: Experte: "Extreme Feuer" nehmen zu

25.07.2023 | 10:57 Uhr
Die Brände auf Rhodos werden immer neu angefacht. Ein Experte erklärt im ZDF, was es zum Löschen braucht, was die Feuer so gefährlich macht und was in der Zukunft wichtig ist.

Es gebe gar nicht mehr Feuer, so Forstwissenschaftler und Feuerökologe Alexander Held, aber eine "Zunahme an extremen Feuern" - und das müsse als Warnsignal gewertet werden.

25.07.2023 | 03:47 min
Starke Winde fachen weiterhin die Waldbrände auf der griechischen Ferieninsel Rhodos an. Sechs Dörfer nördlich und westlich der antiken Stätte von Lindos sind bedroht. Mit dem ersten Tageslicht wurden erneut Löschflugzeuge und -helikopter eingesetzt, um die Flammen in den Griff zu bekommen, wie die Feuerwehr am Dienstagmorgen mitteilte.
Alexander Held ist Forstwissenschaftler und Feuerökologe. Er erklärt im ZDF-Morgenmagazin, was passieren muss, damit die Waldbrände gelöscht werden können, was den Einsatz so schwierig macht und wie Katastrophen wie dieser künftig vorgebeugt werden kann.

"Die Löscharbeiten gehen weiter", aber es sei "der letzte Brand, der jetzt gerade hier gelöscht werden soll", so ZDF-Korrespondent Andreas Postel zur aktuellen Situation auf Rhodos.

25.07.2023 | 03:02 min
Das sagt Alexander Held über…

… die Chancen, dass die Brände auf Rhodos gelöscht werden können:

"Aller Erfahrung nach muss sich zuerst das Wetter ändern, bevor die Feuer wieder unterhalb der sogenannten Kontrollschwelle brennen. Und erst dann wird es den Einsatzkräften gelingen, nennenswerte Fortschritte zu machen."
Im Moment müssen sie nur schauen, dass sie Siedlungen schützen und Infrastruktur.
Alexander Held, Forstwissenschaftler und Feuerökologe

… besondere Herausforderungen bei den Bränden in Rhodos:

"Wir haben enormes Feuerverhalten, sehr viel Intensität, die diese Feuer ausstrahlen. Faktoren, die das begünstigen, sind natürlich einerseits dieses enorm heiße Wetter mit den Winden, natürlich auch ungünstige Topografie und sehr dürres und trockenes Brennmaterial. Und dieser Cocktail an Zutaten sorgt dafür, dass wir derzeit relativ hilflos diesen Feuern gegenüberstehen."
"Permanent Rauchschwaden" bei Bränden auf Rhodos:

"Wir wurden in der Nacht geweckt mit einer Warn-SMS und dann hieß es, alle müssen evakuiert werden", berichtet die freie Journalistin Carina Emig von der Situation auf Rhodos.

24.07.2023 | 04:58 min

… den Einfluss des Klimawandels auf Ereignisse wie in Rhodos:

"Das ist jetzt tatsächlich die richtige Frage, denn die Statistik täuscht unter Umständen. Weil wir gar nicht mehr und anzahlmäßig größere Feuer hätten.
Was wir deutlich sehen, ist die Zunahme und die Häufigkeit der Zunahme an diesen sogenannten extremen Feuern, an diesen unkontrollierbaren Feuern.
Alexander Held, Forstwissenschaftler und Feuerökologe
"Und das löst natürlich besondere Betroffenheit aus. Es ist immer gefährlich, weil die Statistik täuscht dann. Wenn wir nur die Statistik anschauen, könnten wir sagen, wir haben gar kein Problem. Die Statistik zeigt uns, wir haben immer weniger Feuer und das ist alles unter Kontrolle. Und diese Ausreißer in der Statistik, die werden durch den Durchschnitt etwas nivelliert."
Wir müssen schon die Qualität der Daten hinterfragen und tatsächlich diese herausragenden Ereignisse als Warnsignale nehmen.
Alexander Held, Forstwissenschaftler und Feuerökologe

Wie kann man Waldbränden vorbeugen?

Quelle: dpa
Geringe Niederschläge und hohe Temperaturen bereits im Frühjahr, gepaart mit langen, heißen Trockenperioden im Sommer können das Waldbrandrisiko künftig erhöhen. Daher wurde in den Forsten damit begonnen, waldbauliche und technische Maßnahmen umzusetzen. Sie haben eine vorbeugende, schadensmindernde Wirkung. Allerdings greifen diese Maßnahmen erst nach mehreren Jahren.

