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: Wie es um unsere Gasversorgung steht

von H. Koberstein, R. Meyer, N. Niedermeier, M. Zajonz
31.03.2023 | 09:43 Uhr
Wie viel Gas verbrauchen Haushalte und Industrie? Wie voll sind die Gasspeicher? Wie viel Gas bekommt Deutschland? Grafiken zur Gasversorgung in Deutschland.
Die Energiepreise sind hoch, Russland liefert kaum noch Gas, die Heizsaison läuft. In diesem Artikel finden Sie täglich und wöchentlich aktualisierte Daten zur Gasversorgung in Deutschland - vom Füllstand der Gasspeicher über den Gasverbrauch bis hin zu den importierten Mengen.
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Die Bundesnetzagentur schätzt die aktuelle Gas-Lage mithilfe von fünf Werten ein:
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Trotz deutlich sinkender Gasnutzung in Vergleich zu den Vorjahren kann die Bundesnetzagentur die Lage beim Gasverbrauch durchaus als "angespannt" oder "kritisch" bezeichnen - weil sie für diese Einschätzung beispielsweise die Temperatur mit einberechnet. Was die Stufen "stabil", "angespannt" und "kritisch" jeweils bedeuten:

Temperaturprognose

Je kälter es ist, desto mehr Gas wird verbraucht. Aus diesem Grund spielt es eine wichtige Rolle, welche Temperaturen der Deutsche Wetterdienst für die kommende Woche prognostiziert. Ist die Durchschnittstemperatur für die nächsten sieben Tage höher als zur selben Zeit 2018 bis 2021, gilt die Lage als "stabil". Liegt die Prognose null bis zwei Grad niedriger als damals, wird die Lage als "angespannt", bei noch niedrigeren Temperaturen als "kritisch" bewertet von der Bundesnetzagentur (BNetzA).

Gasverbrauch temperaturbereinigt

Für den Vergleich mit der Zeit vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der damit verbundenen Gasknappheit vergleicht man den aktuellen Verbrauch mit dem durchschnittlichen Verbrauch früherer Jahre zur selben Zeit. Wie kalt es im Winter ist, schwankt jedoch von Jahr zu Jahr: Daher berechnet die BNetzA anhand von mathematischen Modellen, wie hoch der Gasverbrauch ohne Einsparungen zu erwarten gewesen wäre, wenn die Temperaturen aktuell so hoch oder niedrig wie 2018 bis 2021 ausfielen. Nebenbei lässt sich damit auch untersuchen, ob Haushalte, Gewerbe und Industrie aktuell weniger Gas verbrauchen, weil es wärmer ist als 2018 bis 2021, oder weil sie ihr Verhalten geändert haben und aktiv Gas sparen.

Anhand des temperaturbereinigten Verbrauchs beurteilt die BNetzA die Lage der Gasversorgung als "stabil", wenn mehr als 25 Prozent Gas eingespart werden. "Angespannt" wird sie zwischen 25 und 15 Prozent Einsparung und "kritisch", wenn weniger eingespart wird.

Speicherfüllstände

Neben dem aktuellen Winter ist auch der Blick auf den Winter 2023/24 wichtig. Um die Speicher für den nächsten Winter wieder ausreichend füllen zu können, sollen sie bis zum 1. Februar 2023 nicht weniger als 40 Prozent gefüllt sein. Zu diesem gesetzlichen Ziel berechnet die Bundesnetzagentur (BNetzA) "Speicherpfade": Mögliche Füllstände bis Ende März 2023, falls bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind - wie die Inbetriebnahme von drei LNG-Terminals in Norddeutschland zum 1. Januar oder ähnliche Temperaturen wie 2018 bis 2021.

Wenn der Speicherstand auf dem Weg ist, am 1. Februar immer noch über 55 Prozent zu liegen, ist die Lage laut BNetzA "stabil". Ist damit zu rechnen, dass die Speicher zum Stichtag zu 55 bis 40 Prozent gefüllt sind, gilt die Lage als "angespannt"; ist von weniger als 40 Prozent auszugehen, gilt sie als "kritisch".

