: Warum der Verbrenner noch lange leben könnte

von Luisa Herbring
09.04.2024 | 15:21 Uhr
Ab 2035 dürfen neu zugelassene Fahrzeuge kein CO2 mehr ausstoßen. Warum Benziner und Diesel trotzdem noch ein langes Leben haben werden.
Verbrenner dürften in Deutschland von E-Autos wohl nur langsam verdrängt werden (Symbolfoto).Quelle: Imago
Auf Deutschlands Straßen sind Millionen von vollelektrischen Autos unterwegs und der Verbrenner ist längst in Vergessenheit geraten - dieser politische Traum der Ampel-Regierung dürfte noch in weiter Ferne liegen. Denn die Realität sieht anders aus, wie aktuelle Zulassungszahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zeigen.
Den Elektroautos soll die Zukunft gehören, doch noch sind sie nicht besonders gefragt. Im Monat März 2024 wurden nach Angaben des KBA fast 264.000 Pkw neu in Deutschland zugelassen - davon 31.400 Elektroautos. Das entspricht einem Rückgang von fast 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Die Nachfrage nach Elektro-Autos ist zurückgegangen. Die Gründe erklärt ZDF-Korrespondentin Valerie Haller von der Frankfurter Börse.

10.04.2024 | 01:07 min
Wer sich gerade nach einem neuen Auto umsieht, entscheidet sich immer noch gerne für einen klassischen Verbrenner. Mit 38 Prozent waren die meisten Neuzulassungen tatsächlich Benziner. Der Anteil an Dieselantrieben lag bei etwa 18 Prozent. So schnell werden Verbrennungsmotoren auf Deutschlands Straßen also vermutlich nicht verschwinden - auch weil die Bundesregierung Ende vergangenen Jahres die Förderung von privaten E-Autos überraschend beendet hat.

Verbrennungsmotoren: Riesiger Altbestand

Weil die Lebensdauer von Autos immer länger wird, ist davon auszugehen, dass sich bis 2035 ein großer Altbestand an Verbrenner-Autos angesammelt haben wird. Und: Für sie gilt ein Bestandsschutz, denn die Mitglieder der EU haben Pkw, die vor 2035 gekauft werden, vom "Verbrenner-Verbot" ausgenommen.

Die Ampel will, dass mehr Menschen auf E-Autos umsteigen. Doch die Umweltprämie wurde zuletzt gestrichen. Ein Grund dafür, dass die Neuzulassungen im März um 29 Prozent einbrachen.

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Wer kurz vorher noch einen Benziner oder Diesel kauft, wird damit bis weit in die 40er Jahre fahren können. Außerdem dürfen Verbrenner auch nach 2035 weiter als Gebrauchtwagen gehandelt werden.

E-Fuels: Schlupfloch oder Chance für den Verbrenner?

Damit auch dieser Fahrzeugbestand in Zukunft einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, brauche es erneuerbare Kraftstoffe, meint Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA).

Die vergleichsweise hohen Anschaffungskosten sind weiterhin der größte Schwachpunkt der E-Autos. Ist das der einzige Grund für den schleppenden Absatz? Valerie Haller an der Börse.

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Dabei könnten E-Fuels eine wichtige Rolle spielen. Sie werden mit elektrischer Energie aus Wasser und Kohlenstoffdioxid hergestellt. E-Fuels sind dann klimaneutral, wenn sie ausschließlich mit erneuerbaren Energien produziert werden, zum Beispiel aus Wind- oder Solarstrom.
Beim geplanten Verbrenner-Verbot ab 2035 könnten sie eine Art Schlupfloch darstellen, denn die EU plant, Neuzulassungen von Verbrennungsmotoren weiter zu erlauben, wenn sie mit CO2-neutralen E-Fuels betankt sind.
Erneuerbare Kraftstoffe können einen maßgeblichen Beitrag zur Defossilisierung vor allem der Bestandsflotte und damit zur Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor leisten. Auf dem Weg zu klimaneutralem Verkehr sind erneuerbare Kraftstoffe die passende und dringend notwendige Ergänzung zur tragenden Säule Elektromobilität.
Hildegard Müller, VDA-Präsidentin

Wie realistisch ist der Einsatz von E-Fuels bei Autos?

Allerdings gibt es mit synthetischen Kraftstoffen derzeit noch ein Problem. Beim Umwandeln von Strom geht viel Energie verloren. Aus diesem Grund sei der Bedarf an erneuerbarer Energie für die Produktion momentan höher, als wenn der Strom direkt zum Laden eines E-Autos gebraucht würde, sagt der ADAC.

Die EU hat endgültig grünes Licht gegeben für das geplante Aus von Verbrenner-Motoren ab 2035. Autos, die ausschließlich mit E-Fuels fahren, sollen erlaubt bleiben.

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Außerdem könnte der Einsatz von E-Fuels bei Pkw und Lkw kostspielig werden, meint Martin Wietschel. Er leitet das Competence Center Energietechnologien und Energiesysteme des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung.
"Synthetische Kraftstoffe wie E-Fuels sollten in Anwendungsbereichen zum Einsatz kommen, die keine anderen wirtschaftlichen Alternativen zur Erreichung der Treibhausgasneutralität haben", sagt Wietschel.
Mit reinem Wasserstoff oder mit Batterielösungen werden wir in der Mobilität nicht auskommen, um zum Beispiel Flugzeuge oder Schiffe anzutreiben. Möchte man E-Fuels für Pkw einsetzen, wird es für Verbraucherinnen und Verbraucher sehr teuer.
Martin Wietschel, Leiter Competence Center Energietechnologien und Energiesysteme des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung
Bis zu drei Euro könnte ein Liter für E-Fuels mit Steuern in den kommenden Jahren kosten, befürchtet Wietschel.

Rolle der deutschen Automobilindustrie

Und wo steht die deutsche Automobilindustrie in der Diskussion um den Verbrennungsmotor? Auf Nachfrage erklärt unter anderem die BMW-Gruppe, in Zukunft alle Antriebsarten auf dem Markt anbieten zu wollen - und schließt den Verbrenner nicht per se aus. Ähnlich bestätigt das auch Mercedes-Benz.
Weltweit werde der Verbrennungsmotor auch nach 2035 noch gebraucht, sagt VDA-Präsidentin Müller. "Unterschiedliche Technologien werden in unterschiedlichen Regionen ihren Beitrag zu nachhaltiger Mobilität leisten. Die deutsche Automobilindustrie will und darf diesen Fortschritt und die damit einhergehende Wertschöpfung nicht allein anderen Weltregionen überlassen."

Der weltweit größte Hersteller von Elektroautos ist inzwischen der chinesische Autobauer BYD. In Bremerhaven hat heute ein erstes Frachtschiff mit 3000 Neuwagen an Bord angelegt.

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Auch wenn die Industrie und viele Expertinnen und Experten in der Diskussion nicht einig sind: Die Zahlen und Fakten sprechen dafür, dass Verbrenner auch nach 2035 noch lange auf Deutschlands Straßen unterwegs sein werden.

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