: Was darf das Bundeskriminalamt?

von Moritz Flocke
20.12.2023 | 18:51 Uhr
Das Bundesverfassungsgericht verhandelt darüber, wie das BKA vorgehen darf. Konkret geht es um die Voraussetzungen von Datensammlung und Datenaustausch der Behörden.

Das Bundesverfassungsgericht überprüft das BKA-Gesetz. Das räumt der Sicherheitsbehörde weitreichende Befugnisse ein. Die Kläger sehen die individuellen Freiheitsrechte bedroht.

20.12.2023 | 01:31 min
Sicherheit versus Freiheit, darum ging es am Mittwoch am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Das konnte man bereits an den Namen der Beteiligten erkennen. Anwesend war zum einen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), zuständig für innere Sicherheit.
Auf der anderen Seite die "Gesellschaft für Freiheitsrechte" (GFF), ein gemeinnütziger Verein, der sich für die Stärkung von Grundrechten einsetzt. Im Mittelpunkt stand das Bundeskriminalamt (BKA), genauer gesagt das Gesetz, welches die Befugnisse der Behörde regelt - das BKA-Gesetz.

Abhörmaßnahmen und verdeckte Ermittler

Es erlaubt dem BKA zahlreiche Überwachungsmaßnahmen. So können zum Beispiel in Verdachtsfällen Abhörmaßnahmen oder verdeckte Ermittler eingesetzt werden.

Über die Frage, wie weit das Bundeskriminalamt bei der Überwachung von Bürgern und dem Umgang mit ihren Daten gehen darf, hat am Mittwoch das Bundesverfassungsgericht verhandelt.

20.12.2023 | 02:30 min
Ziel ist die Bekämpfung von Terrorismus. Bereits 2016 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass diese Mittel nur unter bestimmten Voraussetzungen angewendet werden dürfen. Das BKA-Gesetz wurde daher nachgebessert.
Doch diese Änderungen reichen der Gesellschaft für Freiheitsrechte nicht. Bijan Moini von der GFF erklärt:
Die Polizei hat natürlich ein Interesse daran, möglichst viele Menschen zu überwachen. Und möglichst viele Menschen haben Interesse daran, nicht überwacht zu werden. Und das zusammenzubringen ist schwierig.
Bijan Moini, Gesellschaft für Freiheitsrechte
Moini sagt weiter: "Aber wir verlangen der Polizei eben ab, dass sie im Einzelfall begründen kann, warum eine Person wirklich überwacht wird."

Kontakt zu Verdächtigem reicht aus

Eine Überwachung kann sogar dann schon geschehen, wenn jemand nur Kontakt zu einer verdächtigen Person hat. Dann erfolgt zum Beispiel ein schlichter Eintrag in eine Polizeidatenbank.
Dazu erklärt Moini, dass Betroffene teils öffentlich stigmatisiert würden, so verpassten sie Termine, Maßnahmen der Polizei würden härter, Folgen für den Job seien denkbar. Dabei würden die Menschen oft gar nicht wegen der Straftaten verurteilt. Wer häufiger kontrolliert werde, lande zudem öfter in Datenbanken, sagte Moini zudem in Bezug auf Menschen mit ausländischem Aussehen.

Datenaustausch innerhalb der Polizeibehörden

Daneben spielte am Bundesverfassungsgericht am Mittwoch der Austausch von Daten innerhalb der Polizeibehörden eine Rolle. Dabei handelt es sich um die sogenannte "Datenweiterverarbeitung im polizeilichen Informationsverbund". Dieser soll den Informationsaustausch innerhalb der deutschen Polizeibehörden sicherstellen.

Innenministerin Faeser will angesichts der Bedrohung durch russische Staatshacker das BKA stärken. Gegen Firmen, die Cyberangriffe unterstützen, müsse es Sanktionen geben.

30.03.2023 | 02:40 min
Bundesinnenministerin Faeser argumentierte, dass der Datenaustausch der Sicherheit der Bevölkerung diene. Dieser Austausch sei eine Lehre aus dem Fall um die Rechtsterroristen-Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU). Sie verteidigte das Gesetz als verfassungskonform. Die Polizeibehörden müssten mit den Entwicklungen Schritt halten, um effektiv ermitteln zu können. Das BKA-Gesetz sehe zahlreiche Prüfmechanismen auch im Zusammenhang mit dem Bundesdatenschutzgesetz vor, damit Daten nicht anlasslos gespeichert werden, sagte sie.
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, erklärte zu Beginn der Verhandlung, dass die Fragen den Senat einmal mehr in das Spannungsfeld zwischen dem Sicherheitsauftrag des Staates und dem Schutz individueller Freiheitsrechte führe.

Erst vor kurzem vereitelten Sicherheitsbehörden offenbar einen Anschlag der Hamas in Deutschland.

15.12.2023 | 03:23 min

Kontext: Unsichere Weltlage

Das Verfahren befindet sich im Kontext einer angespannten Sicherheitslage. Erst vor wenigen Tagen haben Sicherheitsbehörden offenbar einen Anschlag der palästinensischen Terrororganisation Hamas in Deutschland vereitelt.
Im Vorfeld der Verhandlung hatte Faeser vor Journalisten auf die aktuelle Weltlage verwiesen, die Gefahr islamistischer Terroranschläge in Deutschland und den Krieg in Europa. Es gehe um Prävention im Kampf gegen Terroristen und die organisierte Kriminalität. Eine Entscheidung ergeht erst in einigen Monaten.
Moritz Flocke ist Rechtsreferendar in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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