: Studie: Weltweite Geburtenrate sinkt weiter

von Annika Heffter
21.03.2024 | 17:59 Uhr
Fast überall auf der Welt bekommen Menschen immer weniger Kinder. Eine neue Studie zeigt, welche Folgen das hat - und inwiefern ein Bevölkerungsrückgang auch positiv sein kann.
Die weltweite Geburtenrate wird einer neuen Studie zufolge weiter sinken. (Symbolbild)Quelle: dpa
Immer weniger Kinder, fast überall? Laut einer neuen Studie in der Fachzeitschrift "The Lancet" hat sich die durchschnittliche weltweite Geburtenrate von 1950 bis 2021 mehr als halbiert. Schon für 2050 prognostiziert das Forscherteam eine weltweite Geburtenrate von 1,83 Kindern pro Frau. Damit würde auch die Weltbevölkerung schrumpfen.
Diese Entwicklung werde "weitreichende wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen" haben, heißt es in der Studie der US-Forschungseinrichtung "Institute for Health Metrics and Evaluation". Die Bevölkerung "in den Ländern mit höherem Einkommen altert", die Zahl der Arbeitskräfte werde dort weiter sinken. Gleichzeitig nehme "der Anteil der Lebendgeburten in den ohnehin schon ärmsten Regionen der Welt" zu.
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In Deutschland ist die Geburtenrate im Herbst 2023 auf rund 1,36 Kinder pro Frau gefallen - und ist damit so niedrig wie seit 2009 nicht mehr.

Prognose: Im Jahr 2100 schrumpft Bevölkerung fast überall

Weltweit betrug die Geburtenrate 1950 der Studie zufolge rund 4,8 Kinder pro Frau. 2021 waren es nur noch etwa 2,2 Kinder pro Frau. Bereits jetzt liegt die Geburtenrate demnach beim Großteil der untersuchten Länder unter dem Wert von 2,1. Dieser Wert gilt als Schwelle - sobald er unterschritten wird, lässt sich das Bevölkerungsniveau in einem Land nicht mehr halten, sofern es keine Zuwanderung von außen gibt.

In Deutschland ist die Geburtenrate ungewöhnlich stark gesunken - auf 1,36 Kinder pro Frau. Laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung ist dies der niedrigste Wert seit 2009.

20.03.2024 | 00:24 min
Für die Zukunft prognostizieren die Forscher einen weiteren Rückgang der Geburtenrate: Im Jahr 2100 liegen den Schätzungen zufolge alle Länder der Welt unter der Schwelle von 2,1 Kindern pro Frau - alle bis auf sechs: Samoa, Tonga, Somalia, Niger, Tschad und Tadschikistan.
Die Prognose deutet zudem darauf hin, dass "sich bis zum Jahr 2100 die größten Konzentrationen von Lebendgeburten in einkommensschwache Gebiete verlagern werden", insbesondere nach Subsahara-Afrika.

"Krisen verunsichern die Menschen und viele schieben den Kinderwunsch deshalb auf", so Prof. Martin Bujard, Forschungsdirektor des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung.

21.03.2024 | 05:06 min

Folgen des Rückgangs der Geburtenrate

Ein stetiger Rückgang der Geburtenrate wird der Studie zufolge in vielen Ländern zu Arbeitskräftemangel führen und den Druck auf soziale Systeme erhöhen.
Auf Zuwanderer zu setzen, wird für Länder mit niedriger Geburtenrate immer notwendiger werden, um das Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten.
Studie in der Fachzeitschrift "The Lancet"
Neben Zuwanderung könnten den Forschenden zufolge "Fortschritte bei der Künstlichen Intelligenz und der Robotik" die wirtschaftlichen Auswirkungen von Veränderungen in der Altersstruktur verringern.

Eine neue Studie soll belegen, dass Migration mehr kostet als sie einbringt - für rechte Kreise ein Beleg für ihre Forderungen nach Abschottung. Der Studienautor sieht das anders.

12.01.2024 | 03:14 min

Effekt von Bevölkerungsentwicklung auf das Klima

Ein Schrumpfen der Weltbevölkerung kann der Studie zufolge aber auch positive Effekte haben - etwa beim Kampf gegen den Klimawandel. Weniger Menschen könnten in Zukunft "die Belastung der globalen Nahrungsmittelsysteme", der Umwelt und "anderer endlicher Ressourcen verringern und auch die Kohlenstoffemissionen reduzieren".
Gleichzeitig werden laut der Studie ärmere Länder mit höherer Geburtsrate den Klimawandel besonders zu spüren bekommen und "immer häufiger mit Dürren, Überschwemmungen und extremer Hitze" rechnen müssen.
All diese Aspekte des Klimawandels bedrohen die Sicherheit von Nahrungsmitteln, Wasser und anderen Ressourcen und erhöhen das Risiko von hitzebedingten Krankheiten und Todesfällen dramatisch.
Studie in der Fachzeitschrift "The Lancet"

Das Jahr 2023 hat beim Thema Klimakrise zahlreiche Negativ-Rekorde gebrochen. Das zeigt der Jahresbericht der Weltwetterorganisation. Und 2024 könnte es noch schlimmer kommen.

19.03.2024 | 02:09 min

Expertin: Zukunftsprognosen unsicher

Catherina Hinz, geschäftsführende Direktorin am Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, weist gegenüber der Deutschen Presse-Agentur auf Probleme bei Prognosen über lange Zeiträume hin: "Projektionen, die mehr als 25 Jahre in die Zukunft gehen, sind super unsicher."
Den Trend Richtung sinkender Geburtenraten sieht Hinz aber allgemein positiv: Ein solcher Rückgang sei in der Regel ein Hinweis auf eine höhere Lebenserwartung und mehr Bildung für Frauen. Die in der Studie genannten Herausforderungen in den Bereichen Wirtschaft, Einwanderung und soziale Absicherung nimmt die Expertin aber ebenfalls wahr: "Die Politik muss bei ihrer Planung für die Zukunft die demografische Entwicklung stärker in den Blick nehmen."
Mit Material von dpa und AFP

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