Situation in den Nachbarländern

Verschärft sich die Gassituation in den benachbarten Ländern, wirkt sich dies auch auf Deutschland aus: Deutschland bezieht sein Gas aktuell zu einem großen Teil von seinen europäischen Nachbarn und leitet es teilweise an andere Nachbarn weiter.

Verschärft sich die Situation bei den importierenden Ländern, wird beispielsweise die Notfallstufe ausgerufen, schätzt die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Lage als "angespannt" ein; verschärft sie sich bei den Ländern, die Gas nach Deutschland exportieren, schätzt die BNetzA die Lage als "kritisch" ein.

Beschaffung Regelenergie

Mithilfe der sogenannten Regelenergie soll der Gasdruck in den Leitungen aufrecht gehalten werden. Die Gesellschaft Trading Hub Europe (THE), die den deutschen Gasmarkt organisiert, muss den Druck ausgleichen, indem sie für Deutschland Gas einkauft.

Wenn die angebotenen Gasmengen an der Energie-Börse nicht ausreichen, wird die Lage "angespannt" laut Bundesnetzagentur. Können die erforderlichen Mengen Gas auch anderweitig nicht eingekauft werden, gilt die Lage als "kritisch".

Gasspeicher: Wie viele Rücklagen hat Deutschland?

Diesen Winter hat Deutschland mit gut gefüllten Gasspeichern überstanden, nicht zuletzt auch wegen besonders warmer Wintermonate. Das Ziel von mindestens 40 Prozent Füllstand zum 1. Februar wurde erreicht.
Um eine Gas-Knappheit auch im nächsten Winter zu verhindern, müssen die deutschen Gasspeicher voll sein, obwohl Russland nur noch wenig Gas an Deutschland liefert. Das soll unter anderem mit neuen LNG-Terminals im Norden Deutschlands gelingen. Folgende Grafik zeigt den täglich aktualisierten Füllstand der deutschen Gasspeicher:
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Volle Speicher sind grundsätzlich eine gute Nachricht. Aber: Ohne zusätzliche Lieferungen aus anderen Ländern würde Deutschland mit komplett gefüllten Speichern nur rund zwei durchschnittliche Wintermonate über die Runden kommen. 255 Terawattstunden können die Speicher maximal lagern - im Schnitt verbrauchte Deutschland im Januar und Februar in den vergangenen Jahren zusammengerechnet 243.
Je mehr geheizt werden muss, desto stärker leeren sich die Gasspeicher. Folgende Grafik zeigt, wie sich der Füllstand verändert. Werte über null bedeuten: Die Speicher füllen sich. Werte unter null: Sie leeren sich.
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Durchschnittlicher Gasverbrauch in Deutschland

Obwohl die Speicher im Herbst voll waren, muss Deutschland Gas sparen. Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass der Verbrauch um mindestens 20 Prozent sinken muss - wenn alle geplanten LNG-Terminals in Betrieb gehen können und nicht so viel Gas wie sonst im Winter exportiert wird. Sonst könnte es zu einer Gasmangellage kommen.
Folgende Übersicht zeigt, wie viel Deutschland insgesamt, Haushalte und Gewerbe sowie Industrie in der zuletzt gemeldeten Kalenderwoche im Vergleich zu den Vorjahren verbraucht haben.
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Was passiert bei einer Gasmangellage?

Falls es im Winter zu wenig Gas gibt, kann die Bundesregierung die Notfallstufe des "Notfallplans Gas" ausrufen. In diesem Fall greift die Bundesnetzagentur in den Markt ein und verteilt die knappen Gasmengen.

Wer gilt in einer Mangellage als "geschützter Kunde"?

In einer Gasmangellage gelten bestimmte Verbraucher als geschützte Kunden. Ihnen wird das Gas nicht als erstes abgedreht, weil ihr lebenswichtiger Bedarf höher ist als in anderen Bereichen. Trotzdem kann die Bundesnetzagentur auch diese Verbraucher anweisen, weniger Gas zu beziehen. Private Pools oder Saunen gelten nicht als lebenswichtiger Bedarf. Zu den geschützten Kunden gehören unter anderem:

  • Haushalte
  • Kindergärten, Schulen, Universitäten
  • Krankenhäuser, Arztpraxen, Alten- und Pflegeheime
  • Strom- und Wasserversorger sowie Abfallentsorger
  • Feuerwehr, THW und Rettungsdienste
  • Öffentliche Verwaltung
  • Polizei, Justiz, Nato und Bundeswehr

Bei nicht geschützten Kunden ist der lebenswichtige Bedarf geringer, weshalb bei ihnen tendenziell zuerst das Gas rationiert wird. Aber auch bei beispielsweise industriellen Kunden gibt es lebenswichtigem Bedarf, den die Bundesnetzagentur in einer Gasmangellage berücksichtigt - zum Beispiel bei der Herstellung Medikamenten.

