Interview

: Vogelgrippe bedroht Pinguine in der Antarktis

12.03.2024 | 10:54 Uhr
Die Vogelgrippe breitet sich stetig aus. Nun wurde der Erreger auch in der Antarktis entdeckt. Warum besonders Pinguinen ein Massensterben droht und ob Impfungen helfen können.

In den vergangenen Jahren breitete sich die Vogelgrippe stetig aus. Nun wurde der Erreger auch in der Antarktis nachgewiesen. Doch eine Impfung macht Hoffnung.

07.03.2024 | 04:27 min
In großen Teilen der Welt löst die Vogelgrippe ein Massensterben aus. Hunderttausende Vögel verenden, aber auch andere Säugetiere erliegen dem Virus H5N1, nachdem sie infizierte Vögel gefressen hatten.
Forschende vermuten, dass Zugvögel das Virus auf das antarktische Festland brachten. Hier wurde der Erreger nun erstmals in einer Raubmöwe nachgewiesen. Für die dort lebende Pinguinpopulation stellt dies eine besonders große Bedrohung dar, da die Tiere meist in großen Kolonien eng zusammenleben. So könnte sich die Seuche rasant ausbreiten.

Impfungen gegen die Vogelgrippe

Im vergangenen Jahr wurde erstmals Tieren des Baseler Zoos und im Tierpark Bern ein neuer Impfstoff verabreicht. Forscher des Schweizer Instituts für Virologie und Immunologie entwickelten diesen auf Basis der H5N1-Viren eines verstorbenen Pelikans.
Ein solcher Schutz könnte besonders für Pinguine von Vorteil sein, deren Immunsystem noch nie mit dem Virus in Kontakt kam. Könnte ein Impfstoff eine drohende Pandemie aufhalten?

Nun ist auch die Antarktis von der Vogelgrippe betroffen. Ist Vögel impfen in der Antarktis eine Option? Tiermediziner Timm Harder erklärt die Auswirkungen und Möglichkeiten einer Impfung.

07.03.2024 | 04:55 min
Prof. Dr. Timm Harder, Experte für Vogelgrippe am Friedrich-Loeffler-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, ordnet die Gefahren und Möglichkeiten der Situation ein:
ZDFheute: Ist es realistisch, Tiere in der Antarktis zu impfen und würde das überhaupt etwas bringen?
Timm Harder: Nein, ich sehe da keine Chance, das wirklich umzusetzen. Die Impfstoffe, die es zurzeit gibt, müssen allesamt per Injektion verabreicht werden. Das heißt, wir müssen jeden Vogel einzeln mindestens zweimal im Abstand von vier Wochen stechen und das ist in den Weiten und Räumen nicht vorstellbar.

Nicht nur Wale leiden unter menschengemachtem Lärm unter Wasser, auch Pinguine sind sehr geräuschempfindlich. Dänische Forscher lauschen den Stimmen der Pinguine um herauszufinden, wie ihr Gehör beeinflusst wird.

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ZDFheute: Würde die Impfung gegen H5N1 bei Wildtieren in irgendeiner Form eine Rolle spielen?
Harder: Wenn wir es schaffen würden, große Populationen zu impfen und eine Populationsimmunität dort zu erzeugen, dann hätte das Auswirkungen und würde die Verbreitung des Virus über Wildvogelpopulationen einschränken können. Diese Optionen haben wir in der Antarktis aber im Moment nicht.
ZDFheute: Welche Möglichkeiten gibt es denn dann überhaupt für uns Menschen entgegenzusteuern und etwas gegen die Vogelgrippe zu tun?
Harder: Wir können eigentlich nur wirksam eingreifen im Bereich der Zoos, Tierhaltung und Geflügelproduktion. Dort können wir tatsächlich Maßnahmen ergreifen, die verhindern, dass Viren von außen dort eindringen, vermehrt werden und möglicherweise auch wieder nach außen zurückgegeben werden. Das können wir zumindest hier in Europa, in Deutschland, wirklich sehr gut gestalten und schaffen.
Sobald es aber um Wildvogelpopulationen geht und wir haben es im Wesentlichen mit wasserlebenden Wildvogelpopulationen zu tun, die hochmobil sind, viele zehntausend Kilometer im Jahr an Zugwegen zurücklegen: Die können wir momentan nicht fassen.
Die einzigen Möglichkeiten, die sich so in den letzten zwei Jahren gezeigt haben, war wirklich in der Betreuung von Brutkolonien, zum Beispiel bei Seeschwalben oder bei Möwen. Wenn dort Infektionen auftreten, die Seuche anfängt sich auszubreiten, gilt es frühzeitig, kranke und veränderte Tiere einzusammeln, sodass insgesamt die Viruslast in diesen Kolonien gedrückt wird.
ZDFheute: Wenn wir jetzt nochmal in die Antarktis schauen, was erwarten Sie dort? Ist da ein Massensterben der Pinguine tatsächlich zu erwarten?
Harder: Wir können es nicht ausschließen im Moment, aber es hat sich gezeigt: Man muss sehr, sehr vorsichtig mit Prognosen sein, was Influenzaviren anbelangt. Die sind hochflexibel und das ist ein großes erratisches System, was das Virus in der Antarktis anbelangt. Es kann also wirklich eine leichte Brise sein, die einige Tiere dort in Mitleidenschaft zieht.
Es kann aber sein, dass wirklich Massensterben in Kolonien auftreten. Das ist im Moment nicht absehbar.
Timm Harder, Tiermediziner

Beide Polarregionen sehen erstmal gleich aus – eisbedeckt. Dass in der Arktis die Eisbären und in der Antarktis die Pinguine leben, ist vielen bekannt. Aber es gibt noch mehr.

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ZDFheute: Rechnen Sie dann eventuell auch mit Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem, auf andere Tierarten? Oder würde sich das dann "nur" auf die Pinguine beschränken?
Harder: Nein, wir haben ja eine ganze Reihe von Vogelspezies dort und es sind auch bereits einige verschiedene Vogelspezies, Fulmare und andere Arten dort betroffen, Albatrosse beispielsweise und auch Robben. Wir haben eine große Robbenpopulation im antarktischen Bereich. Auch die sind in Gefahr. Wir wissen aus Südamerika, dass sich das Virus auf Robben übertragen hat, in Robben weitergegeben wurde und auch bereits im Subantarktischen Ozean tote Robben aufgrund von H5N1 Infektionen gefunden worden sind.
Das Interview führte NANO-Moderator Eric Mayer.

Auch für den Menschen ist die Vogelgrippe nicht ungefährlich. Viele Infektionskrankheiten können von Tieren auf den Menschen überspringen (und umgekehrt). Eine solche Krankheit nennt man Zoonose. Dabei gibt es unterschiedliche Wege.

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Quelle: ZDF

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