: Fridays for Future: Wie gelingt Klimaprotest?

von Jenifer Girke
20.08.2023 | 14:46 Uhr
Sie haben Millionen auf die Straße gebracht, aber zufrieden sind sie nicht. Die Bilanz nach fünf Jahren Fridays for Future? Irgendwas zwischen Frust, Stolz und Weitermachen.

Nach fünf Jahren ist die Klimaprotestbewegung Fridays for Future zwar weit gekommen, aber zufrieden sind sie nicht.

20.08.2023 | 02:16 min
Routenplanung für die nächsten Demonstrationen - zwischen Plakaten und Megafonen. Luca und Jaron sind Klimaaktivisten in Kiel. Manchmal fühle es sich an wie ein Full-Time-Job, sagen sie. Nach fünf Jahren sind sie erschöpft und gleichzeitig voller Tatendrang.

Fridays for Future - fünf Jahre zentraler Lebensinhalt

Luca ist eigentlich schon viel zu alt für Fridays for Future, sagt er. Mit 27 Jahren sollten andere die Bewegung voranbringen. Aber so ganz seinlassen, kann er es auch nicht. Dafür haben ihn die letzten fünf Jahre auch zu sehr geprägt. Und dafür sei auch noch zu viel zu tun.
Fridays for Future war zum ersten Mal dieses Gefühl, mit dieser Angst, die der Klimawandel auslöst, nicht mehr allein zu sein. Es war fünf Jahre lang auch der zentrale Lebensinhalt.
Luca, Fridays for Future-Aktivist
Was hat die Klimabewegung Fridays for Future in fünf Jahren erreicht?Quelle: ZDF/Jenifer Girke
Diese Angst trieb sie aus den Schulen auf die Straße. Heute zählt die Bewegung mehr als 600 Ortsgruppen, über 9.000 Streiks und fünf Millionen Menschen auf der Straße - so weit die Zahlen auf der offiziellen Website.
Genug passiert sei aber nicht, resümiert Luca: "Wir haben es geschafft, dass Klimaschutz ein Thema ist, an dem niemand mehr vorbeikommt. Es geht voran, aber wir sind bei weitem nicht da, wo wir sein müssten. Wir sind auch nicht bei dem Tempo, wo wir sein müssten und insofern werden wir weiterstreiken."
In Lüneburg haben sich Anfang August Aktivisten getroffen, um über die Zukunft der Bewegung zu diskutieren:

Um die Klimaschutzbewegung Fridays for Future ist es in letzter Zeit ruhiger geworden.

09.08.2023 | 01:30 min

Protestforscher: Junge Menschen wollen politische Stimme

Viele Fridays for Future-Aktivisten waren oder sind noch zu jung zum Wählen, konnten also kaum direkten Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen.
Ihnen dennoch eine politische Stimme geben - das war von Anfang an das Ziel und zeichnet sie bis heute aus, sagt Demokratie- und Protestforscher Robin Celikates von der Freien Universität Berlin:
Das ist eine Bewegung der Schülerinnen und Schüler der jungen Generation, die sich zum ersten Mal so richtig als politische Stimme konstituiert.
Robin Celikates, Protestforscher
"Und sagt: Wir wollen nicht, dass ihr über unsere Zukunft entscheidet, unsere Zukunft kaputtmacht, ohne dass unsere existenziellen Ängste ernst genommen werden. Wir wollen eine Stimme haben in dieser Diskussion."
Wo die Fridays for Future-Bewegung im September 2022 stand:

Greta Thunberg fordert "radikalen Klimaschutz"

Diese Stimme würde nicht genug gehört, so die Botschaft nach fünf Jahren. Initiatorin Greta Thunberg postete am Freitag in den sozialen Netzwerken Instagram und X (früher bekannt als Twitter), man brauche "dringend radikalen Klimaschutz, um zu retten, was noch gerettet werden kann, und um die katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise, die Menschen bereits erleben, so weit wie möglich zu begrenzen".
Dafür bräuchte es auch den Druck von Fridays For Future.
X-Post von Greta Thunberg
Klimaaktivisten wie Leonie und Luca von Fridays for Future setzen auf Massenprotest und Dialog. Quelle: ZDF

Fridays for Future: Massenproteste statt Klebeaktionen

Radikale Protestformen wie die der "Letzten Generation" stoßen hierzulande immer wieder auf scharfe Kritik. Für Aktivist Till kommen solche Aktionen nicht in Frage.
Wir als Fridays for Future sind jetzt nicht die Bewegung, die sich auf die Straße klebt. Wir stehen für Massenprotest. Wir stehen dafür, dass wir möglichst viele Leute hinter einem Ziel versammeln können.
Till, Fridays for Future-Aktivist
Laut Protestforscher Celikates sei für eine langfristig aktive Klimabewegung beides wichtig - die moderaten und die provokativen Akteure: "Fridays for Future hat ihr besonderes Profil damit, dass sie eher konstruktiv und massenbreit aufgestellt sind und so auch in der Bevölkerung erscheinen wollen, während die "Letzte Generation" eben eher konfrontativ und disruptiv agiert. Das sind aber keine Methoden, die sich unbedingt widersprechen müssen."

Die Vereinten Nationen fordern nach den Razzien gegen die "Letzte Generation", Klimaaktivisten zu schützen.

26.05.2023 | 00:22 min

Profitiert Fridays for Future von der Kritik an der "Letzten Generation"?

Der Wirbel rund um die "Letzte Generation" kann Fridays for Future sogar neuen Auftrieb geben, so Celikates: "Weil diese 'radical flank', also die radikale Flanke, häufig den Effekt hat, dass die anderen Teile als eher moderat und vernünftig erscheinen und es so vielleicht auch attraktiver für größere Teile der Bevölkerung ist, sich dann diesem Teil anzuschließen."
Die erste Phase der Begeisterung ist vorbei. Klimaprotest steht immer wieder in der Kritik. Die Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen schwankt. Wie kann ein konstruktiver Diskurs stattfinden? Für den 19-jährigen Jaron liegt es auf der Hand:
Indem wir an einem Strang ziehen. Dass man mit den Menschen zu Hause spricht, dass man die involviert in großen Plena und einladend ist.
Jaron, Fridays for Future-Aktivist
Nach fünf Jahren sucht Fridays for Future neue Wege für mehr Einfluss in der Politik und mehr Akzeptanz für Klimaschutz in der Bevölkerung. Wie beides funktionieren kann, ist eine der großen Herausforderungen.

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