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Putin entlässt Verteidigungsminister Schoigu

: "Wir wollen doch nur das, was uns zusteht"

30.07.2023 | 06:46 Uhr
Fast 200 Kraftfahrer streiken an der Raststätte Gräfenhausen in Hessen. Sie warten auf ausstehenden Lohn von der polnischen Spedition - und kämpfen auch für Respekt.
Zunächst standen die Zeichen im zweiten Fahrerstreik innerhalb weniger Monate auf der Raststätte auf schnelle Einigung. Doch jetzt gibt es weder Gespräche noch Geld.Quelle: dpa
In großen weißen Lettern haben die Fahrer den Namen ihres Arbeitgebers auf die blaue Plane eines der an der Raststätte Gräfenhausen stehenden Lastwagen geklebt und darunter: "No money", kein Geld. Autofahrer, die auf der seit Freitag für Lastwagen gesperrten Raststätte eine Pause einlegen und neugierig auf die Masse blauer Lastwagen auf dem bis zum letzten Platz gefüllten Parkplatz blicken, können so gleich sehen, worum es den Fahrern geht.
Sie warten auf ausstehenden Lohn von der polnischen Spedition, für die sie auf deutschen Autobahnen unterwegs sind. Geld haben sie seit Monaten nicht gesehen, ihre Familien ebenso wenig.
Ibrahim und Abdullah warten auf ausstehenden Lohn von der polnischen Spedition - auch sie streiken in Gräfenhausen.Quelle: dpa

"Bleiben, bis auch der letzte sein Geld erhalten hat"

"Wir sind hier Georgier, Kasachen, Usbeken, Tadschiken", sagt Shukhrat Rarimov, der selbst aus dem zentralasiatischen Usbekistan stammt. Der Mann im dunkelgrauen Poloshirt presst beide Handflächen aneinander.
Aber wir sind hier so eng, so einig. Wir lassen nicht zu, dass uns jemand zu teilen versucht.
Shukhrat Rarimov, Lkw-Fahrer
Deswegen wollen sie so lange bleiben, bis auch der letzte sein Geld erhalten hat. Vladimer Pilauris, ein Georgier, nickt zustimmend. "Selbst wenn sie mich bezahlen, bleibe ich hier bis zum Ende." Rarimov legt einen Arm um die Schulter des Kollegen. "Einer für alle, alle für einen. So machen wir es."

Einige Fahrer tauschten Gehalt gegen Fahrzeug und Ladung

Noch vor einer Woche hatte es so ausgesehen, als ob "Gräfenhausen 2", der zweite Streik osteuropäischer Fernfahrer derselben Spedition innerhalb von drei Monaten, sehr schnell vorbei sein könnte.
Die ersten Fahrer, die am Dienstag und Mittwoch vergangener Woche in Gräfenhausen halt gemacht und in den Streik getreten waren, hatten sich sehr schnell in individuellen Verhandlungen mit dem Unternehmen geeinigt, ihr Geld erhalten und daraufhin Fahrzeuge und Ladung Firmenvertretern übergeben. Auf einen Verbleib im Unternehmen legten sie keinen Wert mehr - so viel Vertrauen hatten sie nicht.
Osteuropäische Lkw-Fahrer diskutieren auf dem Rastplatz Gräfenhausen an der A5 über die Situation während ihres Streiks wegen ausstehender Löhne bei ihrer polnischen Spedition.Quelle: Reuters

Gräfenhausen: Fast 200 Kraftfahrer streiken

Doch nach dem ersten knappen Dutzend Fahrer waren immer mehr hinzugekommen. Fast 200 Streikende gebe es mittlerweile laut den Fahrern.
Aber Gräfenhausen, das ist eben der Ort des ersten historischen Streiks, für viele der russischsprachigen Fahrer ein Ort, wo sich Kollegen geschlossen zusammenfanden und um ihr Geld und ihre Würde kämpften. Immer wieder ist auch jetzt von den Fahrern zu hören: "Wir haben unsere Arbeit getan und wollen doch nur das, was uns zusteht."
Schon im April streikten die Trucker in Gräfenhauen für ihren Lohn:

60 Trucker wollen am Rasthof Gräfenhausen streiken, bis ausstehender Lohn fließt. Der polnische Spediteur versteht die Aufregung nicht. Die Fahrer hätten Einsparungen zugestimmt, um Jobs zu erhalten.

22.04.2023 | 05:29 min

Kraftfahrer verzweifelt: "Wir sind doch Menschen!"

"Seit Montag gab es keine Geldüberweisungen mehr", stellt Anna Weirich vom Beratungsnetzwerk "faire Mobilität" fest. Übereinstimmend berichten die Fahrer, dass es derzeit keine Verhandlungen gebe, auch nicht, nachdem sie als Zeichen des guten Willens mehrere Wagen an Vertreter der Spedition übergeben hätten.
Fahrer Kairat Taganov ist frustriert: Während der Unternehmer im Luxus lebe, hausten Fahrer monatelang in ihren Kabinen, hätten kein Bad, keine Dusche, müssten sich auf engsten Raum beschränken. Und dann gebe es noch nicht mal Geld. "Was für ein Leben ist das? Wir sind doch Menschen!", ereifert sich der vierfache Vater.
Schlägertrupps statt Angeboten - Eklat beim Streik in Gräfenhausen im April:

"Streik dauert. Und wenn es bis zum Tod ist."

"Uns wurde gesagt, wir sollen nach Polen kommen, dort bekommen wir unser Geld", berichtet Shukhrat Rarimov. Das käme aber für sie nicht infrage. "Da bekommen wir doch höchstens einen Fußtritt." Die Bilder der martialischen Sicherheitstruppe, mit der der Spediteur am Karfreitag nach Gräfenhausen gekommen war, um seine Lastwagen wieder zu bekommen, sind auch ihm und seinen Kollegen bekannt.
Auf eine schnelle Lösung wagt derzeit kaum einer zu hoffen. Giorgi ist jetzt schon seit mehr als einer Woche dabei. Er ist sehr ruhig, ganz anders als viele seiner oft impulsiven und temperamentvollen Landsleute. Doch er muss nicht laut sein, um Entschlossenheit zu zeigen:
Wir bleiben. Der Streik dauert. Und wenn es bis zum Tod ist.
Giorgi, Lkw-Fahrer
Quelle: Eva Krafczyk, Andreas Arnold, dpa

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