: China ruft zu Waffenruhe in der Ukraine auf

24.02.2023 | 07:31 Uhr
China hat seinen angekündigten Friedensplan für die Ukraine vorgestellt. In dem Papier fordert Peking eine Waffenruhe und Friedensgespräche. Der Vorstoß sorgt für Skepsis.
Das Ministerium von Chinas Chef-Außenpolitiker Wang Yi hat einen Friedensplan für die Ukraine vorgelegt.Quelle: reuters
China hat zu einem Waffenstillstand im Ukraine-Krieg aufgerufen. In einem mit Spannung erwarteten Zwölf-Punkte-Papier, das am Freitag vom Außenministerium in Peking veröffentlicht wurde, wird auch eine sofortige Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland gefordert. "Dialog und Verhandlungen sind die einzig machbare Lösung für die Ukraine-Krise", heißt es in dem Papier, das mit "Position Chinas zur politischen Lösung der Ukraine-Krise" überschrieben ist.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte den chinesischen Vorschlag schon vor dessen Veröffentlichung begrüßt und von "einem wichtigen ersten Schritt" gesprochen.

ZDF-Korrespondentin: Waffenruhe mit "glasklarer Bedingung"

Die von China geforderte Waffenruhe komme mit einer "ganz glasklaren Bedingung", sagt ZDF-Korrespondentin Elisabeth Schmidt zu dem Vorstoß. Peking fordere, die westlichen Sanktionen gegen Russland auf der Stelle zu beenden. China wende sich auch gegen den Einsatz von Atom-, Chemie- oder biologischen Waffen, so Elisabeth Schmidt. "Das ist schon eine kleine Warnung an Russland, diesen Krieg nicht weiter zu eskalieren."

ZDF-Korrespondentin Elisabeth Schmidt zu Chinas Positionspapier für Frieden in der Ukraine.

24.02.2023 | 02:47 min
Aber bei genauerer Betrachung dieser zwölf Punkte "fallen vor allem die Spitzen gegen die USA und die Nato auf". So heiße es, man solle nicht weiter Öl ins Feuer gießen - diese Formulierung etwa ziele auf die Waffenlieferungen der USA an die Ukraine. China bediene sich vieler Floskeln der russischen Propaganda.
Ein Friedensplan ist dieser Friedensplan nicht. China ist auch überhaupt kein neutraler Vermittler in dieser Rolle. China hat kein Interesse daran, dass Russland - sein enger Freund und Partner - geschwächt aus diesem Krieg hervorgeht.
Elsabeth Schmidt, ZDF-Korrespondentin
Russland habe - das merke auch China - in den letzten Monaten militärisch auf ganzer Linie enttäuscht. "China braucht Putin als starken Partner gegenüber dem Westen." Auch sei die wirtschaftliche Verflechtung einfach zu groß, dass man sich gegenseitig einfach fallen lassen würde.
Sicherheitsexpertin Claudia Major sagt im ZDF-Morgenmagazin, jeder Plan sei zunächst einmal positiv. Allerdings unterstütze China Russland und dieser Vorstoß beantworte nicht die Frage: "Wie kriegt man Russland an den Verhandlungstisch bekommt, wenn es kein Interesse an Verhandlungen hat?"

Sicherheitssexpertin Claudia Major im ZDF-Morgenmagazin - das ganze Interview.

24.02.2023 | 05:30 min

China als Vermittler? Außenpolitiker Roth und Röttgen skeptisch

Auch aus der Politik kommt Skepsis an Chinas Vorstoß: So setzt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth, wenig Hoffnung in die Friedensinitiative. "Die Chinesen verhalten sich in diesem Krieg nicht neutral, sondern unterstützen Russland politisch und wirtschaftlich", sagt der SPD-Politiker der Nachrichtenseite ntv.de. Peking könne Putin zu einem Einlenken in der Ukraine bewegen, wenn es wolle, doch er bezweifle, dass dieser Wille vorhanden sei.

Chinas Friedensplan für die Ukraine: Eckpunkte im Überblick

Zum Jahrestag des russischen Angriffs hat China am Freitag ein Positionspapier zur Beendigung des Krieges gegen die Ukraine vorgelegt. Ein Überblick über die wesentlichen Inhalte des Zwölf-Punkte-Plans:

Souveränität wahren

"Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder muss wirksam gewahrt werden", heißt es in Punkt eins des Dokuments. Was das im Fall der Ukraine bedeutet, die von Russland überfallen wurde, wird nicht ausgeführt.

Verhandlungen aufnehmen

Peking fordert Moskau und Kiew auf, wieder Friedensgespräche zu führen. "Dialog und Verhandlungen sind die einzig praktikable Lösung", heißt es in dem Papier. Von der internationalen Gemeinschaft verlangt China, "den Konfliktparteien dabei zu helfen, so schnell wie möglich die Tür zu einer politischen Lösung zu öffnen, und Bedingungen und Plattformen für die Wiederaufnahme von Verhandlungen zu schaffen".

