: Familienforscher will Muttertag abschaffen
07.05.2023 | 07:09 Uhr
Frauen sollen nicht auf ihre Mutterrolle reduziert werden. Der Familienforscher Wassilios Fthenakis will den Muttertag zum "Elterntag" umwidmen. Ist der Muttertag noch zeitgemäß?Viele Menschen fragen sich, wie sie den Muttertag zeitgemäß begehen können. Und: Braucht es ihn überhaupt noch? Der Familien- und Bildungsforscher Wassilios Fthenakis würde den Muttertag (nächsten Sonntag, 14. Mai) in seiner jetzigen Form am liebsten abschaffen:
Ich glaube, dass wir den Muttertag umwidmen sollten in einen Elterntag, sonst schieben wir der Mutter eine Verantwortung zu, die sie allein nicht wahrnehmen kann und auch nicht wahrnimmt.
Der renommierte griechisch-deutsche Pädagoge Fthenakis (85) forscht seit Jahrzehnten, wie sich Familie in Deutschland wandelt und berät unter anderem das Bundesverfassungsgericht als Sachverständiger.
Muttertag vor 100 Jahren in Deutschland eingeführt
Auch der Vatertag könne entsprechend umgewidmet werden, schlägt Fthenakis gegenüber der Deutschen Presse-Agentur vor: Elterntag sei gedacht "als Tag der Liebe, des Miteinanders, des Verständnisses und Respekts." Keine Gesellschaft könne ohne Eltern bestehen. "Wir werden mit einem Modell nicht die ganze Vielfalt abbilden, aber den Geist, der dahintersteckt."
Mutter sein in Deutschland – manche Frau verspürt eine Art Rolle rückwärts in Sachen Emanzipation. Was anderswo selbstverständlich ist, braucht hier Druck.
09.05.2021 | 27:03 minVor 100 Jahren gab es den Muttertag erstmals in Deutschland, in den USA wurde er schon zuvor eingeführt: US-Präsident Woodrow Wilson machte den zweiten Sonntag im Mai 1914 zum nationalen Ehrentag für Mütter. Die Wurzeln des Muttertags liegen in der Frauenbewegung im 19. Jahrhundert.
Experte: Muttertag baut Druck auf
Fthenakis betonte, Frauen dürften nicht auf ihre Mutterrolle reduziert werden: "Der Muttertag baut Druck auf Frauen auf, die tagsüber keine Zeit haben, sich um die Kinder zu kümmern." Mit dem Muttertag diktiere die Gesellschaft der Frau, wie sie zu sein habe.
Der Muttertag ist ein Normierungsinstrument.
Elternforscherin: Muttertag "Ausdruck des schlechten Gewissens"
"In westlichen Gesellschaften gibt es mit Blick auf Mütter so ein mulmiges Gefühl, aber den Umgang mit Müttern und wie es ihnen geht, hinterfragt man nicht", sagt Elternforscherin Waterstradt. "Der Muttertag ist ein Ausdruck des schlechten Gewissens - das besänftigt man, indem man einmal im Jahr sagt: Blumen, Schokolade, und dann ist aber auch gut." Zu der Idee eines Elterntags sagt Waterstradt:
Eine Zeit lang habe ich auch gedacht, das sei eine gute Idee. Aber die große Gefahr dabei ist heute, dass man sich sehr modern fühlen möchte und deshalb die evolutionären, historischen und aktuellen Unterschiede von Mutterschaft und Vaterschaft schlicht verdeckt.
Ein Vater könne sich entscheiden, ob er kooperativ, fürsorglich und kindzentriert sein wolle - und wenn er sich dagegen entscheide, werde es ihm gesellschaftlich auch nicht übel genommen. "Für Mütter ist das völlig anders", sagte Waterstradt von der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe.
Quelle: dpa