den Titeln eindecken. Diese gekauften günstigeren Papiere geben sie an den Verleiher zurück. Die Differenz zwischen dem günstigeren Rückkauf und dem teureren Verkaufspreis abzüglich der Leihgebühr streichen die Investoren - oft Hedgefonds - als Gewinn ein.
Marktteilnehmer befürchteten mit Blick auf den massiven Kursrutsch Auswirkungen auf das Finanzsystem in Indien. Im Parlament riefen Abgeordnete Anti-Adani-Slogans, die Sitzung wurde ausgesetzt. Abgeordnete der Opposition beantragten eine Diskussion über den Bericht des US-Leerverkäufers. Die Kongresspartei forderte einen Untersuchungsausschuss.

Selfmade-Milliardär

Der 60-Jährige Adani ist ein Selfmade-Milliardär. Der Sohn einer Mittelschichtfamilie stammt aus dem Bundesstaat Gujarat, aus dem auch Indiens Ministerpräsident Narendra Modi stammt. Er verließ die Schule vorzeitig und ging in die Diamantenindustrie. Als Mittzwanziger gründete er die Adani-Gruppe und begann mit dem Handel von Rohstoffen.
Mittlerweile gehört ihm die drittgrößte Unternehmensgruppe des Landes mit Geschäftsfeldern, die vom Kohleabbau über Speiseölproduktion bis hin zu Zement, Häfen, Flughäfen und Nachrichtensendern reichen. Der ältere seiner beiden Söhne, Karan, ist Leiter von Adani Ports and SEZ, Indiens größtem privaten Hafenbetreiber. Der jüngere Sohn Jeet ist Vizepräsident der Finanzabteilung der Adani-Gruppe.

Abwärts bei "Forbes"

Oppositionspolitiker werfen Adani vor, von seinen engen Kontakten zu Ministerpräsident Modi profitiert zu haben - was beide bestreiten. Im Januar sagte Adani in einer TV-Show, er sei eher ein schüchterner Typ. Kontroversen geht er aber nicht aus dem Weg. Zuletzt verklagte er die Regierung des südindischen Bundesstaats Kerala und die Anführer von Fischern, die monatelang gegen den Bau eines Hafens protestierten. In Australien wehrten sich Umweltaktivisten jahrelang gegen das Adani-Projekt einer Kohlemine in Queensland.
Gautam Adani rutschte im Zuge des Aktieneinbruchs in der einschlägigen "Forbes"-Rangliste der Superreichen ab - von Platz drei auf Rang 16 am Donnerstagnachmittag. Sein Vermögen wurde dort auf immer noch gut 64 Milliarden Dollar geschätzt.
Quelle: Reuters, AFP

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