: Fußball-EM: Türkische Fans zu politisch?

von Thadeus Parade
03.07.2024 | 17:08 Uhr
Pfiffe bei der gegnerischen Nationalhymne, umstrittene Symbole und Gesten bei Fanmärschen und im Stadion: Wird die Fußball EM zur Bühne für türkisch-nationalistische Propaganda?

Der türkische Torschütze Demiral zeigte beim Torjubel den sogenannten Wolfsgruß. Die UEFA ermittelt nun. Demiral verteidigt die Geste als Ausdruck seiner Freude.

03.07.2024 | 02:03 min
Hupende Autokorsos bis tief in die Nacht, eingehüllt in ein rotes Flaggenmeer, Pyrotechnik und lautstarker Jubel: So feierten türkische Fans in der vergangenen Nacht auf Deutschlands Straßen nach dem Sieg Österreich.
Die leidenschaftliche Unterstützung der Fans für die türkische Nationalmannschaft ist weithin bekannt und trägt maßgeblich zur Atmosphäre bei. Doch sie ist nicht ohne Kontroversen, da innerhalb der türkischen Fangruppen immer wieder auch Strömungen türkisch-nationalistischer Botschaften sichtbar werden.

Faeser kritisiert Torjubel mit Geste der "Grauen Wölfe"

Die Verbindung von Fußball und Politik ist nicht neu, doch bei der türkischen wird sie mit der Nationalmannschaft besonders deutlich: die Geste der "Grauen Wölfe" nach dem türkischen Torjubel - für Bundesinnenministerin Nancy Faeser nicht akzeptabel.
Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen.
Nancy Faeser, Bundesinnenministerin
Doch wo liegt die Grenze zwischen leidenschaftlicher Unterstützung und politischer Instrumentalisierung? Um diese Frage zu beantworten, hilft ein Blick auf die türkische Diaspora: Sie spielt eine bedeutende Rolle bei der Aufrechterhaltung der kulturellen und politischen Verbindungen zur Türkei.

Nach dem Sieg der Türkei gegen Tschechien, startet in Berlin ein Autokorso. Ein womöglich beteiligtes Fahrzeug fährt anscheinend zu schnell und überfährt dabei einen Passanten.

27.06.2024 | 02:02 min

Experte: Ankara will Deutschtürken an sich binden

Viele türkischstämmige Deutsche fühlen sich sowohl Deutschland als auch der Türkei verbunden, was teilweise zu einer komplexen Doppelindentität führt.
Diese Bindung werde durch die Politik Ankaras verstärkt, erläutert Professor Kemal Bozay Professor für Politik-, Erziehungs- und Sozialwissenschaftlen. Diese ziele darauf ab, Einfluss auf die türkische Gemeinschaft im Ausland auszuüben.
Wir haben innerhalb der türkischstämmigen Bevölkerung eine Neigung, die sehr stark über türkische Lobbyorganisationen und ultranationalistische Vereinigungen hier propagiert wird, wo auch eine Tendenz zu diesen Extremen zu beobachten ist.
Kemal Bozay, Politik-, Erziehungs- und Sozialwissenschaftler

Werden türkische Jugendliche ausgegrenzt?

Eine Entwicklung, die insbesondere auch unter Jugendlichen Anklang fände, die in Deutschland geboren und aufgewachsen seien und wenig mit der Türkei in Verbindung stünden, erklärt Bozay.

Bereits in der ersten Minute kassiert Österreich gegen die Türkei das erste Tor. Zwar haben die Österreicher mehr Chancen, doch der türkische Keeper rettet sein Team ins Viertelfinale.

02.07.2024 | 07:12 min
Eine weitere Erklärung für die weit verbreitete Akzeptanz nationalistischer geprägter Botschaften sei auf die gesellschaftliche Stellung junger türkischstämmiger Menschen in Deutschland zurückzuführen, die sich aufgrund von Diskriminierung und Rassismus vom Rest der Gesellschaft ausgegrenzt fühlten, sagt Kemal Bozay.
Die suchen sich neue Identitäten und ich glaube, dass in dieser Selbstisolierung auch die Suche nach einer bestimmten nationalistischen, türkischen Überbetonung stattfindet und dahinter auch eine politische Haltung steht.
Kemal Bozay, Politik-, Erziehungs- und Sozialwissenschaftler
Trotz dieser Kontroversen: Es gibt auch viele positive Aspekte der türkischen Fanunterstützung. Die Leidenschaft und Hingabe der Fans zeigen auch, dass der Fußball Brücken bauen und Menschen zusammenbringen kann, trotz politischer und kultureller Unterschiede.
Viele türkische Fans betonen, dass ihre Unterstützung für die türkische Nationalmannschaft rein sportlich ist und nichts mit extremistischen Ideologien zu tun habe.
Thadeus Parade berichtet aus dem ZDF-Landesstudio NRW.

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