: AfD-Anhänger im Job: ein Kündigungsgrund?

von Oliver Klein
30.04.2024 | 16:37 Uhr
Der Diakonie-Präsident will AfD-Wähler nicht mehr als Mitarbeiter, auch viele Unternehmen distanzieren sich von der Partei. Sind politische Äußerungen ein Kündigungsgrund?
Politische Gesinnung im Job offenbaren: Darf der Chef deshalb einen Mitarbeiter entlassen?Quelle: dpa
"Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen" - die kategorische Ansage von Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch sorgt für Diskussionen. "Wer die AfD aus Überzeugung wählt, kann nicht in der Diakonie arbeiten", hatte Schuch den Zeitungen der Funke Mediengruppe erklärt. Seine Begründung: "Diese Leute können sich im Grunde auch nicht mehr zur Kirche zählen, denn das menschenfeindliche Weltbild der AfD widerspricht dem christlichen Menschenbild."
Der evangelische Wohlfahrtsverband Diakonie Deutschland zählt zu den größten Arbeitgebern in Deutschland, über 600.000 Menschen sind dort beschäftigt. Auch die beiden großen christlichen Kirchen hatten sich bereits im Frühjahr scharf von der AfD abgegrenzt. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz will künftig keine Ämter an AfD-Mitglieder mehr vergeben.

Arbeitnehmer und Konzernlenker beziehen Stellung gegen Extremismus und Fanatismus – und für die Demokratie. Auch für Deutschland als Wirtschaftsstandort steht viel auf dem Spiel.

26.02.2024 | 02:31 min

Unternehmer positionieren sich gegen AfD

Zuletzt hatten sich auch zahlreiche Unternehmer gegen die AfD positioniert. Reinhold Würth, 88 Jahre alt und Chef der Würth-Gruppe, warnte im März in einem Schreiben an seine Beschäftigten vor der AfD:
Überlegen Sie, wem Sie bei den verschiedenen Wahlen Ihre Stimme geben. Bloß wegen ein bisschen Spaß an der Freud Rabatz zu machen und aus Unmut über die Ampelregierung die AfD zu wählen, ist einfach zu wenig.
Reinhold Würth, Unternehmer
Auch etliche weitere Führungsetagen machten ihre ablehnende Haltung zur AfD öffentlich, einige warnten vor den Gefahren für den Wirtschaftsstandort Deutschland durch die Partei. Darunter: Mercedes-Benz, der Chef der Deutschen Bank Christian Sewing, Daimler-Truck-Chef Martin Daum, der Chef der Jenoptik AG Stefan Traeger, aber auch Familienunternehmer wie Stihl, Trumpf, Bosch. Auch der Verband der Familienunternehmen und Gewerkschaften positionierten sich zuletzt gegen die AfD.

Der Vorwurf von "Vaterlandsverrat und Käuflichkeit" schadet der AfD, so ZDF-Korrespondentin Diana Zimmermann. Die Koalitionsfähigkeit der Partei sei jetzt noch eingeschränkter.

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Sind politische Äußerungen ein Kündigungsgrund?

Natürlich dürfen Chefs - wie jeder andere in Deutschland - ihre Meinung frei äußern. Aber dürfen sie sich auch gegen AfD-Anhänger in ihrer Belegschaft stellen oder gar mit Kündigung drohen? Es kommt darauf an, sagt Michael Fuhlrott von der Hochschule Fresenius.
Ist ein Arbeitnehmer politisch aktiv oder bekennt er sich zu einer Partei, sei es im privaten Bereich oder im Beruf - stellt das zunächst keinen Kündigungsgrund dar.
Prof. Michael Fuhlrott von der Hochschule Fresenius
Etwas anderes gelte nur, wenn der Betriebsfrieden innerhalb des Unternehmens gestört werde, beispielsweise, wenn ein Arbeitnehmer versucht, ständig oder aggressiv andere Mitarbeiter politisch zu beeinflussen oder aufzuhetzen und es dadurch zu Konflikten kommt.

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Sonderregelungen für kirchliche Träger

Etwas anderes kann aber für Beschäftigte gelten, die bei einem kirchlichen Träger wie der Diakonie angestellt sind: "Im Kirchenarbeitsrecht werden von dem Arbeitnehmer gesteigerte Loyalitätspflichten gegenüber seinem Arbeitgeber verlangt", erklärt Fuhlrott. "Kirchenfeindliche Betätigungen, die christlichen Werten zuwiderlaufen, können arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wer beispielsweise vertritt, dass alle Flüchtlinge aus Deutschland verschwinden sollen oder wer Behinderte als Menschen zweiter Klasse ansieht, riskiert seinen Arbeitsplatz."
Viele von den Kirchen getragene Institutionen haben deshalb vergleichsweise große Entscheidungsfreiheit, wen sie beschäftigen. In der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes", die das Arbeitsrecht in der katholischen Kirche regelt, heißt es beispielsweise: "Wer sich kirchenfeindlich betätigt, wird nicht eingestellt."
Der katholische Deutsche Caritasverband, der seinerseits knapp 700.000 Menschen in sozialen Einrichtungen beschäftigt, ist nach eigenen Angaben dabei zu klären, was das alles arbeitsrechtlich bedeutet. Der Verband lehne "extremistische, fundamentalistische, rassistische, antisemitische, demokratiefeindliche, nationalistische, ausländerfeindliche Positionen entschieden ab", erklärte eine Sprecherin auf Anfrage.
Über konkrete arbeitsrechtliche Fragen als Konsequenz dieser Grundhaltung berate gerade eine Arbeitsgruppe. Eine Handreichung mit konkreten Punkten solle zeitnah veröffentlicht werden, hieß es.
Quelle: Mit Material von dpa

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