: Gauck kritisiert Zögern bei Taurus-Lieferung

07.01.2024 | 05:23 Uhr
Alt-Bundespräsident Gauck übt Kritik an Bundeskanzler Scholz bezüglich dessen Haltung zur Waffenlieferung an die Ukraine. Durch Zögern werde "die Bedrohung der freien Welt" größer.
Kann das Zögern in der Debatte um die Taurus-Lieferung nicht mehr nachvollziehen: Alt-Bundespräsident GauckQuelle: imago
Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für dessen Zögern bei der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine kritisiert.

Gauck: "Kann nicht nachvollziehen, dass wir zögern"

In einem Interview mit der Bild am Sonntag (Bams) sagte Gauck, der Kanzler müsse sich "immer wieder einmal fragen, ob er nicht hinter seinem formulierten Anspruch zurückbleibt, alles zu tun, damit Russland nicht zu einem Sieg-Frieden kommt".
Auf eine Frage nach der von der Ukraine erbetenen Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper antwortete Gauck:
Ich kenne mich im Militärischen nicht aus, aber ich habe mit Menschen gesprochen, die über das notwendige militärische Wissen verfügen. Und nach diesen Gesprächen kann ich nicht mehr nachvollziehen, dass wir zögern, diese Waffe und weitere Munition zu liefern.
Joachim Gauck
Gauck sagte weiter, Irritationen entstünden, wenn "durch das Zögern der Regierung nicht nur die Chancen der Ukraine geringer werden, sondern die Bedrohung der freien Welt größer wird".

Deutschland dürfe nicht nachlassen, die Ukraine zu unterstützen, sagt auch Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Sie fordert die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an Kiew.

02.01.2024 | 00:49 min

Rufe nach Taurus-Bereitstellung mehren sich

Taurus-Marschflugkörper haben eine Reichweite von mehr als 500 Kilometern und sind einer der modernsten Flugkörper der Luftwaffe. Die Waffen finden auch aus großen Höhen und Entfernungen ihr Ziel und können etwa Bunkeranlagen zerstören.

Diese Waffen hat Deutschland der Ukraine bereits geliefert

Gepanzerte Gefechtsfahrzeuge

  • 8 Mehrzweckfahrzeuge mit Kette Bandvagn 206 (BV206)
  • Munition für Kampfpanzer Leopard 1
  • 18 Kampfpanzer Leopard 2 A6 mit Munition (deutscher Anteil am gemeinsamem Projekt mit weiteren Leopard 2 Nutzerstaaten)
  • 40 Schützenpanzer Marder mit Munition (aus Bundeswehr- und  Industriebeständen)
  • 50 Allschutz-Transport-Fahrzeuge Dingo
  • 54 M113 gepanzerte Truppentransporter mit je 2 MG (Systeme aus Dänemark, Umrüstung durch Deutschland finanziert)
  • 118 MG3 für Leopard 2, Marder und Dachs
  • Ersatzteile für Leopard 2 und Marder

(Quelle: Bundesregierung, Stand: 17. Juli 2023)

Luftverteidigung

  • 40 Flakpanzer Gepard (zuvor: 34) inklusive ca. 6.000 Schuss Flakpanzermunition
  • 2 Luftraumüberwachungsradare TRML-4D (zuvor: 1)
  • 2 Luftverteidigungssysteme IRIS-T SLM
  • Flugkörper IRIS-T SLM
  • Luftverteidigungssystem Patriot mit Flugkörpern
  • 4.000 Schuss Flakpanzerübungsmunition
  • 55.000 Schuss Flakpanzermunition Gepard
  • 500 Fliegerabwehrraketen Stinger
  • 2.700 Fliegerfäuste Strela

(Quelle: Bundesregierung, Stand: 17. Juli 2023)

Artillerie

  • 27.230 (zuvor 24.000) Schuss 155 mm Artilleriemunition 
  • 1.184 Schuss 155mm Nebelmunition
  • 155mm Präzisionsmunition
  • 5 Mehrfachraketenwerfer MARS II mit Munition (deutscher Anteil am gemeinsamem Projekt den USA und Großbritannien)
  • Munition für Mehrfachraketenwerfer MARS II
  • 14 Panzerhaubitzen 2000 (deutscher Anteil am gemeinsamen Projekt mit den Niederlanden)
  • 20 Raketenwerfer 70mm auf Pick-up trucks mit Raketen
  • Artillerieortungsradar Cobra

(Quelle: Bundesregierung, Stand: 17. Juli 2023)

Pionierfähigkeiten

  • 5 Brücken für Brückenlegepanzer Biber (zuvor: 4)
  • 10 Brückenlegepanzer Biber (zuvor: 9)
  • 15 Bergepanzer 2
  • 2 Bergepanzer 3
  • 5 Pionierpanzer Dachs
  • 3 mobile, ferngesteuerte und geschützte Minenräumgeräte
  • 17 schwere und mittlere Brückensysteme
  • 6 Paletten Material für Kampfmittelbeseitigung
  • 12 mobile und geschützte Minenräumgeräte  
  • 4 Minenräumpanzer WISENT 1

(Quelle: Bundesregierung, Stand: 17. Juli 2023)

