: Uni in Prag schafft Bachelorarbeiten ab

von Laura Meyer
29.12.2023 | 13:11 Uhr
An der Prager Wirtschaftsuni müssen Bachelorstudierende der Betriebswirtschaft ab dem Wintersemester 2024 keine Bachelorarbeit mehr schreiben. Der Auslöser: Künstliche Intelligenz.
Chatgpt und KI erleichtern das Verfassen wissenschaftlicher Texte. Eine Prager Uni schafft deshalb einen neuen Ansatz. (Symbolbild)Quelle: dpa
Texte übersetzen, Reisen planen, Liebesbriefe schreiben - Künstliche Intelligenz kann das Leben erleichtern, aber auch bei Betrug helfen. Die Fakultät für Betriebswirtschaftslehre der Prager Wirtschaftsuniversität geht deshalb einen ungewöhnlichen Schritt und schafft die Bachelorarbeiten ab.
Stattdessen sollen die Studierenden an Projekten arbeiten. Das soll das Studium nicht einfacher machen, sagt Dekan Jiří Hnilica, sondern relevanter. Über ein Jahr hätten sie darüber diskutiert.
"Wir haben andere Teile unseres Studiums, in denen die Studierenden ihre Lernergebnisse oder erwarteten Lernergebnisse nachweisen können. Daher ist die Bachelorarbeit überflüssig."
Jiří Hnilica, Dekan der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Prag
Schon länger dachte die Fakultät über eine Anpassung des Studienprogramms nach, "um die Themen einer realen Welt in die Klassenzimmer zu bringen". Immer besser werdende Programme der Künstlichen Intelligenz haben diese Entwicklung nun massiv beschleunigt.

Der KI-Chatbot ChatGPT soll künftig aktuellere Informationen verarbeiten und nutzen können. Das teilte das Unternehmen bei einer Entwicklerkonferenz in San Francisco mit.

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ChatGPT von zwei Drittel der Studierenden in Deutschland genutzt

Die Fakultät trifft damit einen Nerv: es gab zahlreiche Medienberichte und infolgedessen auch Gespräche mit anderen Hochschulen, erzählt der Dekan. Die Reaktionen seien positiv gewesen.
Eine deutschlandweite Studie der Hochschule Darmstadt ergab, dass bereits zwei Drittel der Studierenden KI-basierte Tools für ihr Studium genutzt haben: Besonders häufig ChatGPT, 48,9 Prozent hatten die Anwendung bereits genutzt.

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats fordert eine Kennzeichnung von KI generierten Texten und Bildern.

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Künstliche Intelligenz: Texte kaum zu unterscheiden

Texte, die mit Künstlicher Intelligenz verfasst wurden sind kaum von menschlichen zu unterscheiden. Eine Prüfung sei für Unis deshalb nur sehr schwer möglich, sagt Dekan Hnilica. Ein weiterer Grund für die Fakultät die Bachelorarbeit durch ein Praxisprojekt zu ersetzen.
"Unsere Schüler müssen nicht in der Lage sein, 50 oder 70 Seiten eines Textes zu produzieren. Sie müssen in der Lage sein, einen Finanzplan zu erstellen, um eine Gruppe von Menschen verwalten und verstehen zu können, worum es bei einem Unternehmen oder Geschäft geht."
Jiří Hnilica, Dekan der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Prag
Hört man sich unter Studierenden an Prager Unis um wird deutlich, dass sie die Entwicklung positiv sehen - Studentin Klara sagt, dass solche Projekte einen höheren Mehrwert haben als "Bachelorarbeiten, die man ja eh oft abschreibt". Besonders in den wirtschaftswissenschaftlichen Fächern sei ein Projekt besser, meint Studentin Michaela.

"ChatGPT war ein ziemlich lauter Donnerschlag“, sagt KI-Experte Andreas Grün. Nun brauche es Regulierung, "die innovationsfreundlich ist“ und "den europäischen Wertekodex erhält“.

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Masterarbeiten bleiben erhalten

An der betroffenen Wirtschaftsuniversität sehen allerdings nicht alle die Entwicklung so positiv. Dozentin Alena sagt, dass Bachelorarbeiten ihren Sinn haben und dass KI nicht missbraucht werden könne, solange man Kontakt zu den Studierenden hält. Sie selbst würde es wohl sehen, ob eine Arbeit mit ChatGPT geschrieben worden sei - weil sie seit über 30 Jahren unterrichte und wisse, was jeder Schüler schreiben könne.
Dekan Hnilica ist es jedenfalls wichtig den Bachelorstudierenden an seiner Fakultät Praxiswissen mitzugeben - und die geplanten Bachelorprojekte sollen genau das tun. Für Masterstudierende ändert sich nichts, sie müssen weiterhin Masterarbeiten schreiben.
Laura Meyer arbeitet im ZDF-Studio Wien und berichtet über Südosteuropa.

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