: Wieder mehr Unternehmergeist in Deutschland

von Frank Bethmann
10.07.2024 | 15:10 Uhr
Die deutsche Start-up-Branche hat schwere Zeiten hinter sich, viele Firmen gingen pleite. Nun steigt, laut Studie, die Zahl der Neugründungen wieder - vor allem in einem Bereich.
Seit Mitte 2022 gibt es wieder einen Aufwärtstrend bei Firmen-Neugründungen. (Symbolfoto)Quelle: Imago
Es entstehen wieder mehr neue Unternehmen in Deutschland. Das geht aus dem aktuellen Report "Next Generation - Start-up-Neugründungen in Deutschland" hervor, der halbjährlich erscheint und Handelsregisterdaten auswertet. Felix Engelmann, Co-Founder von "startupdetector", ist verantwortlich für die Auswertung und sagt:
Das Wachstum der Neugründungen im ersten Halbjahr 2024 ist ein ermutigendes Signal.
Felix Engelmann, Co-Founder von "startupdetector"
Nach dem starken Rückgang Mitte 2022 deute sich nun ein positiver Trend an, ergänzt der Start-up-Experte. Jungen Firmen ging zuletzt häufiger das Geld aus, weil Wachstumskapital fehlte.

Die Stimmung in der Wirtschaft hat sich im Frühjahr aufgehellt. Doch viele Unternehmen kämpfen weiter mit strukturellen Problemen.

24.04.2024 | 01:34 min

Knapp 1.400 Neugründungen stehen rund 11.000 Firmenpleiten gegenüber

Im ersten Halbjahr wurden hierzulande 1.384 Start-ups gegründet - das sind 15 Prozent mehr als in den vorherigen sechs Monaten. Doch wie ist diese Entwicklung insgesamt einzuordnen, angesichts einer anhaltenden Kritik am Standort Deutschland und einer ausgeprägten Wachstumsschwäche?
Erst jüngst veröffentlichte die Auskunftei Creditreform Zahlen, die das andere Bild Deutschlands zeichnen. Im gleichen Zeitraum, in dem knapp 1.400 Firmen neu an den Start kamen, gingen rund 11.000 Unternehmen pleite und damit so viele Betriebe wie seit fast zehn Jahren nicht mehr.

Kriege, Corona und Inflation, viele Unternehmen leiden unter den Folgen dieser Krisen und müssen in die Insolvenz.

04.12.2023 | 02:06 min

Entwicklung typisch für Strukturwandel

Das sei typisch für eine Wirtschaft im Umbruch, meint Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der niederländischen Großbank ING für Deutschland und Österreich.
Wir haben jetzt schon seit einer ganzen Weile diesen Anstieg bei den Insolvenzen. Dieser spiegelt den Strukturwandel im Land wider, aber auch konjunkturelle Schwächen.
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt bei ING
Während die Baubranche beispielsweise weiterhin mit hohen Zinsen und gestiegenen Kosten zu kämpfen hat, also mit den Folgen der schleppenden Konjunktur, zeigen sich in der Automobilbranche und im Einzelhandel vor allem die Probleme grundsätzlicher Veränderungen.

Die Stimmung im Einzelhandel ist aufgrund der Inflation und der Zurückhaltung der Kunden schlecht. Wie die Umsätze für das abgelaufene Jahr ausfallen, weiß Frank Bethmann.

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Viele Ladeninhaber müssen dicht machen, weil die Menschen immer häufiger online einkaufen. Beim Autozulieferer, der nur Vergaser für Verbrenner fertigt und nicht auf Elektromobilität umschwenkt, werden irgendwann die Lichter ausgehen, weil keine Aufträge mehr reinkommen.

Wasserglas halbvoll oder halbleer?

So gesehen stellt sich mit Blick auf die Neugründungen also die Frage: Ist das Glas halbvoll oder doch halbleer? "Aktuell ist es noch sehr schwer, diese beiden Entwicklungen gegeneinander aufzuwiegen", sagt Brzeski. "Die Einzelschicksale sind natürlich immer schlimm", wenn Beschäftigte ihren Job verlieren, findet der Ökonom.
Gesamtwirtschaftlich gehört es dazu, dass einzelne Unternehmen nicht überleben.
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt bei ING
Die Hoffnung jedoch ist, "dass dann hoffentlich auch etwas anderes entsteht".
Etwas Neues. Und hier machen die jüngsten Start-up-Zahlen durchaus Hoffnung. Den Aufwärtstrend, so heißt es, sehe man in fast allen Branchen. Sehr positiv aber entwickelt sich ein Bereich, bei dem Deutschland bislang eher hinterherläuft:
Besonders erfreulich ist der Boom im Software-Sektor, der wichtige Impulse für die Digitalisierung liefert.
Helmut Schönenberger, Vize-Vorsitzender des Start-up-Verbands
Das sagt Helmut Schönenberger, stellvertretender Vorsitzender des Start-up-Verbands. Nie wurden mehr Start-ups in diesem Bereich gegründet. Mit 302 Neugründungen entfällt jedes fünfte neue Start-up auf diese Branche. Ein wichtiger Treiber: der Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

Start-ups...

... sind junge innovative Unternehmen mit Wachstumsambitionen: Sie zeichnen sich durch ein innovatives Geschäftsmodell, ein innovatives Produkt oder eine innovative Dienstleistung aus. Außerdem haben sie Skalierungspotenzial, das heißt, Potenzial zu wachsen und sich zu entwickeln.

Start-ups sind schon jetzt in einer Vielzahl von Branchen tätig, beispielsweise in der Informations- und Kommunikationstechnologie, im Gesundheitsbereich oder in der Industrie. Viele Start-ups richten ihre Geschäftsmodelle dabei auch auf internationale Märkte aus. In Deutschland sind 415.000 Menschen in einem Start-up beschäftigt.

(Quelle: Start-up-Strategie der Bundesregierung, Bundesverband Deutsche Startups e.V.)

Meiste Start-ups in München und Berlin

Ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen liefern sich München und Berlin. Die beiden Städte bleiben die zentralen Hotspots des deutschen Start-up-Ökosystems und vereinen mehr als ein Viertel aller Start-up-Neugründungen im Land auf sich (26 Prozent). Doch nicht nur in diesen beiden Metropolen tut sich was.

Innovative Schüler-Start-Ups beim JUNIOR-Wettbewerb des Bundeswirtschaftsministeriums.

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Mit Aachen, Darmstadt und Heidelberg stehen drei forschungsnahe Standorte in den Top 5 der pro Kopf stärksten Gründungsstädte. Insgesamt zeigt sich Schönenberger sehr zufrieden mit der aktuellen Entwicklung:
Dieser Anstieg der Neugründungen zeigt, dass der Unternehmergeist in Deutschland stark ist.
Helmut Schönenberger, Vize-Vorsitzender des Start-up-Verbands
Zustimmung auch von Brzeski: "Wir sehen, dass neue Unternehmen entstehen. Das ist ja das, was man will." Doch der Ökonom schränkt auch ein und verweist auf die Schattenseite des Strukturwandels: "Die Verkäuferin bei Karstadt, die wird sehr wahrscheinlich nicht morgen ein FinTech-Unternehmen gründen."
Frank Bethmann ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

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Quelle: ZDF
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