: Was droht beim Mega-Konzern BASF?

von Anselm Stern
16.11.2022 | 08:44 Uhr
Das größte Chemie-Unternehmen der Welt arbeitet an einem gewaltigen Sparprogramm. Stellen werden abgebaut. Wie gut wird die deutsche Industrie durch die Krise kommen?

In Industriestädten wie Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz wachsen die Sorgen während der Energiekrise. ZDF-Moderator Mitri Sirin spricht mit Betroffenen und Verantwortlichen vor Ort.

16.11.2022 | 52:11 min
In Ludwigshafen am Rhein liegt die Machtzentrale der BASF. Mächtig, gewaltig sind auch die Zahlen von hier - Krisen-Kennzahlen: 37 Terawattstunden Gas braucht die BASF pro Jahr alleine hier - mehr als die gesamte Schweiz. Etwa 39.000 Menschen arbeiten am Hauptsitz des Unternehmens. Tag und Nacht.
Ganz nah bei den BASF- Türmen liegt die Kneipe "Anno 1900". Fünf Gäste sitzen gerade am Tresen. Es lief schon mal deutlich besser, sagt uns die Wirtin, Gabi Janus:
Also im Moment ist die Stimmung nicht so gut. Eigentlich sehr schlecht, weil die Leute sparen, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt mit der Energiekrise.
Gabi Janus, Wirtin
Einmal die Woche trifft sich hier ein Stammtisch. Aktive und ehemalige Mitarbeiter der BASF sind dabei. Frank Müller arbeitet seit 33 Jahren für den Konzern. Krisenmodus, nichts neues für ihn: "Bei jeder wirtschaftlichen Krise kommt da etwas. Es ist immer fast gleich, was da kommt."

ZDF-Themenschwerpunkt zur Energiekrise

Quelle: ZDF, Getty Images / [M] Corporate Design
Heizung herunterdrehen, Licht ausmachen, Strom sparen: Die Energiekrise ist im Alltag der Menschen angekommen und viele fragen sich: Wie wird der Winter angesichts von Energieknappheit und hohen Preisen? Der ZDF-Themenschwerpunkt "Energiekrise" beleuchtet vom 11. bis 18. November diese und weitere Fragen zu Energiekosten und Energiewende. In den aktuellen Magazinsendungen des ZDF, in Doku-Formaten wie "plan b", "planet e.", "ZDFzeit" und "ZDFzoom", in einem "moma vor ort" aus Ludwigshafen, im ZDF-Polittalk oder online auf ZDFheute rückt die aktuelle "Energiekrise" in den Fokus, ausgelöst durch Russlands Angriff auf die Ukraine.

BASF: Große Abhängigkeit von Gas

Was da diesmal kommt, hat der Chemie-Riese schon umrissen. 500 Millionen Euro wollen die Konzernlenker pro Jahr einsparen - die Hälfte davon in Ludwigshafen. Vor den Toren der BASF-Zentrale, im "Creation Center", treffen wir Melanie Maas-Brunner. Sie sitzt im Vorstand, ist verantwortlich für den Standort.
Wir brauchen für unsere Herstellprozesse sehr viel Wärme, dementsprechend auch sehr viel Gas. Und wir haben zum Beispiel in Europa allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres 2,2 Milliarden Euro mehr Energiekosten gehabt als im Vergleich zum Vorjahr.
Melanie Maas-Brunner, BASF-Vorstandsmitglied
Die Chemie-Industrie ist ganz besonders stark betroffen von den steigenden Kosten. Maas-Brunner betont im Interview immer wieder die "Sozialverträglichkeit" der Sparmaßnahmen und beschreibt gleichzeitig sehr deutlich die Krisen-Folgen: "Es werden Stellen abgebaut werden, auch hier in unserem Stammwerk in Ludwigshafen. Aber wir haben die sogenannte Standortvereinbarung hier in Ludwigshafen abgeschlossen. Wir haben einen engen Schulterschluss mit unseren Arbeitnehmervertretern." Und weiter:
Das bedeutet letztendlich, dass wir keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen.
Melanie Maas-Brunner, Mitglied im BASF-Vorstand

Stellenabbau nicht nur am Standort Ludwigshafen

Wie viele Stellen die BASF abbauen wird hat die Führungsspitze des Weltkonzerns noch nicht mitgeteilt. Anfang 2023 soll es konkrete Zahlen geben. "Dieser Standort, der besteht schon seit über 150 Jahren. Wir haben in dieser Zeit mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen schon sehr, sehr viele Krisen gemanagt, und wir werden auch diese Krise managen", verspricht Maas-Brunner.
Doch wie tiefgreifend, wie heftig wird die Krise die Unternehmen im Land beschädigen und den Industriestandort Deutschland gefährden?

Industrie-Standort Deutschland in Gefahr?

Clemens Fuest, Chef des Münchner ifo-Instituts sagt: "Insgesamt kommt die Industrie bislang erstaunlich gut durch die Krise (…) Arbeitsplätze sind dann gefährdet, wenn nach dieser kurzfristigen Krise die Industrie in Deutschland nicht mehr investiert, weil sie sagt, die Energiekosten sind hier dauerhaft zu hoch. Das heißt, wenn wir uns Sorgen um den Industriestandort machen, dann müssen wir vor allem auf die mittlere Frist schauen. Wie sind da die Aussichten? Wie hoch werden die Strompreise sein in Deutschland? Industriestrom wird in anderen Ländern teilweise sehr günstig angeboten. Und wir müssen damit konkurrieren."
Mittelfristige Perspektiven müsse die Politik jetzt liefern , sagt der Experte. Es brauche dringend sichere Antworten auf die Fragen nach der wettbewerbsfähigen Versorgung mit Gas, Strom, erneuerbaren Energien - nur so könne der Industriestandort Deutschland auch in Zukunft gesichert werden.

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