: Öffentlich aufgebahrt - was dahinter steckt
von Lukas Wagner
04.01.2023 | 12:12 UhrNach dem Tod von Fußball-Legende Pelé und Papst Benedikt XVI. haben sich Tausende Menschen von ihnen verabschiedet - am offenen Sarg. Was hat es mit dem Ritual des Aufbahrens auf sich und ist es überhaupt noch zeitgemäß?
Zeremonien dieser Art gebe es "in ganz unterschiedlichen Kulturkreisen", erklärt Fabian Lenzen, Obermeister der Bestatterinnung von Berlin und Brandenburg. Dabei habe eine Aufbahrung nicht allein etwas mit religiösen Gründen zu tun, auch aus weltlicher Sicht nutzten viele Menschen dieses Ritual, um Abschied von ihren Liebsten zu nehmen.
Warum Aufbahrungen wieder häufiger werden
Ein weiterer Grund sei der "Gedanke einer Totenwache", der noch aus früheren Zeiten stamme. Dabei passten auch hierzulande Angehörige bis zur Beerdigung im "Sterbezimmer" auf den Leichnam auf, sagt Lenzen. Damals mussten Verstorbene wegen mangelnder Hygiene-Möglichkeiten schnell beerdigt werden und blieben deshalb für die kurze Zeit zu Hause.
Private Aufbahrungen dieser Art gebe es zum Teil aber noch heute, wenn auch seltener als in früheren Zeiten.
Aber in der Zeit der palliativen Versorgung nimmt es wieder zu. Das haben wir ab und zu wieder, jetzt häufiger als vor zehn bis 15 Jahren.
Ein offener Sarg als kulturelle Selbstverständlichkeit
In anderen Kulturkreisen sei eine Aufbahrung mit offenem Sarg selbstverständlich. Zum Beispiel biete er als Bestatter die Zeremonie öfter für Menschen aus dem indischen Kulturkreis an - und auch in der orthodoxen Kirche gehöre eine Totenwache oft zur traditionellen Verabschiedung eines Toten dazu.
In Nepal werden zum Beispiel die Verstorbenen in Tempelstätten öffentlich verbrannt.
Bei Beerdigungen in den USA sei es ebenfalls die Regel, dass Angehörige bei der Beerdigung mit offenem Sarg vom Verstorbenen Abschied nehmen, sagt der Bestatter. In Deutschland ist der Tod hingegen eher ein Tabu und wenig präsent. "Von Verstorbenen geht ein Gruselfaktor aus", sagt Lenzen.
Wie kann ein Leichnam über längere Zeit offen im Sarg liegen?
Manche öffentlichen Personen wie der emeritierte Papst Benedikt XVI. werden über mehrere Tage bei offenem Sarg aufgebahrt. Damit das möglich ist, muss der Leichnam allerdings einbalsamiert beziehungsweise konserviert werden.
Das ist fast alternativlos bei solchen Fällen, wenn der Leichnam nicht gerade bei vier Grad gelagert wird.
Denn ungefähr 24 bis 48 Stunden nach dem Tod setze je nach klimatischen Bedingungen die Autolyse - also die Verwesung des Körpers - ein. Auch durch besonders niedrige Temperaturen werde der Prozess nur verlangsamt und nicht aufgehalten, erklärt Lenzen.
Was passiert bei einer Einbalsamierung?
Um einen Leichnam zu konservieren und damit vor der Verwesung zu schützen, wird Lenzen zufolge ein Verfahren ähnlich der Dialyse angewendet.
Dabei wird das Blut ausgetauscht durch konservierendes Mittel, im Normalfall Formaldehyd.
Dabei gehe es jedoch nur um eine zeitlich begrenzte Konservierung und nicht um eine langfristige Mumifizierung wie im alten Ägypten.
Warum eine Aufbahrung für den Trauerprozess wichtig sein kann
Es komme manchmal sogar vor, dass Familienangehörige an der Waschung ihres gestorbenen Verwandten teilnehmen, erzählt Lenzen. Solche Trauerrituale würden manchen bei der Verarbeitung eines Verlustes helfen.
Aufbahrungen im engeren Kreis können durchaus für die Trauerbewältigung hilfreich sein, um einen Abschied bewusst zu machen.
Vor allem in Situationen, in denen zum Beispiel ein plötzlicher Unfalltod die Menschen aus dem Leben riss. Das Wichtigste sei, sagt Fabian Lenzen, dass die Würde des Verstorbenen bei einer Aufbahrung geachtet werde.