: Italien sucht Radarfallen-Schreck

25.02.2024 | 09:47 Uhr
Fleximan macht Italiens Straßen unsicher: Nachts legt er (oder sie?) Blitzer mit der Flex um. Längst ist das ein landesweites Problem für Polizei und Staatsanwaltschaften.
Fleximan: Die italienische Polizei findet den oder die Täter nicht.Quelle: dpa
Der Mann mit der Flex war wieder da - oder die Männer, oder auch Frauen. So genau weiß das niemand. Jedenfalls hat Italien, Europas Radarfallen-Land Nummer eins, jetzt wieder einige Blitzer weniger: An den Straßen der norditalienischen Kleinstadt Buccinasco wurden in einer einzigen Nacht vier orangefarbene Kästen mit Kameras zu Boden gebracht.
Was eigentlich nur eine kleine Meldung für die Lokalzeitung wäre, hat inzwischen nationale Dimension: Italien sucht den Fleximan - so genannt nach seinem wichtigsten Werkzeug.

Italien: Blitzer mit der Flex umgelegt

Begonnen hatte alles vergangenes Jahr. Nahe der Stadt Rovigo, ebenfalls im Norden, wurde der erste Blitzermast mithilfe eines Trennschleifers abgesägt. Im Handwerker-Deutsch und -Italienisch: mit einer Flex.
Blitzersäule in Santa Cristina, ItalienQuelle: imago
Seitdem gab es Dutzende solche Fälle von krimineller Sachbeschädigung. Manchmal fand die Polizei kurze Bekennerschreiben wie ""Fleximann ist im Kommen". Inzwischen reicht die Spur der Zerstörung von Südtirol bis Kalabrien, sodass klar ist: Fleximan ist mehr als einer. Ein halbes Dutzend Staatsanwaltschaften sind damit beschäftigt.

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23.03.2023 | 02:30 min

Blitzer in Italien Geldmacherei?

Viele Autofahrer verfolgen die Sache mit einer gewissen Grundsympathie. Das Gefühl, von Behörden gegängelt und ausgenommen zu werden, ist auch in Italien verbreitet. Nirgendwo in Europa gibt es so viele Radarfallen wie hier: mehr als 11. 000. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 4.700.
Unbestritten ist, dass manche Gemeinden mit den "Autovelox", wie Radarfallen auf Italienisch heißen, gutes Geld verdienen. Allein die Touristenmetropole Florenz verbuchte mehr als 23 Millionen. Kein Wunder also, dass Fleximan von manchen als "Robin Hood der Autofahrer" bejubelt wird.

So viel Geld machen Italiens Städte mit Blitzern

Die Verbraucherschutzorganisation Codacons hat auf der Grundlage von Zahlen aus dem Innenministerium ermittelt, dass die 20 größten Städte des Landes 2022 damit mehr als 75 Millionen Euro einnahmen.

Quelle: dpa

Kritik an Hype um Fleximan

Allerdings gibt es auch gegenteilige Stimmen - wie die Journalistin Paola di Caro von der renommierten Zeitung "Corriere della Sera", deren 18-jähriger Sohn zu Tode gefahren wurde. Sie schrieb:
Ich möchte nur, dass Fleximan einen einzigen Tag fühlt, was ich fühle, wenn ich Blumen an der Stelle niederlege, wo mein Sohn getötet wurde.
Paola di Caro, italienische Journalistin

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12.02.2024 | 09:33 min
Auch viele Experten empören sich über den Applaus für kriminelle Taten. Der Stadtplaner Matto Dondé sagte der Tageszeitung "La Repubblica":
Überall, wo Blitzer eingesetzt werden, ist die Zahl der Toten und der Verletzten viel niedriger.
Matto Dondé, Stadtplaner
Und weiter: "Das ist die einzige sichere Tatsache. Alles Andere ist Meinung."

Deutschland: Wem Punkte in Flensburg drohen, kann diese dank eines Schlupflochs gegen Geld auf jemand anderen übertragen. Der Verkehrsgerichtstag fordert dafür Strafen.

26.01.2024 | 01:11 min

Salvini schlägt sich auf die Seite von Fleximan

Bei der Fahndung nach Fleximan gab noch keinen Durchbruch: Auf Bildern von Überwachungskameras sind meist nur schwarz vermummte Gestalten bei Nacht zu sehen. Bei einer Festnahme drohen hohe Geldstrafen und bis zu drei Jahre Haft.
Inzwischen hat sich die Sache auch zu einem Politikum entwickelt. Insbesondere der rechtspopulistische Verkehrsminister Matteo Salvini profiliert sich als Fürsprecher vermeintlich ausgebeuteter Autofahrer. Für nächsten Monat kündigte der Vorsitzende der Lega einen Erlass an, um die Zahl der Radarfallen zu beschränken.
Wenn sie über Nacht auf zweispurigen Straßen aufgestellt werden, um Geld zu verdienen, ist das einfach eine weitere Steuer.
Matteo Salvini, Verkehrsminister von Italien

Erst Blitzer, jetzt Schwellenpoller

Der Fleximan hat aber auch auf andere Art und Weise Nachahmer gefunden. In Brescia, ebenfalls im Norden, hat ein Unbekannter jetzt damit begonnen, in verkehrsberuhigten Zonen eigenhändig Schwellenpoller (auf Italienisch: dosso) von den Straßen zu entfernen.
Er bekam sogleich einen Namen verpasst: Dossoman.
Quelle: pa

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