: Georgien: Experte vermutet Anruf aus Kreml

03.05.2024 | 13:04 Uhr
Georgien plant ein neues Gesetz, das angeblichen Einfluss des Auslands beschränken soll. Im ZDF macht ein Experte klar: Es muss Anweisungen aus Russland gegeben haben.

Das Gespräch mit Stephan Malerius von der Konrad-Adenauer-Stiftung hier in voller Länge.

02.05.2024 | 04:56 min
In Georgien im Südkaukasus halten Massenproteste gegen ein geplantes und äußerst umstrittenes Gesetz an, das die Arbeit zahlreicher Nichtregierungsorganisationen und kritischer Medien erschweren könnte. Das Gesetz, das kürzlich die zweite Lesung im Parlament passierte, sieht vor, dass Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20 Prozent ihres Geldes aus dem Ausland erhalten, über die Herkunft Rechenschaft ablegen müssen.
Viele Beobachter werfen der moskaufreundlichen Regierung der Ex-Sowjetrepublik vor, sie habe das geplante Gesetz nach dem Vorbild eines russischen "Agentengesetzes" ausgearbeitet.

Regionalleiter von Adenauer-Stiftung: Gesetz kommt "aus heiterem Himmel"

"Innenpolitisch gibt es eigentlich keine Erklärung dafür", erklärte Stephan Malerius von der Konrad-Adenauer-Stiftung im Gespräch mit dem heute jounal. Mit Blick auf die Parlamentswahlen im Oktober habe die Regierung "in allen Umfragen weit geführt", so der Leiter des Regionalprogramms im Südkaukasus.

Das umstrittene Gesetz schlägt in Georgien weiter hohe Wellen.

02.05.2024 | 02:27 min
Auch habe es Schlüsselmomente gegeben, etwa den Kandidatenstatus der EU, den das Land erhalten habe, die den Eindruck erweckten, dass jahrelange Gräben für "einen Moment lang zugeschüttet waren".
Das Gesetz, das im März vergangenen Jahres nach Massenprotesten zunächst zurückgezogen worden war, käme nun "aus heiterem Himmel", so Malerius. Nach Einschätzung von Malerius steckt hinter den jüngsten Entwicklungen "eine Intervention von außen und zwar von Russland".
Es muss einen Anruf gegeben haben aus dem Kreml oder der Umgebung vom Kreml.
Stephan Malerius, Konrad-Adenauer-Stiftung
Malerius vermutet vor allem den georgischen Oligarchen Bidsina Iwanischwili hinter dem geplanten Gesetz. Er sei der informelle Entscheider im Land, dem nun klargemacht worden sei, dass er das Gesetz einführen solle.

Ein Gesetz spaltet Georgien: Die Regierung will den Einfluss aus dem Ausland kontrollieren, nach russischem Vorbild. Südkaukaus-Experte Marcel Röthig analysiert den Konflikt.

30.04.2024 | 16:52 min

Hofreiter: "Gibt noch ein Zeitfenster, um Einfluss zu nehmen"

Nach Einschätzung des Grünen-Politikers Anton Hofreiter hat Georgien - sollte das Parlament das Gesetz tatsächlich verabschieden - keine Chance auf einen EU-Beitritt. Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland:
Mit dem sogenannten Agentengesetz kann Georgien nicht Teil der EU werden.
Anton Hofreiter, Grüne
Noch gebe es jedoch "ein Zeitfenster, um Einfluss zu nehmen", sagte Hofreiter weiter. "Die wichtigen EU-Länder müssen jetzt deutlich machen, dass das Verhalten der georgischen Regierung nicht geht, und sie müssen darauf drängen, den Einfluss von Oligarchen zu begrenzen. Insgesamt müssen sie die 80 Prozent der georgischen Bevölkerung, die für den EU-Beitritt sind, unterstützen."

Dritte Lesung für Annahme von Gesetz notwendig

Das Parlament in Georgien hatte am Mittwoch - überschattet von schweren Protesten - in zweiter Lesung das umstrittene Gesetz angenommen.
Für die Annahme des Gesetzes sind drei Lesungen notwendig. Regierungschef Irakli Kobachidse hat bereits angekündigt, die dritte Lesung in zwei Wochen abzuhalten. Weitere zwei Wochen später werde das Parlament dann das zu erwartende Veto von Präsidentin Salome Surabischwili gegen das Gesetz überstimmen.
Quelle: dpa, ZDF

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