: Kein größeres Mitspracherecht für Aborigines

14.10.2023 | 15:20 Uhr
Eine deutliche Mehrheit der Australier stimmt in einer Volksbefragung gegen die Stärkung der Rechte der Aborigines. Was bedeutet das für die Ureinwohner und das gespaltene Land?

Mehr Mitsprache im Parlament für Ureinwohner? Eine deutliche Mehrheit der Australier stimmt mit "Nein"

14.10.2023 | 00:21 min
Australiens Ureinwohner werden auch in Zukunft kein größeres politisches Mitspracherecht bekommen. Dies ist das Ergebnis einer historischen Volksbefragung. Eine deutliche Mehrheit der 18 Millionen Wahlberechtigten - darunter 530.000 Indigene - sprach sich am Samstag beim sogenannten Voice-Referendum gegen das Vorhaben aus.
Auch alle sechs Bundesstaaten stimmten vorläufigen Ergebnissen zufolge dagegen. Für eine Verfassungsänderung ist in Australien eine doppelte Mehrheit nötig: Nicht nur müssen mehr als 50 Prozent aller Wähler "Ja" sagen, auch die Mehrheit der Bundesstaaten muss dafür sein.

Konservative hatten Stimmung gegen Pläne gemacht

Konkret ging es darum, ob die Aborigines künftig ein in der Verfassung verankertes Mitspracherecht im Parlament bekommen sollten. Im Erfolgsfall hätte ein von ihnen gewähltes Gremium das Parlament in Fragen beraten, die die Indigenen direkt betreffen. Es wäre dann den Abgeordneten überlassen geblieben, die Ratschläge zu befolgen oder nicht.

Auch 200 Jahre nach der Kolonisierung Australiens durch die Weißen leben viele Ureinwohner am Rand der Gesellschaft.

03.12.2021 | 42:11 min
Vor allem die konservative Opposition hatte in den vergangenen Monaten massiv Stimmung gegen die Pläne gemacht und die Meinung im Land gedreht, nachdem die Mehrheit der Bevölkerung zunächst zu einem "Ja" tendiert hatte. Aber auch einige Indigene waren dagegen. Ihnen ging das Vorhaben nicht weit genug.

Ministerin: Trauriger Tag für Australien

Für Premier Anthony Albanese, der mit dem Referendum - dem ersten in Australien seit 24 Jahren - ein Wahlversprechen eingelöst hatte, ist das "Nein" eine schwere Schlappe. Kurz nach Bekanntwerden des Ergebnisses wurden erste Stimmen laut, die seinen Rücktritt forderten.
Der 60-Jährige sagte hingegen in einer emotionalen Ansprache, er respektiere das Ergebnis, werde aber weiter für eine Versöhnung mit den Ureinwohnern und ein Ende der Kluft in der Gesellschaft arbeiten. Die Ministerin für indigene Australier, Linda Burney, sprach unter Tränen von einem "traurigen Tag für Australien".

Australischer Premierminister setzte sich für Vorhaben ein

Albanese hatte seit Monaten für seine Sache geworben. Erst vor wenigen Tagen nahm er am Uluru (früher Ayers Rock) an einer Zeremonie mit Ureinwohnern teil.

Keine Klettertouren mehr auf Uluru

Der Klettersteig am Uluru in Australien war heute ein letztes Mal geöffnet. Ureinwohner hatten seit Jahren ein Kletterverbot für den für sie heiligen Berg gefordert.


"Dieses Referendum ist die Chance, Geschichte zu schreiben", sagte Albanese am Morgen der Abstimmung. "Die Chance, die würdevolle Einladung der ersten Australier anzunehmen, sie in unserem Gründungsdokument anzuerkennen." Die Ureinwohner wollten endlich angehört werden und eine Stimme haben, wenn es um ihre eigenen Belange gehe. Am Abend sagte er:
Ich habe alles getan, was ich tun konnte.
Australischer Premierminister Anthony Albanese
Erklärtes Ziel seiner Regierung ist es, die Lebensrealität der benachteiligten und diskriminierten Ureinwohner zu verbessern. Sie machen heute etwa vier Prozent der Bevölkerung aus. Vielerorts leben sie am Rande der Gesellschaft.
Australiens Premierminister Anthony Albanese bei seiner Stimmabgabe am 7. Oktober 2023.Quelle: Imago

Aborigines bevölkern Kontinent seit mehr als 65.000 Jahren

Die Aborigines gelten als die älteste noch bestehende Kultur weltweit und bevölkern den Kontinent seit mehr als 65.000 Jahren. Mit der Kolonisierung durch die Briten begann für sie aber eine Zeit der schweren Unterdrückung. In der 1901 verabschiedeten Verfassung werden sie nicht einmal erwähnt. Erst 1967 wurden ihnen Bürgerrechte eingeräumt.
Bis in die 1970er Jahre wurden zudem indigene Kinder ihren Familien entrissen, um in christlichen Einrichtungen oder bei weißen Familien "umerzogen" zu werden. Erst 2008 entschuldigte sich die Regierung unter dem damaligen Premier Kevin Rudd für das Leid, das den Opfern der "Stolen Generation" zugefügt wurde.
Quelle: dpa

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