: Europas Raumfahrt sucht den Neustart

von David Römhild, Bremen
05.02.2024 | 17:48 Uhr
In Bremen ist ein wichtiges Bauteil der Ariane 6 gebaut worden und sollte heute verladen werden. Doch das verzögert sich. Ein Omen für den Neustart der europäischen Raumfahrt?

Die erste Ariane-6-Oberstufe aus Bremen erreicht einen Meilenstein für den Sommer-Erstflug.

05.02.2024 | 01:44 min
An diesem Montagmorgen sollte in Bremen ein wichtiges Element der europäischen Trägerrakete Ariane 6, nämlich deren Oberstufe, verladen werden. Doch starke Windböen verhinderten dies. Am späten Dienstagnachmittag soll ein neuer Versuch beginnen.
Die Oberstufe der Ariane 6 soll von Bremen aus über Le Havre in Frankreich zum europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana gebracht werden.

Die Trägerrakete Ariane 6 soll nach fast vier Jahren Verzögerung im Sommer 2024 ins All starten. Europa soll damit wieder unabhängigen Zugang zum Weltraum erhalten.

05.02.2024 | 02:34 min
Auf einen neuen Start hofft auch dringend die europäische Raumfahrt: Ursprünglich für 2020 geplant, wurde der Jungfernflug der Trägerrakete Ariane 6 immer wieder verschoben. Nun wird in Bremen die erste Oberstufe, die ins All fliegen wird, verladen.

Die Oberstufe aus Bremen gilt als Gehirn der Ariane

Ein historischer Augenblick, so Jens Franzeck vom Raketenbauer ArianeGroup:
Das ist für Europa extrem wichtig, denn wir wollen in Europa einen unabhängigen Zugang zum Weltraum haben.
Jens Franzeck, ArianeGroup
Deutschland und insbesondere der Standort Bremen hätten einen erheblichen Anteil am Ariane-Träger-System.
Die Oberstufe gilt auch als das "Gehirn der Trägerrakete". Sie beherbergt die Steuerungselektronik, die die Rakete auf Kurs hält. Und spielt eine entscheidende Rolle dabei, deren Fracht ins All zu befördern.

In Bremen soll die Oberstufe der Ariane bald wie am Fließband produziert werden

Die Oberstufe der Ariane 6 ist mit einem Triebwerk ausgestattet, das bis zu viermal gezündet werden kann, um so mehrere Satelliten in verschiedenen Umlaufbahnen abzusetzen. Gründe für die Verzögerungen im Zeitplan sieht Chief Operating Officer Franzeck neben der Corona-Pandemie vor allem in der Komplexität der Aufgabe. Bei dem Hochtechnologie-Programm habe man "manche Dinge erst auf dem Weg" entdeckt.
In Bremen sollen die Oberstufen zukünftig wie am Fließband produziert werden, das soll die Rakete günstiger und konkurrenzfähiger machen. Mindestens 40 Prozent billiger als die Vorgängerrakete Ariane 5, so lautete der ursprüngliche Auftrag an die europäische Weltraumagentur ESA. Eine Oberstufe im Monat hat sich der Raketenbauer vorgenommen, sobald die Produktion voll angelaufen ist.

Nach ihrer 117. Mission endet die Ära der Ariane 5-Rakete. Die Nachfolge-Rakete, Ariane-6, ist allerdings noch nicht einsatzbereit, was die europäische Raumfahrt vor ein Problem stellt.

06.07.2023 | 01:31 min

Im Hintergrund lauert Elon Musk mit SpaceX

Doch bereits vor dem Jungfernflug hat die Ariane 6 enorme Konkurrenz. Das Raumfahrtunternehmen SpaceX des US-Milliardärs Elon Musk bietet Raumfahrt als Dienstleistung an, seine Raketen sind preiswerter und in Teilen wiederverwertbar.

Die SpaceX-Rakete "Starship" ist wenige Minuten nach dem Start explodiert. Es ist bereits der zweite gescheiterte Testflug. Das Unternehmen zeigt sich dennoch zuversichtlich.

18.11.2023 | 01:35 min
Bremens Landesraumfahrtkoordinator Siegfried Monser betont gegenüber dem ZDF die Missionsflexibilität der Ariane, auch wenn die fehlende Fähigkeit ein Makel bleibe: "Das ist damals, vor zehn Jahren, so entschieden worden im europäischen Kontext."
Und ich bin sicher, dass die nächste Entwicklung, wann man sie auch starten wird, mit Sicherheit wiederverwendbar sein wird.
Siegfried Monser, Bremens Landesraumfahrtkoordinator

Die europäische Raumfahrt schlägt einen neuen Kurs ein

Für Hersteller, Betreiber und Auftraggeber muss die Ariane-6-Mission ein Erfolg werden. Auch die Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt, Anna Christmann (Grüne), hebt die Bedeutung des souveränen Zugangs zum All hervor.
Der sei essenziell bei Satelliten, die dabei helfen, die Erde zu beobachten, Klimaveränderungen wahrzunehmen oder Autos zu navigieren: "Die wollen wir natürlich möglichst auch mit europäischer Technologie in den Weltraum bringen", so Christmann im ZDF-Interview.

Die Europäische Weltraumorganisation will zukünftig auf mehr Wettbewerb setzen. Der Markt soll für private Investitionen geöffnet werden und so Innovation und Forschung fördern.

14.11.2023 | 01:35 min
Deswegen solle europäischer Raketenbau zukünftig schneller, flexibler und preiswerter werden, kündigte die europäische Weltraumagentur ESA auf ihrem Gipfel in Sevilla im vergangenen November an. Sie will, wie auch Deutschland, dass der Markt sich dem privaten Wettbewerb stärker öffnet. Damit steuert Europas Raumfahrt einen völlig neuen Kurs an.

Im Sommer soll die Trägerrakete starten

Vielleicht will der Raketenbauer deshalb schon vor dem ersten Flug der Ariane 6 mit dem Frachter "Canopée" nach eigenen Angaben ein "Zeichen für Innovation" setzten. Das Hybridschiff nutzt Windkraft und Treibstoff und wurde eigens für den Transport der Teile der Ariane 6 nach Französisch-Guayana gebaut. Ende Februar soll die Rakete in Kourou ankommen. Zwischen Mitte Juni und Ende Juli soll die Trägerrakete zum ersten Mal abheben.
Die Blicke der ESA und der ArianeGroup dürften die Reise der Oberstufe der Ariane 6 zum Weltraumbahnhof in Kourou begleiten, denn für den Neustart der europäischen Raumfahrt hängt viel davon ab.

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