: Was bringen die Energiepreisbremsen noch?

von Stephanie Barrett
01.03.2023 | 05:56 Uhr
Im März greifen nun die von der Regierung als Entlastungsmaßnahme beschlossenen Preisbremsen für Gas, Fernwärme und Strom. Kaum da, gibt es schon Verbesserungsbedarf.
Von diesem Mittwoch an greifen die Energiepreisbremsen für Strom und Gas. Sie gelten rückwirkend für Januar und Februar und sollen bis Ende April 2024 private Haushalte und kleinere Firmen entlasten. Versorger müssen den Energiepreisdeckel von März an abrechnen. Der Staat begleicht die Differenz zwischen dem eigentlichen Energietarif und dem festgelegten Preisdeckel.
Verbraucher müssen nichts unternehmen. Einige Stadtwerke warnen jedoch bereits vor Verzögerungen bei den Anpassungen der individuellen Abrechnung wegen komplizierter IT-Umstellung und Tarifkonstellationen. Sie betonen jedoch, alle Kunden würden ihre individuelle Entlastung bei den Abschlagszahlungen in voller Höhe erhalten.

Wie funktioniert der Energiedeckel?

Der Strompreis wird auf 40 Cent je Kilowattstunde, der Gaspreis auf 12 Cent je kWh gedeckelt. Die Deckel gelten für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Für den restlichen Verbrauch muss der vertraglich vereinbarte Tarif gezahlt werden.

Beispiel für einen Zwei-Personen-Haushalt

Verbraucht ein Zwei-Personen-Haushalt bisher 2500 kWh pro Jahr, sind 80 Prozent davon der persönliche Verbrauch von 2000kWh. Dieser Grundverbrauch darf maximal 40 Cent pro kWh kosten (2000 kWh x 40 Cent = 800 Euro/Jahr). Für jede weitere Kilowattstunde gilt der mit dem Energielieferanten vertraglich vereinbarte Preis. Angenommen, die Preise liegen bei 50 Cent/kWh, und es werden weiterhin 2500 kWh pro Jahr verbraucht, sind für die zusätzlichen 500 kWh weiter 250 Euro (50 Cent x 500 kWh) fällig. Insgesamt käme der Zwei-Personen-Haushalt bei gleichbleibendem Verbrauch auf Gesamtkosten von 1050 Euro – das ergibt einen monatlichen Abschlag von 87,50 Euro.

Sinkende Gaspreise kommen nicht bei Kunden an

Doch der Gaspreisdeckel steht bereits in der Kritik, und die Opposition fordert Nachbesserungen. Denn seit Wochen sinken die Gaspreise. Aktuell kostet die Kilowattstunde gerade mal noch fünf Cent, Anfang Dezember lagen die Preise noch dreimal so hoch. Gründe sind das milde Wetter und gut gefüllte Gasspeicher. So kommt der Deckel von zwölf Cent/kWh für Gas jetzt eigentlich zu spät und ist außerdem zu hoch.
In den Verträgen der privaten Gaskunden spiegeln sich die gesunkenen Energiepreise auch nicht wider. Im Gegenteil: Wie das Verbraucherportal Verivox herausfand, erhöhten zum Jahreswechsel 524 Versorger die Gaspreise im Durchschnitt um fast 50 Prozent. Beim Strom griffen mit 762 Versorgern noch mehr zu und erhöhten die Preise um durchschnittlich 54 Prozent.

Abschlagszahlungen: Neue Beiträge genau prüfen

Gleichzeitig registrieren Verbraucherzentralen derzeit erste Hinweise auf überhöhte März-Abschläge. In Einzelfällen, so der Bundesverband der Verbraucherzentralen vzbv, berichteten Verbraucherinnen und Verbraucher von Abschlägen von 1.000 Euro und mehr.
Der Verband empfiehlt Kunden deshalb, sowohl Informationsschreiben als auch neue Beträge genau zu prüfen und Probleme unter www.verbraucherzentrale.de zu melden:
"Die Energiepreisbremsen sollen die Bürger*innen entlasten. Umso ärgerlicher, dass mancher Anbieter offensichtlich versucht, abzukassieren und völlig überhöhte Abschläge durchzudrücken. Der vzbv wird das prüfen und gegen Abzocke und etwaige rechtswidrige Praktiken vorgehen. Verbraucher*innen sollten wachsam sein und ihre Probleme über unseren Verbraucheraufruf online melden oder direkt Rat in den Verbraucherzentralen einholen", sagt vzbv-Vorständin Ramona Pop.

Neukundenverträge oft unter staatlichem Preisdeckel

Kunden sollten aktuell unbedingt trotz Energiepreisbremse auch über einen möglichen Wechsel des Versorgers nachdenken, denn Neukundenverträge für Strom und Gas sind seit letztem Herbst deutlich günstiger geworden. Überregionale Anbieter liegen mit 36 Cent/kWh für Strom und 13,2 Cent/kWh für Gas derzeit bereits deutlich unter dem staatlichen Preisdeckel.
Wer einen neuen Energieversorger sucht, sollte lange Laufzeiten vermeiden:
Aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums hört man, es werde bereits an einem Reparaturgesetz für die Energiepreisbremse gearbeitet. Es soll vor allem verhindern, dass Unternehmen zu viel Geld zurückgezahlt wird. Das ist zu hoffen, denn für den Steuerzahler wird die Preisbremse ein teures Instrument, fast vier Milliarden Euro sind schon eingeplant.
Stephanie Barret ist Autorin in der Wirtschaftsredaktion des ZDF.

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