: Wie New York Büros zu Wohnraum macht

von Susanne Lingemann, New York
24.03.2024 | 15:40 Uhr
Wohnungen sind knapp und teuer in New York City - doch rund die Hälfte der Büroräume steht leer. Die Idee: durch Umwandlung Millionen Quadratmeter neuen Wohnraum schaffen.
New York City - eine Mega Metropole mit großer Wohnungsnot. Ist nun eine erste Lösung gefunden?Quelle: ZDF
Im Finanzdistrikt von New York City werden seit 1995 kommerzielle Gebäude in Wohnungen umgerüstet, so sind rund 1,8 Millionen Quadratmeter Wohnraum in ehemaligen Firmenhäusern entstanden und machen das Viertel familienfreundlich. Eine Transformation, die stetig weitergeht - und auch andere Städte auf der Welt verändern könnte.

Wohnen im ehemaligen Goldman Sachs-Hauptquartier

55 Broad Street, ein 30-Stockwerk hohes Gebäude aus den sechziger Jahren, in der Nähe der New Yorker Börse gelegen, war bis 1983 das Hauptquartier von Goldman Sachs. Es ist veraltet, wirkt dunkel und wuchtig, unattraktiv für solche, die moderne Büros wollen - kurz: ein Verlustgeschäft für die Eigentümer.
Letztes Jahr wurde das Haus für 172 Millionen Dollar verkauft. Nach dem Umbau werden Ende 2025 laut Plan 571 Wohnungen bezugsfertig sein.

Im Stadtviertel Skid Row in Los Angeles leben zehntausende Obdachlose und täglich wächst die Zahl. Es fehlt bezahlbarer Wohnraum. Die Programme der Stadt reichen nicht aus.

24.01.2024 | 09:07 min

Umbau ist teuer - lohnt sich das?

Die Umrüstungskosten sind hoch. Stellt sich die Frage: Warum nicht abreißen und neu bauen? Doch der Experte sagt, ein Umbau lohne sich auf jeden Fall:
Ein Neubau hätte rund ein Viertel weniger Nutzfläche, also weniger Apartments und so geringere Mieteinnahmen.
John Cetra, Architekt der Umwidmung in New York
New York hat baurechtliche Bestimmungen für ehemalige Bürohäuser geschaffen, die fensterlose - aber belüftete - Räume als Homeoffice erlauben. Bis zu 45 Prozent der Wohnungsfläche können fensterlose Räume sein. Viele davon werden wohl als Schlafzimmer genutzt.

Nachbarschaften sollen junge Menschen anziehen

Die meisten neu geschaffenen Wohnungen in New York City sind kleine Studios für junge Leute. "Wir bauen vertikale Communities," meint Cetra. So soll eine ganze Etage Workspaces, Health Club, Lounges, Wellness-Räumen bieten. Für die Dachterrasse sind Swimmingpool und Grillstationen geplant. Platz, um zusammenzuarbeiten und Freunde zu finden.

Die Bundesregierung tut nach Einschätzung des Europarats zu wenig gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Die Ungleichheit stehe in keinem Verhältnis zum Reichtum des Landes.

19.03.2024 | 01:32 min

Was kostet eine Wohnung in New York zur Miete?

John Cetra zeigt uns ein ehemaliges Büro in der Nachbarschaft, das seit 2017 bewohnt ist. Auf dem Dach lockt es jetzt mit einer Terrasse mit Work Lounge und Fitness Center für die Mieter.
Die Mieten im Gebäude orientieren sich am Markt: 3.500 Dollar für ein Studio-Apartment bis 11.000 Dollar für eine Wohnung mit zwei Schlafzimmern und zwei fensterlosen Homeoffice-Räumen.
Umwandlungen rechnen sich meist nur in Lagen mit hohen Mieten und wenn der Besitzer des Gebäudes gezwungen ist, zu Tiefpreisen zu verkaufen.
Stijn Van Nieuwerburgh, Professor für Real Estate an der Columbia University
Für Mieter mit weniger Budget bedeutet das vor allem: Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, so Van Nieuwerburgh, seien staatliche Subventionen notwendig.
Eine Wohnung nach dem Umbau: Neben dem Pool eine Co-Working Lounge, darüber ein Penthouse Apartment. Von der Terrasse der Blick auf den East River.Quelle: ZDF

CO2 einsparen durch nachhaltige Stadtplanung

Im New Yorker Stadtrat soll diesen Herbst eine Verordnung verabschiedet werden, die Büroraum-Konversionen erleichtern und entbürokratisieren soll.
Denn Umbauten sind auch besser für die Umwelt. Ein Forschungsbericht des Unternehmens Arup, was sich weltweit mit nachhaltigen Entwicklungen befasst, zeigt, dass die Umwandlung von 220 Bürogebäuden in Wohnungen in New York bis 2050 zu einer Verringerung der Kohlenstoffemissionen um 54 Prozent führen würde.

Pilotprojekt auch für Deutschland?

Auch Deutschland kennt das Problem Wohnungsknappheit nur zu gut und nach der Pandemie sind immer noch viele Büros fast leer. Könnten also auch hier bald ehemalige Büroflächen zu Wohnungen werden? Absolut, meint Van Nieuwerburgh.

Bezahlbarer Wohnraum fehlt überall und der Bau neuer Wohnungen kommt nicht voran. In Berlin werden Mieter wegen Eigenbedarfs gekündigt, in Mülheim an der Ruhr setzt sich die Stadt für bezahlbaren Wohnraum ein.

09.03.2024 | 05:00 min
Nach der Finanzkrise 2009 wurden in den Niederlanden Tausende Bürogebäude von der Regierung umgewandelt, sodass innerhalb von zehn Jahren etwa 100.000 neue Wohneinheiten entstanden. "Das kann auf jeden Fall auch in Europa funktionieren."

Stadtviertel sind jetzt lebenswerter

Im New Yorker Finanzdistrikt leben heute 66.000 New Yorker - fast fünfmal mehr als 1990. Das Viertel - damals nach Arbeitsschluss verlassen - ist heute voller Leben.
"Der Finanzdistrikt ist ein lebendiges Viertel geworden. Man sieht Leute, die ihre Hunde ausführen, Eltern mit Kinderwagen, die in Restaurants gehen. Neue Geschäfte, die aufmachen", meint Architekt Cetra. Eine Chance für Städte sich neu zu erfinden. Eine Transformation.

Themen

Mehr zu New York

Mehr zum Wohnen in Deutschland