: China: Erkennen Ex-Sowjetstaaten an

24.04.2023 | 14:45 Uhr
Mit seiner Aussage zur Souveränität der Ex-Sowjetstaaten sorgt ein chinesischer Botschafter für Empörung. Peking beschwichtigt - und bekräftigt die Anerkennung der Souveränität.
Chinas Botschafter in Paris, Lu Shaye, hat die Unabhängigkeit der Ex-Sowjetstaaten infrage gestellt. Quelle: Imago
Die chinesische Regierung hat nach kontroversen Aussagen ihres Botschafters in Frankreich deutlich gemacht, dass sie die Souveränität der ehemaligen Sowjetrepubliken anerkenne. Die Position Chinas sei "beständig und klar", sagte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, am Montag:
China respektiert den souveränen Status der früheren Sowjetrepubliken nach der Auflösung der Sowjetunion.
Mao Ning, chinesisches Außenministerium
Sie nahm damit de facto Abstand von den Äußerungen des Botschafters Lu Shaye, ohne diese allerdings dezidiert als falsch zu bezeichnen.

Botschafter stellte Souveränität der Ex-Sowjetstaaten infrage

Lu hatte gegenüber dem französischen Sender LCI auf die Frage nach dem Status der Krim die Souveränität der Ex-Sowjetstaaten infrage gestellt:
Mit Blick auf das Völkerrecht haben selbst diese Länder der ehemaligen Sowjetunion nicht den Status - wie sagt man - der im Völkerrecht effektiv ist, weil es kein internationales Abkommen gibt, um ihren Status als souveränes Land zu konkretisieren.
Lu Shaye, chinesischer Botschafter in Frankreich
Diese Worte hatten für Empörung gesorgt, vor allem vor dem Hintergrund, dass der russische Präsident Wladimir Putin die Souveränität der Ukraine nicht anerkennt, und die Unabhängigkeit der baltischen Staaten und deren Rolle in der Nato als Bedrohung betrachtet.

Baltenstaaten bestellen chinesische Botschafter ein

Die drei baltischen Staaten haben zu dieser Causa jeweils ihre chinesischen Botschafter einbestellt. Die Diplomaten würden aufgefordert zu erklären, ob sich Chinas Position zur Unabhängigkeit der Baltenstaaten geändert habe, sagte litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis.
Zudem würden die chinesischen Diplomaten daran erinnert, "dass wir keine post-sowjetischen Staaten sind, sondern Länder, die illegal von der Sowjetunion besetzt wurden".

Estland, Lettland und Litauen ...

... waren im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Deutschland besetzt. Nach Kriegsende wurden die drei kleinen Ostseestaaten im Nordosten Europas gegen ihren Willen jahrzehntelang zu Sowjetrepubliken. Erst 1991 erhielten sie ihre Unabhängigkeit zurück, seit 2004 gehören sie EU und Nato an.
Landsbergis schrieb auf Twitter, niemand müsse sich mehr wundern, warum die baltischen Staaten China nicht als Vermittler im Ukraine-Krieg vertrauten, wenn ein Botschafter der Volksrepublik die Krim als russisch bezeichne und die Grenzen der Ex-Sowjetstaaten infrage stelle.
Litauens Außenminister Landsbergis auf Twitter
Landsbergis' estnischer Kollege Margus Tsahkna äußerte ebenfalls sein Unverständnis und forderte eine Erklärung. Es sei klar, dass Lettland, Litauen und Estland unabhängige und souveräne Länder sowie Mitglieder in EU und Nato seien, sagte der Außenminister.

Roth fordert Ausweisung des Botschafters in Frankreich

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), hat indes gemeinsam mit dutzenden Abgeordneten aus Europa die Ausweisung des chinesischen Botschafters aus Frankreich gefordert.
Wie die Unterzeichner eines offenen Briefes in der französischen Zeitung "Le Monde" am Sonntag ausführten, zielten die "inakzeptablen Äußerungen" Lus über Staaten der ehemaligen Sowjetunion darauf ab, "die Grundprinzipien diplomatischer Beziehungen" zu untergraben.

Abgeordnete: Äußerungen eine "große Beleidigung"

Die Äußerungen seien eine "große Beleidigung der Geschichte, der Kultur und der grundlegenden Integrität" der angesprochenen Nationen. Es sei nicht Sache Chinas oder eines anderen Staates, "die Souveränität anderer infrage zu stellen".
Insbesondere im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine sei es zwingend, dass demokratische Nationen eine unmissverständliche Botschaft an autoritäre Staaten sendeten, um die Souveränität ihrer Verbündeten zu verteidigen.
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Die Unterzeichner, zu denen neben Roth auch die Vize-Präsidentin des Europaparlaments Nicola Beer und der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer gehören, forderten die französische Außenministerin Catherine Colonna deshalb dazu auf, Lu zur "unerwünschten Person" zu erklären.
Quelle: AP, AFP

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