: Politisch motivierte Gewalt nimmt zu

05.02.2023 | 04:00 Uhr
Zahlen aus den vergangenen zwei Jahren zeigen: Die Fälle von Körperverletzung mit politischem Motiv haben zugenommen. Rund ein Drittel sind dem rechten Spektrum zuzuordnen.
im Bereich der politisch motivierten Gewaltkriminalität wurden im Jahr 2021 bundesweit insgesamt 1.890 Körperverletzungsdelikte registriert.(Symbolbild)Quelle: Maurizio Gambarini/dpa
Die Polizeibehörden von Bund und Ländern haben im vergangenen Jahr nach einer vorläufigen Auszählung deutlich mehr Fälle von Körperverletzungen mit politischem Hintergrund registriert als im Jahr zuvor. Das geht aus einer Aufstellung der Bundesregierung für die Jahre 2021 und 2022 hervor.
Danach wurden im Bereich der politisch motivierten Gewaltkriminalität im Jahr 2021 bundesweit insgesamt 1.890 Körperverletzungsdelikte registriert, ein Jahr später waren es 2.118 Fälle.
Die Bundesregierung weist in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der AfD allerdings darauf hin, dass die Fallzahlen für das Jahr 2022 noch vorläufig sind, da bis zur Veröffentlichung der Statistik noch Nachmeldungen und Änderungen möglich seien.

Fast ein Drittel der Gewalttaten im rechten Spektrum angesiedelt

Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner kommentierte die Zahlen wie folgt:
Der sogenannte 'Kampf gegen Rechts' wird seitens der Regierung sehr ernst genommen.
Stephan Brandner, AfD-Politiker
Andere Formen des gewaltbereiten Extremismus würden dagegen nicht ausreichend beachtet, so Brandner.
Wie die Bundesregierung seiner Fraktion mitteilte, wurden nach den vorläufigen Zahlen etwas mehr als 1.000 der insgesamt knapp 3.600 politisch motivierten Gewalttaten des vergangenen Jahres Tätern aus dem rechten Spektrum zugeordnet. Bei etwas mehr als 700 Fällen geht die Polizei von einem links-ideologischen Hintergrund aus.

Was ist eigentlich Extremismus?

Extremisten lehnen den demokratischen Verfassungsstaat ab und wollen ihn beseitigen, erklärt die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Sie sind gegen die Vielfalt von Interessen, Mehrparteiensysteme und das Recht auf Opposition. Ihr Ziel ist es, die demokratische Ordnung zu beseitigen und eine Diktatur zu etablieren. Dabei beanspruchen sie laut Sächsischer Landeszentrale für politische Bildung die uneingeschränkte Richtigkeit ihrer Überzeugungen. Auch wenn es unterschiedliche Formen von Extremismus gibt, haben sie diese Merkmale gemeinsam.

Welche Formen gibt es?

Man unterscheidet hauptsächlich zwischen politischem und religiösem Extremismus. Der politische Extremismus gliedert sich in Links- und Rechtsextremismus auf. Anhänger der extremen Linken sehen laut bpb den Ursprung allen Übels im Kapitalismus und befürworten den Kommunismus. Rechtsextreme vertreten Nationalismus, Rassismus und Ausländerhass.

Religiöse Extremisten, auch Fundamentalisten genannt, streben einen Gottesstaat an. Sie beharren kompromisslos auf festen Grundsätzen, die zumeist auf einer buchstäblichen Auslegung göttlicher Überlieferungen, also z.B. Bibel oder Koran, basieren. Fundamentalisten können sich grundsätzlich in allen Religionen finden. Auch der Salafismus zählt zum religiösen Extremismus. Er ist eine der bekanntesten Strömungen des Islamismus.

Ist Extremismus das Gleiche wie Radikalismus?

Der Verfassungsschutz unterscheidet zwischen Extremismus und Radikalismus. Zwar sei eine "überspitzte, zum Extremen neigende Denk- und Handlungsweise", die gesellschaftliche Probleme an der Wurzel packen will, eine Gemeinsamkeit. Aber Radikale machten es sich nicht zum Ziel, den demokratischen Verfassungsstaat zu beseitigen, sondern die politische Ordnung zu verändern, sagt Politikwissenschaftler Christopher Daase. Wer radikal ist, werde auch noch nicht vom Verfassungsschutz beobachtet.

Wie unterschieden sich Extremismus und Populismus?

Populismus ist in erster Linie ein politischer Stil. Populistische Parteien sind laut bpb gegen das Establishment, extremistische Parteien gegen sogenannte "Systemparteien".

Sind Extremisten Terroristen?

Terroristen sind laut bpb Extremisten, die systematisch politische Gewalt anwenden. Man kann also sagen, alle Terroristen denken extremistisch. Aber nicht alle Extremisten werden zu Terroristen.

Nur wenige Auseinandersetzungen wegen Religion

Rund 300 Gewalttaten wurden dem Bereich "Ausländische Ideologie" zugeordnet. In dieser Kategorie werden beispielsweise Taten erfasst, die im Zusammenhang mit innertürkischen Konflikten stehen. Bei weniger als 50 Fällen wird eine religiöse Ideologie als Motiv angenommen - in der Regel ist das eine islamistische Gesinnung. Fast 1.500 politisch motivierte Gewaltdelikte ließen sich den Angaben zufolge ideologisch nicht klar einer dieser Kategorien zuordnen.
Bei den Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität werden die Fälle bereits zu Beginn des Verfahrens zugeordnet, es handelt sich um eine sogenannte Eingangsstatistik.
Quelle: dpa

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