: China: "Wiedervereinigung" trotz Taiwan-Wahl

13.01.2024 | 19:13 Uhr
Obwohl der chinakritische William Lai die Wahl in Taiwan gewonnen hat, will China seinen Kurs im Streit mit dem Inselstaat nicht ändern. Die USA gratulierten dem Wahlsieger.

William Lais habe im Wahlkampf die "größte Distanz zu Peking" gesucht, so Miriam Steimer. Das Verhältnis zwischen China und Taiwan werde sich durch die Wahl weiter verschärfen.

13.01.2024 | 01:13 min
Nach dem Sieg William Lais bei der Präsidentschaftswahl in Taiwan sieht China keinen Grund für einen Kurswechsel in den Beziehungen zu dem Inselstaat.
Diese Wahl könne den generellen Trend hin zu einer "unausweichlichen Wiedervereinigung" mit dem Festland nicht verändern, teilte der Sprecher des Büros für Taiwan-Angelegenheiten, Chen Binhua, am späten Samstagabend (Ortszeit) in Peking mit. Taiwan gehöre zu China.
Die Ergebnisse der beiden Wahlen zeigen, dass die Demokratischen Fortschrittspartei nicht in der Lage ist, die vorherrschende öffentliche Meinung zu repräsentieren.
Chen Binhua, Sprecher des chinesischen Büros für Taiwan-Angelegenheiten

Wahlsieger William Lai auf Hilfe anderer Lager angewiesen

Lai siegte am Samstag mit rund 40 Prozent der Stimmen. Seine Fortschrittspartei verlor allerdings die absolute Mehrheit im Parlament und ist nun bei politischen Vorhaben auf die Hilfe anderer Lager angewiesen. Die Partei steht für eine Unabhängigkeit Taiwans, wenngleich Lai diese nach eigenen Worten nicht erklären will.
Peking sieht darin Separatismus: Die Kommunistische Partei zählt Taiwan zum Territorium Chinas, obwohl sie die Insel im Indopazifik bislang nie regierte und Taiwan seit Jahrzehnten eine unabhängige, demokratisch gewählte Regierung hat.

China-Taiwan-Konflikt

1912 wurde die "Republik China" ausgerufen. Ihr Staatsgebiet umfasste damals ganz China - das Festland und seit 1945 auch Taiwan. Nach dem chinesischen Bürgerkrieg 1949 hatte die Kommunistische Partei auf dem chinesischen Festland die Macht errungen und die "Volksrepublik" ausgerufen. Die unterlegene Kuomintang zogen sich nach Taiwan zurück. Als Resultat des Bürgerkrieges bestehen bis heute zwei separate chinesische Staaten: zum einen die sozialistische Volksrepublik China und zum anderen die von nur wenigen Staaten als eigenständig anerkannte demokratische Republik China (Taiwan). Die Volksrepublik betrachtet Taiwan, obwohl sie die Insel faktisch nie beherrscht hat, als Bestandteil des chinesischen Territoriums. Peking hält am "Ein China-Prinzip" fest. Nach dieser Doktrin der Kommunistischen Partei Chinas gibt es nur ein einziges China - inklusive Taiwan, Hongkong und Macau. Die Republik China (Taiwan) wiederum betrachtet sich selbst als souveränen Staat, von dem sich die Volksrepublik abgespalten habe.
Die Behörde auf Taiwan, die Angelegenheiten mit Festlandchina regelt, forderte China am Samstagabend auf, das Wahlergebnis zu respektieren und sich der neuen Lage in den Beziehungen der beiden Staaten nach der Wahl zu stellen. Der Rat rief China auch zu einem Dialog ohne Bedingungen auf, um in der Region für Stabilität zu sorgen.

Morgen finden in Taiwan die Präsidentschaftswahlen statt. Wichtigstes Thema ist der Umgang mit dem übermächtigen Nachbarn China, der den Inselstaat als abtrünnige Provinz sieht.

12.01.2024 | 01:37 min

USA gratulieren Wahlsieger William Lai

Die USA gratulierten derweil dem Wahlsieger William Lai. Das taiwanische Volk habe mit der Wahl einmal mehr die Stärke seines robusten demokratischen Systems und seines Wahlprozesses unter Beweis gestellt, teilte das US-Außenministerium am Samstag in Washington mit.
Man freue sich darauf, mit Lai und den Spitzen aller Parteien zusammenzuarbeiten, um "gemeinsame Interessen und Werte" voranzubringen und die langjährigen inoffiziellen Beziehungen im Einklang mit der Ein-China-Politik zu fördern.
Washington fühle sich der Wahrung des Friedens und der Stabilität an der Straße von Taiwan verpflichtet, erklärte Außenminister Antony Blinken. US-Präsident Joe Biden sagte auf eine Frage zur Haltung der US-Regierung zu Taiwan: "Wir unterstützen keine Unabhängigkeit."

Der Machtkampf im Indopazifik hält an: China erhebt Ansprüche auf Gebiete und droht Taiwan. Die USA und westliche Nationen versuchen, Chinas Macht in der Region einzudämmen.

04.06.2023 | 01:33 min

EU nennt Lai nicht namentlich

Die EU gratulierte unterdessen allen Wählerinnen und Wählern in Taiwan, "die an dieser demokratischen Übung teilgenommen haben" - ohne Wahlsieger Lai namentlich zu nennen. Taiwan und die EU vereine das Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten.
Ein Sprecher des Außenbeauftragten Josep Borell erklärte in Anspielung auf die Machtansprüche Chinas:
Die EU ist nach wie vor besorgt über die wachsenden Spannungen in der Straße von Taiwan und lehnt jeden einseitigen Versuch ab, den Status quo zu ändern.
Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borell
Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), gratulierte Lai zur Wahl. Taiwan habe "abermals gezeigt, wie stark seine Bürgerinnen und Bürger der freiheitlichen Demokratie verpflichtet sind", schrieb Roth im Onlinedienst X, vormals Twitter. Auch der Außenexperte Jürgen Hardt (CDU) gratulierte Lai im Namen der Unionsfraktion im Bundestag zu seinem "überzeugenden Sieg".
Quelle: dpa, AFP

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