: "Knockout 51": Haftstrafen gegen Mitglieder

von Daniel Heymann
01.07.2024 | 14:41 Uhr
Sie wollten in Eisenach einen "Nazi-Kiez" errichten. Vier Mitglieder der Neonazi-Kampfsportgruppe "Knockout 51" wurden dafür nun zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Vier Angeklagte der Neonazi-Gruppe Knockout 51 wurden heute zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Sie sollen unter anderem den Mord von politischen Gegnern geplant haben, so die Bundesanwaltschaft.

01.07.2024 | 01:48 min
Das Oberlandesgericht Jena hat gegen vier Mitglieder der Neonazi-Kampfsportgruppe "Knockout 51" unter anderem wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung Haftstrafen von zwei Jahren und zwei Monaten bis zu drei Jahren und zehn Monaten verhängt.
Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten um den Rädelsführer Leon R. versucht haben, im thüringischen Eisenach einen sogenannten "Nazi-Kiez" in Gestalt einer "national befreiten Zone" aufzubauen. Dazu haben sie unter anderem Waffenteile mit 3D-Druckern hergestellt.

Zum Prozessauftakt in Jena wurden den Angeklagten schwere Attacken gegen politische Gegner und Polizisten sowie die Planung von gezielten Tötungen vorgeworfen.

21.08.2023 | 01:30 min
"Knockout 51" ist eine rechtsextreme Kampfsportgruppe, deren Netzwerk nach Informationen des MDR über das gesamte Bundesgebiet reicht. Während des Prozesses waren mehrere Angehörige der Neonazi-Szene als Zuschauer angereist.

Nicht terroristisch, aber kriminell

"Der eigentliche Hauptzweck dieser Gruppe war die offensive Verbreitung rechtsextremistischer Ideologie" - so beschreibt der Senatsvorsitzende Martin Giebel "Knockout 51" in seiner Urteilsverkündung.
Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft habe die Gruppe gezielt versucht, unter dem Deckmantel der Selbstverteidigung tödliche Gewalt gegen politische Gegner anzuwenden. Deshalb hatte sie "Knockout 51" in ihrer Anklage sogar als terroristische Vereinigung eingestuft.
Diesen Teil der Anklage hatte das Gericht aber nicht zugelassen, weil die Gruppierung auf die Begehung von Körperverletzungen, nicht aber von Mord und Totschlag ausgerichtet sei.

Terroristische Vereinigung

Eine terroristische Vereinigung ist laut Strafgesetzbuch (§ 129a StGB) darauf ausgerichtet, bestimmte schwere Straftaten wie beispielsweise Mord oder Totschlag zu begehen. Bei anderen schweren Straftaten müssen diese dazu bestimmt sein, die Bevölkerung erheblich einzuschüchtern oder die Grundstrukturen des Staates zu beeinträchtigen. Im Zentrum der Straftaten steht damit meist der Kampf für politische oder ideologische Ziele.

Kriminelle Vereinigung

Die Tätigkeit einer kriminellen Vereinigung ist laut Strafgesetzbuch (§ 129 StGB) hingegen auf die Begehung von Straftaten gerichtet, die zumindest eine gewisse Strafbarkeitsschwelle überschreiten. Dazu gehören beispielsweise gefährliche Körperverletzungen und andere Gewaltdelikte. Wesentlicher Unterschied ist somit die Schwere der geplanten Straftaten.

Aufarbeitung noch nicht abgeschlossen

Mit dem heutigen Urteil ist die Aufklärungsarbeit im Komplex "Knockout 51" noch nicht abgeschlossen. Zum einen laufen bereits Prozesse gegen weitere Mitglieder und Unterstützer der Kampfsportgruppe. Zum anderen sind weitere Ermittlungen im Zusammenhang mit dem sogenannten "Flieder Volkshaus", einem Treffpunkt für Rechtsextreme in Eisenach, in dem unter anderem "Knockout 51" regelmäßig trainierte, zu erwarten.
Der Landesvorsitzende der Partei "Die Heimat" (vormals NPD), Patrick Wieschke, der als Schlüsselfigur hinter der Neonazi-Immobilie gilt, wurde im Dezember des letzten Jahres ebenfalls von der Polizei festgenommen.
Er befand sich mehrere Wochen in Untersuchungshaft und machte währenddessen eine umfangreiche Aussage gegenüber der Polizei, bevor er wieder auf freien Fuß gesetzt wurde.

Das Oberverwaltungsgericht in NRW bestätigt die Einstufung der AfD als rechtsextremen Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz. Dies erlaubt weiterhin die Beobachtung der Partei.

13.05.2024 | 02:52 min
Für den Rechtsextremismus-Forscher Miro Dittrich ist klar, dass "Knockout 51" kein Einzelfall ist - im Gegenteil gebe es momentan sogar eine Tendenz zur Gründung und Vernetzung neuer Organisationen:
Ich sehe auf jeden Fall derzeit einen Auftrieb für Rechtsextreme, die im Kampfsport aktiv sind und die mehrere Gruppen in unterschiedlichen Bundesländern gründen.
Rechtsextremismus-Forscher Miro Dittrich, CeMAS
Die Organisation erfolge häufig über Social Media, etwa über Telegram und auch Instagram, wo häufig schon eine gewisse Radikalisierung durchlaufen werde. Es handele sich, so Dittrich, um eine bundesweite Entwicklung, die allerdings in Ostdeutschland noch stärker ausgeprägt sei:
Hier gibt es häufig einfach weniger Angebote für Jugendliche, um sich gemeinschaftlich zum Sport zu verabreden, da kann sowas dann sehr attraktiv sein. Gleichzeitig sehen wir auch, dass rechtsextreme Einstellungen im Osten insgesamt verbreiteter sind.
Rechtsextremismus-Forscher Miro Dittrich, CeMAS
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Daniel Heymann ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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