  • Erhöhung des Laubholzanteils: Durch den Wandel von Kiefern-Monokulturen hin zu Mischwäldern aus Laubbäumen wird das Waldbrandrisiko gesenkt. Mischwälder (Foto) besitzen die Fähigkeit, viel Feuchtigkeit im Boden sowie in den Baumkronen zu speichern. So kann sich in einem trockenen Sommer kein Vollfeuer entwickeln.
  • Anlegen von Waldbrandriegeln: Dabei handelt es sich um Flächen zwischen 100 und 300 Metern, auf denen brandhemmende Laubbäume, Sträucher und Gräser wachsen. Diese Riegel sollen im Brandfall auflaufende Vollfeuer in leichter zu bekämpfende Bodenfeuer umwandeln. 
  • Anlegen von Schutz- und Wundstreifen: Sie sind 20 bis 30 Meter breit und werden stets von leicht brennbarem Gestrüpp befreit. Die geringe Brennstoffmenge verhindert, dass sich ein Bodenfeuer in den Kronenraum ausbreiten kann. Solche Streifen verlaufen bevorzugt entlang von Hauptstraßen, Straßen und Bahnlinien.
  • Anlegen künstlicher Löschwasser-Entnahmestellen: Diese können Staueinrichtungen, im Erdboden eingelassene Behälter oder Anschlüsse an Fernwasserleitungen sein.    

Wie breitet sich das Feuer aus?

Sehr trockene Pflanzenteile und Gräser fangen am schnellsten Feuer. Danach folgen trockene Nadeln und kleine Zweige. Nadelwälder mit dichtem Grasbewuchs bergen eine besonders hohe Feuergefahr. Trockenes Laub und Totholz dagegen brennen erst, wenn die Flammen schon größere Ausmaße erreicht haben. Wird aus dem Flammenherd eine Feuerwalze, können nahezu alle Pflanzenteile und sogar der Humus sowie Wurzeln im Boden erfasst werden.

Kommt zum Brand starker Wind dazu, entstehen langgezogene Brandstellen, die sich auch in der Geschwindigkeit schnell ausbreiten. Kronenfeuer gelten als besonders problematisch und sind bei Feuerwehrleuten besonders gefürchtet. Denn starke Winde übertragen die Flammen in der Höhe. Durch den Dominoeffekt im Kronenbereich werden die Löscharbeiten erschwert. Es entsteht schließlich ein Megafeuer.

Wie löscht man einen Waldbrand?

Quelle: dpa
Zur Brandbekämpfung gibt es in Deutschland zwei Verfahren:

  • Direkter offener Angriff der Feuerfront mittels Löschmannschaften, Löschfahrzeugen und Löschwasserabwürfen: Dabei setzen die Feuerwehrleute den Löschangriff gegen die Windrichtung an. In der Regel erfolgt der Löschangriff von der Flanke zur Spitze der Feuerfront. Das Verfahren wird nur bei geringer Flammenhöhe angewendet. Denn schwer einschätzbare Windböen können dazu führen, dass Einsatzkräfte vom Feuer eingeschlossen werden.
  • Defensiver Angriff: Er wird angewendet, wenn die Flammen zu hoch schlagen oder die Fläche mit Munition kontaminiert ist. Defensiv bedeutet, es werden Feuerschneisen angelegt, die frei von trockenem Gestrüpp und oder dürren Sträucher sind. Feuerfeste Barrieren wie Straßen und Wege halten das Feuer ebenfalls auf. Auf den defensiven Angriff setzt man auch bei Waldbränden im Bergland. Dort breitet sich das Feuer hangaufwärts sehr viel schneller aus als hangabwärts. Mittels großer Planierraupen oder Bergepanzer der Bundeswehr werden Feuerschneisen angelegt. Der trockene Bewuchs wird plattgemacht. Die vegetationsfreie Schneise hilft, die Flammenausbreitung abzubremsen.

Auf Rhodos wüten die Feuer im Südosten der Insel weiter:

Tausende mussten vor den Flammen flüchten und es könnte noch Tage dauern, bis die Brände unter Kontrolle sind.

24.07.2023 | 00:56 min

… notwendige Maßnahmen, um Brände wie diese zu verhindern:

"Das geht weit über Griechenland hinaus - im Grunde genommen ist das weltweit. Wir sehen, die Feuerwehren sind sehr gut darin, Feuer zu bekämpfen und unter Kontrolle zu halten, solange die unterhalb dieser Kontrollschwelle brennen.
Wir merken aber, es passiert häufiger, dass Feuer jenseits dieser Kontrollschwelle brennen. Wir müssen also in Zukunft sehen, was können wir tun, um diese Kontrollschwelle wieder nach unten zu bringen und unsere Einsatzfähigkeit zu erhöhen."
Das heißt: Wetter können wir nicht beeinflussen, Topografie können wir nicht beeinflussen - aber die Verfügbarkeit, die Art, die Menge, Struktur des Brennmaterials, der Biomasse, die können wir präventiv beeinflussen.
Alexander Held, Forstwissenschaftler und Feuerökologe
"Das muss passieren in einem großen Maßstab: In europäisch koordinierten - das hört sich jetzt vielleicht übertrieben an - in global koordinierten Ansätzen. Im Moment findet das nur in sehr kleinem Maßstab statt und dann hat das auch keinerlei Effekt in Situationen wie jetzt.
Aber nur dann, wenn diese Hausaufgaben erledigt werden, können Einsatzkräfte überhaupt Siedlungen und Infrastruktur verteidigen - ganz abgesehen davon, in der Landschaft zu löschen unter diesen Bedingungen."
Quelle: ZDF, dpa

Themen

Mehr zu Waldbränden