: Wie die Ukraine neue Soldaten rekrutiert

von Henner Hebestreit
05.04.2024 | 13:43 Uhr
Im Ukraine-Krieg fehlt es Kiew nicht nur an Munition. Der ukrainischen Armee mangelt es auch an frischem Personal. Mit neuen Methoden soll nun Verstärkung rekrutiert werden.

Viele ukrainische Soldaten sind erschöpft, da sie bereits seit Kriegsbeginn im Einsatz sind. Es fehlt jedoch an Ersatz, denn es können kaum neue Streitkräfte rekrutiert werden.

05.04.2024 | 01:37 min
In der Ukraine gehören sie inzwischen zum Alltagsbild: Gruppen von drei bis vier Männern und Frauen in Uniform, die mit Tablets durch die Straßen streifen und Männer im wehrfähigen Alter nach ihren Militärpapieren fragen. Auch Wiktor Zawjalow vom Mobilisierungszentrum in Kiew ist Teil einer solchen Militärstreife.
Ganz ehrlich, das ist jetzt leider nicht der angenehmste Job der Welt, aber angesichts der russischen Aggression muss es sein.
Wiktor Zawjalow, Angestellter im Mobilisierungszentrum Kiew
Wiktor und sein Trupp haben an diesem Morgen schon mehrere Männer angehalten und darauf hingewiesen, dass man unter bestimmten Umständen der Armee beitreten müsse, damit Kameraden, die seit über zwei Jahren im Abwehrkampf gegen Russlands Armee den Kopf hinhalten, abgelöst werden können.

Die Ukraine steht an fast allen Frontabschnitten unter Druck: Ihre Soldaten kämpfen nicht nur gegen eine immense Übermacht der russischen Armee, sondern auch gegen Kriegsmüdigkeit.

13.02.2024 | 07:56 min

Kontrollstreifen sind keine Greiftrupps in Uniform

Auch wenn Wiktor und seine Kameraden von der Streife schon bestimmt auftreten, wehren sie sich gegen den Eindruck, sie würden junge Männer direkt in den Krieg schicken, wie es in sozialen Medien offenbar hartnäckig behauptet wird. "Die Leute haben im Internet gesehen oder irgendwo gelesen, dass wir Männer massenhaft in Busse packen", so Wiktor. Er könne versichern, dass niemand mit Gewalt irgendwo hingebracht wird.
Wenn jemand nicht kämpfen will, wird er das auch nicht tun, wenn man ihn in die Schlacht peitscht.
Wiktor Zawjalow, Angestellter im Mobilisierungszentrum Kiew
Tatsächlich hat die Ukraine mit Anbruch des dritten Kriegsjahres ein Problem: Neben Munition mangelt es ihr auch an frischen Kräften für die Truppen. Das Land hat allein von der Einwohnerzahl her weniger Soldaten zur Verfügung als der russische Aggressor mit einem offenbar unerschöpflichen Reservoir frischer Kräfte, die teils rücksichtslos in die Schlacht geschickt werden.

Kostenlose Trainingscamps, umfassende Werbekampagnen: Die Ukraine ringt um Ersatz für gefallene Soldaten. Doch viele junge Ukrainer fürchten sich vor einem Einsatz.

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Selenskyj hat das Mindestalter für Rekruten gesenkt

Weil die Anzahl an Kriegsfreiwilligen in der Ukraine inzwischen deutlich zurückgegangen ist, hat Präsident Selenskyj in diesen Tagen ein Gesetz unterschrieben, das er seit Mai letzten Jahres immer wieder zurückgewiesen hatte: Es geht um die Absenkung des Einberufungsalters von 27 auf 25 Jahre.
Die Hoffnung, ausreichend Verstärkung zu finden, wurde zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe erklärt und ist auch eine Angelegenheit für zivile Agenturen.

Mit zwei Gesetzen zur Mobilmachung will die Ukraine die Armee verstärken. Nach fast zwei Jahren an der Front hofften viele Soldaten auf Entlastung, so ZDF-Reporterin Alica Jung.

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Rekrutierung mit modernen Mitteln

Das Modell sei so aufgebaut, dass die Mitarbeiter in den Rekrutierungsstellen Zivilisten sind, erklärt Oleksiy Bezhevez vom ukrainischen Verteidigungsministerium. "Die Truppenteile können selbstständig freie Stellen ausschreiben, über die sich Interessierte dann erst einmal grundlegend informieren können."
Denn bei der Rekrutierung gehe es erstmal darum, dass sich Menschen freiwillig für einen passenden Platz in der Armee entscheiden, versichert er. Junge Menschen sollen überzeugt werden, dass es sinnvoll ist, sich den Verteidigern des Landes anzuschließen:
Wir erinnern sie immer wieder daran, dass wenn die Front zusammenbricht, weil unsere Soldaten nicht mehr können, es nur eine Frage der Zeit ist, bis der Feind in Kiew steht.
Wiktor Zawjalow, Angestellter im Mobilisierungszentrum Kiew
Der 32-jährige Jewhen Holod, den Wiktor und seine Kollegen nach den Wehrpapieren gefragt haben, kann sich vorstellen, Dienst an der Waffe zu tun: "Weil ich Waisenkind bin, wurde ich nie einberufen, wenn sie mich trotzdem brauchen, werde ich darum bitten, unseren Jungs helfen zu dürfen."
Mir macht das keine Angst. Denn wenn es mich treffen soll, dann kann das auch passieren, wenn ich mich in einem Keller verstecke.
Jewhen Holod, ukrainischer Zivilist
Es ist ein mühsamer Weg, jeden Einzelnen zu überzeugen - in einer demokratischen Gesellschaft aber wohl erfolgversprechender, wenn die Rekruten wissen, warum sie ihr Leben an der Waffe riskieren.
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