Eine detaillierte Übersicht stellt die Bundesnetzagentur (PDF) bereit.

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Gasverbrauch von Haushalten

Der Gasverbrauch der Haushalte ist in folgender Grafik zu sehen.
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Auch wenn die Gaspreise mittlerweile wieder etwas sinken: Die Kosten für die Energie treiben die Inflation und belasten die Menschen. Die Politik hat sich auf eine Reihe von Entlastungsmaßnahmen geeinigt - zum Beispiel eine Gaspreisbremse, eine Strompreisbremse und ein 49-Euro-Ticket.

Wo kann ich in Bad, Küche und Büro Energie sparen?

Quelle: ZDF
Heizen, Duschen, Waschen: Diese Tipps für den Haushalt zeigen, was Sie verändern können - und wo es sich wirklich lohnt: Wo kann ich jetzt Energie sparen?

Was sind die größten Stromfresser?

Quelle: obs
Ob Öko-Programm oder Spar-Duschkopf, überall im Haushalt kann Energie eingespart werden. Ein Energie-Experte erklärt, wie Verbrauch und Kosten zu Hause gesenkt werden können. Deckel drauf, Spülmaschine an: Wie man Energie einsparen kann

Durchschnittlicher Gasverbrauch der Industrie

Die Industrie hat ebenfalls weniger verbraucht als in den Vorjahren. Als Industrie bzw. Großverbraucher werden dabei jene rund 40.000 Kunden definiert, bei denen der Verbrauch mit sogenannten RLM-Zählern kontinuierlich gemessen wird - das sind typischerweise Kunden, die mehr als 1,5 Gigawattstunden Gas pro Jahr nutzen.
Alles andere fällt unter "Haushalte und Gewerbe" - deren Verbrauch wird also nicht gemessen, sondern auf Basis der im gesamten im Netz gemessenen Gasmenge abzüglich der Industrienutzung berechnet.
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Wie viel Gas bekommt Deutschland geliefert?

Lange hat Deutschland seine Gaslieferungen zum größten Teil aus Russland bekommen.
  • Doch schon vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine hat Russland seine Gaslieferungen über die Jamal-Pipeline nach Europa reduziert, seit dem Frühling fließt gar nichts mehr.
  • Seit September kommt auch kein Gas mehr aus der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 in Deutschland an. Bereits im Sommer hat Russland die Lieferungen durch Nord Stream 1 gedrosselt. Erst wegen angeblicher technischer Probleme auf 40 Prozent, später nach einer routinemäßigen Wartung auf 20 Prozent, mittlerweile auf 0 Prozent.
  • Ende September gab es sowohl auf Nord Stream 1 als auch auf die nicht in Betrieb genommene Pipeline Nord Stream 2 Anschläge.
Deutschland ersetzt das russische Gas inzwischen mit Lieferungen aus anderen Ländern. Das meiste Gas importiert Deutschland aktuell aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. In Belgien und den Niederlanden liegen große Häfen, in denen Schiffe das Flüssigerdgas LNG anlanden. Von den Häfen gelangt das Gas über Pipelines nach Deutschland.
Folgende Grafik zeigt die Nettomenge, die in Deutschland ankommt - also die Importe abzüglich der deutlich geringeren Exporte. Deutschland fördert bzw. produziert selbst nur wenig Gas - zuletzt etwa 100 bis 110 Gigawattstunden pro Tag. Zum Vergleich: Aus Norwegen importiert Deutschland mehr als zehnmal so viel.
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Autoren und Grafiken: Hans Koberstein, Robert Meyer, Nathan Niedermeier, Moritz Zajonz
Redaktion: Kathrin Wolff
Design (im Auftrag des ZDF): Jens Albrecht

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