Keine Atomwaffen

Das Papier warnt davor, Atomwaffen einzusetzen oder damit zu drohen. "Die Verbreitung von Atomwaffen muss verhindert und eine nukleare Krise vermieden werden", heißt es. Des Weiteren lehnt Peking "die Erforschung, Entwicklung und den Einsatz chemischer und biologischer Waffen durch jedes Land unter allen Umständen ab" und ruft die Kriegsgegner auf, "das humanitäre Völkerrecht strikt einzuhalten und Angriffe auf Zivilisten oder zivile Einrichtungen zu vermeiden".

Abkehr von der "Mentalität des Kalten Krieges"

Peking appelliert an alle Parteien, "die Mentalität des Kalten Krieges aufzugeben". Indirekt kritisiert die chinesische Führung die Nato, wenn sie erklärt, dass "die Sicherheit einer Region nicht durch die Stärkung oder Erweiterung von Militärblöcken erreicht werden sollte" und dass "die legitimen Sicherheitsinteressen und -anliegen aller Länder ernst genommen werden müssen".

Das chinesische Außenministerium verurteilt die USA und ihre Verbündeten immer wieder wegen der Waffenlieferungen an die Ukraine und wirft ihnen vor, damit zu den Stellvertreterkonflikten aus der Zeit des Kalten Krieges zurückzukehren. Das Papier missbilligt auch die Sanktionen des Westens gegen Russland. Diese würden "das Problem nicht lösen, sondern nur neue Probleme schaffen".

Wirtschaftliche Folgen begrenzen

In mehreren Punkten befasst sich das Dokument damit, wie die Weltwirtschaft vor den weitreichenden Auswirkungen des Krieges geschützt werden kann. China forderte alle Beteiligten auf, die Schwarzmeer-Getreide-Initiative aufrechtzuerhalten, um den Transport lebenswichtiger Güter zu ermöglichen. Außerdem mahnt die chinesische Regierung, "die Industrie- und Versorgungsketten stabil zu halten" und "sich dagegen zu wehren, die Weltwirtschaft als Waffe für politische Zwecke zu nutzen".

Skepsis bei Experten und Politik

Sicherheitsexpertin Claudia Major bemängelt, dass Chinas Vorschläge am Ziel vorbeigehen. Daraus gehe nicht hervor, wie man Russland an den Verhandlungstisch kriegen solle. Zudem unterstütze China Russland weiterhin. Und ZDF-Korrespondentin Elisabeth Schmidt analysiert in Peking: "China hat kein Interesse daran, dass Russland - sein enger Freund und Partner - geschwächt aus diesem Krieg hervorgeht." Auch CDU-Außenpolitiker Röttgen erwartete Chinas Vorstoß skeptisch: "Das ist eine politische Parteinahme. Und sie verfolgen damit eigene Interessen."

Quelle: AFP, ZDF

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen bewertet Chinas Vorschlag als "geschickten Schachzug, sich als Friedensmacht zu präsentieren". Er diene lediglich dazu, "die eigene Reputation zu polieren", sagte Röttgen bei "Markus Lanz".
Die Bemühungen Chinas, sich mit Vorschlägen stärker einzubringen, waren bereits zuvor mit Skepsis betrachtet worden, da China den russischen Angriffskrieg bis heute nicht verurteilt hat. In dem Dokument heißt es:
Alle Parteien sollten Russland und die Ukraine unterstützen, in die gleiche Richtung zu arbeiten und letztendlich einen umfassenden Waffenstillstand zu erreichen.
Regierung China
"Konflikt und Krieg dienen niemandem. Alle Parteien müssen rational bleiben, Zurückhaltung üben und vermeiden, die Flammen anzufachen, und verhindern, dass sich die Krise weiter verschlechtert oder sogar außer Kontrolle gerät."

China: Grundsätze der Vereinten Nationen beachten

Verlangt werden das Ende der westlichen Sanktionen gegen Russland, Maßnahmen zur Sicherung von Atomanlagen, die Einrichtung humanitärer Korridore zur Evakuierung von Zivilisten sowie Schritte, um den Export von Getreide sicherzustellen.
Auch fordert China, dass die Grundsätze der Vereinten Nationen streng beachtet werden müssten. "Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder muss wirksam aufrechterhalten werden", heißt es im ersten Punkt des Papiers, was Beobachter häufig auf die ursprünglichen Grenzen der Ukraine beziehen.

China habe zu befürchten, dass sein Positionspapier von den Vereinten Nationen "gar nicht wirklich ernst genommen wird", so ZDF-Korrespondent Johannes Hano vor der Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York.

24.02.2023 | 02:02 min
Gleichzeitig wird darin aber auch gefordert, dass die "legitimen Sicherheitsinteressen aller Länder ernst genommen" werden müssten. Hinter dieser Formulierung sehen Diplomaten einen klaren Hinweis auf die Argumentation Russlands, sich gegen die USA und die Nato verteidigen zu müssen.
Seit Beginn der Invasion Russlands in der Ukraine vor einem Jahr hatte China dem russischen Präsidenten Wladimir Putin immer Rückendeckung gegeben und die USA und die Nato als eigentliche Verursacher der Krise beschrieben.
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Quelle: dpa, AP, Reuters, ZDF

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