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: Warum es Nord- und Ostsee so schlecht geht

von Michaela Waldow
02.10.2023 | 08:22 Uhr
Steigende Temperaturen, Plastikmüll, viel Schiffsverkehr: Nord- und Ostsee sind in keinem guten Zustand. Welche Folgen das hat.
Knapp 26.900 Schiffe fuhren allein 2022 durch den Nord-Ostsee-Kanal. Quelle: Imago
Sonne, Wind, Salzwasser - so sah dieses Jahr für Millionen Besucher der Urlaub an Nord- und Ostsee aus. Was dabei aber nicht unbedingt auffällt: Beide Gewässer sind in keiner guten Verfassung - übernutzt und in einem ökologisch schlechten Zustand. Klimawandel, Überdüngung, Plastikmüll, Einträge von Giften und Munitionsaltlasten im Meer: Ursachen gibt es einige.
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Steigende Temperaturen

Während die Ozeantemperaturen in den vergangenen 30 Jahren um etwa 0,5 Grad Celsius gestiegen sind, wurde die Ostsee laut dem Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel etwa 1,5 Grad wärmer. Und auch die Temperatur der Nordsee ist gestiegen. Mit Auswirkungen auf die Ökosysteme, denn je wärmer Wasser ist, desto weniger Sauerstoff kann es aufnehmen. In Bodennähe lebende Organismen sterben ab und Fischbestände werden kleiner.
Zudem werden durch höhere Oberflächenwassertemperaturen die Umwälzbewegungen im Wasser geschwächt, wodurch weniger Sauerstoff in tiefere Regionen gelangt. Es bilden sich immer mehr sauerstoffarme Zonen, wichtige Lebensräume gehen verloren.
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Überdüngung fördert Sauerstoffknappheit

Nährstoffeinträge verstärken das Problem. Sie bestehen hauptsächlich aus Stickstoff- und Phosphorverbindungen, die in den Meeren zu einer Überdüngung führen. Die zu vielen Nährstoffe fördern ein Wachstum von Algen, die nach dem Absterben von Bakterien mit hohem Sauerstoffverbrauch zersetzt werden. Zusätzlich nehmen sie den unteren Pflanzen wie dem Seegras das notwendige Licht zum Wachsen.
Nährstoffeinträge in die Nord- und Ostsee sind vor allem auf den Mensch zurückzuführen: Düngemittel in der Landwirtschaft, Industrie und städtische Abwässer. Zwar wurden bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen, doch der Zielwert des Stickstoffmenge ist zumindest bei der Ostsee noch nicht erreicht.
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Verschmutzung durch Plastikmüll

Außerdem landet viel Plastikmüll in Nord- und Ostsee. Alleine die Elbe transportiert laut Schätzung der Organisation The Ocean Cleanup jedes Jahr 42.000 Kilogramm Plastik in die Nordsee. Fische, Seevögel und andere Meereslebewesen verwechseln Plastik mit Nahrung. Das kann zu inneren Verletzungen und zum Tod führen. Die Partikel gelangen in die Nahrungskette und erreichen schließlich auch den Menschen.
Plastikabfälle stören zudem die Lichtdurchlässigkeit des Wassers und verändern den Lebensraum für Fische, Seegraswiesen und andere Organismen.
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Kohlendioxid führt zu Versauerung

Die Versauerung der Ostsee ist ein weiteres Problem. Die Hauptursache ist die steigende Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre, das vom Meerwasser aufgenommen wird und dort chemische Reaktionen auslöst. Muscheln, Schalentiere und Korallen bekommen durch die chemischen Veränderungen Schwierigkeiten, ihre Kalkschalen und Skelette zu bilden, denn das saurere Wasser begünstigt deren Auflösung. Das bedroht Artenvielfalt und Fischbestände.

Schiffsverkehr bringt Umweltbelastungen mit sich

Täglich durchqueren Tausende von Frachtschiffen, Fischereifahrzeugen, Kreuzfahrtschiffen und anderen Schiffen Nord- und Ostsee. Sie sind Hauptverkehrsrouten. Der Nord-Ostsee-Kanal ist die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt. Das hat Folgen für das Ökosystem, nicht nur bei Havarien. Emissionen, Müll, Fäkalien und eingeschleppte fremde Arten - alles Störfaktoren für das empfindliche Ökosystem und den Zustand des Wassers.
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Munition aus dem Zweiten Weltkrieg

Dazu kommen noch die Altlasten aus dem Zweiten Weltkrieg. Laut dem Umweltbundesamt lagern in Nord- und Ostsee etwa 1,6 Millionen Tonnen konventionelle Munition und 5.000 Tonnen chemische Kampfstoffe.

Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee sind tickende Zeitbomben. Ein Pilotprojekt soll Möglichkeiten der Bergung erforschen.

16.09.2023 | 04:00 min
Der Sprengstoff stellt eine erhebliche Bedrohung für die Umwelt und die Sicherheit dar. Die Hüllen der Munition rosten langsam durch und geben giftige Substanzen wie Quecksilber, Arsen und andere Chemikalien frei, die sich im Meer verteilen und in die Nahrungskette gelangen. Eine weitere Bedrohung also für die Population der Fische und der Artenvielfalt insgesamt. Die nicht explodierte Munition ist zudem eine akute Gefahr für Fischer, Taucher und Schifffahrt.

Auswirkungen von Offshore-Windparks

Der Ausbau von Windparks in Nord- und Ostsee hinterlässt ebenfalls Spuren. Es werden bereits heute Auswirkungen auf Meeresströmungen, Meeresboden und Lebensräume beobachtet. Wie konkret diese Einflüsse auf das Ökosystem sind, wird noch erforscht.

Was tun?

Der kritische Zustand der Nord- und Ostsee erfordert dringend Maßnahmen zum Schutz der Meeresumwelt. Erweiterung von Naturschutzgebieten, Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts und die Förderung nachhaltiger Praktiken sind wichtige Schritte, um den Zustand der Nord- und Ostsee zu verbessern.

Ausgediente Fischernetze, sogenannte Geisternetze, machen einen großen Anteil des Plastiks im Meer aus. An der Ostsee werden die Geisternetze mit Tauchteams geborgen.

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