Schutz- und Spezialausrüstung

  • 159 Grenzschutzfahrzeuge (zuvor: 154)
  • 10 Laserzielbeleuchter IRIS-T SLM
  • 10 Störsender
  • 57 Drohnenabwehrsensoren und -jammer
  • 68 Aufklärungsdrohnen VECTOR
  • 93 Drohnensensoren
  • 40 Bandbreitenerweiterungen für elektronische Drohnenabwehrgeräte
  • 1 Frequenzscanner/Frequenzjammer
  • 32 Aufklärungsdrohnen
  • 42 mobile Antennenträgersysteme
  • 40 Laserzielbeleuchter
  • 10 Überwasserdrohnen
  • 10 Antidrohnenkanonen 
  • 28.000 Gefechtshelme
  • 125 Doppelfernrohre
  • 600 Schießbrillen
  • 1 Radiofrequenzsystem
  • 3.000 Feldfernsprecher mit 5.000 Rollen Feldkabel und Trageausstattung
  • 353 Nachtsichtbrillen 
  • 12 elektronische Drohnenabwehrgeräte 
  • 165 Ferngläser 
  • 38 Laserentfernungsmesser 
  • 6 Lkw Fahrzeugdekontaminationspunkt HEP 70 inklusive Material zur Dekontaminierung 
  • 10 Fahrzeuge HMMWV (8x Bodenradarträger, 2x Jammer/Drohnenträger)
  • 8 mobile Bodenradare und Wärmebildgeräte
  • 1 Hochfrequenzgerät inkl. Ausstattung

(Quelle: Bundesregierung, Stand: 17. Juli 2023)

Logistik

  • 32 Schwerlastsattelzüge 8x8 HX81 (zuvor: 31) und 27 Auflieger (zuvor: 23)
  • 124 LKW Zetros
  • 14 ferngesteuerte Kettenfahrzeuge THeMIS
  • 4 LKW 8x6 mit Wechselladesystem mit 20 Abrollplattformen
  • 288 Kraftfahrzeuge (Lkw, Kleinbusse, Geländewagen)
  • 179 Pick-up
  • 12 Schwerlastsattelzüge M1070 Oshkosh
  • 26 Wechselladesysteme 15t
  • 35 LKW 8x8 mit Wechselladesystem
  • 30 sondergeschützte Fahrzeuge
  • 10 Abrollplattformen

(Quelle: Bundesregierung, Stand: 17. Juli 2023)

Durchhaltefähigkeit

  • 107.712 Schuss Munition 40mm (zuvor: 83.520)
  • 2 ET/AT-Pakete Drohne VECTOR
  • 10 Einheiten Feuerleitstand für IRIS-T SLM
  • 160.000 Erste-Hilfe Kits
  • 11.000 Einheiten Gruppenverpflegung
  • 103.000 Tourniquet
  • 500 Pistolen SFP9
  • 2 Hangar-Zelte
  • 8 Gabelstapler
  • 295 Stromerzeuger
  • 10 Wintertarnnetze
  • 168 Feldheizgeräte
  • 36 Krankenkraftwagen
  • 36.400 Wolldecken
  • 14.000 Schlafsäcke
  • Mi-24 Ersatzteile
  • Ersatzteile schweres Maschinengewehr M2
  • 200 Zelte
  • 116.000 Kälteschutzjacken
  • 80.000 Kälteschutzhosen
  • 240.000 Wintermützen
  • 405.000 Rationen Einpersonenpackungen (EPa)
  • 67 Kühlschränke für Sanitätsmaterial
  • 3.000 Patronen "Panzerfaust 3" zuzüglich 900 Griffstücke
  • 14.900 Panzerabwehrminen (davon 9300 aus Ertüchtigungsinitiative)
  • 22 Millionen Schuss Handwaffenmunition
  • 50 Bunkerfäuste zuzüglich 15 Griffstücke
  • 100 Maschinengewehre MG3 mit 500 Ersatzrohren und Verschlüssen
  • 100.000 Handgranaten
  • 5.300 Sprengladungen
  • 100.000 Meter Sprengschnur und 100.000 Sprengkapseln
  • 350.000 Zünder
  • 100 Auto-Injektoren
  • 15 Paletten Bekleidung
  • 1.200 Krankenhausbetten
  • 18 Paletten Sanitätsmaterial, 60 OP-Leuchten
  • Schutzbekleidung, OP-Masken
  • 1 Feldlazarett (Projekt gemeinsam finanziert mit Estland)
  • Sanitätsmaterial (unter anderem Rucksäcke, Verbandspäckchen)
  • Kraftstoff Diesel und Benzin
  • 10 Tonnen AdBlue
  • 500 Stück Wundauflagen zur Blutstillung 
  • MiG-29 Ersatzteile
  • 7.944 Panzerabwehrhandwaffen RGW 90 Matador

(Quelle: Bundesregierung, Stand: 17. Juli 2023)

Die Ukraine fordert sie schon lange, doch Scholz hatte Anfang Oktober entschieden, vorerst keine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Als Grund wurde genannt, dass sie Kiew Angriffe auf Waffendepots und Versorgungslinien auf russischem Staatsgebiet erleichtern würden.
Nach den jüngsten massiven Luftangriffen Russlands auf die Ukraine mehren sich jedoch die Rufe nach der Bereitstellung des Waffensystems.

Gauck: "Militärische Fähigkeiten Europas ausbauen"

Alt-Bundespräsident Gauck sagte, angesichts des "zermürbenden Stellungskriegs und der abscheulichen Luftangriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung" schaue er "sorgenvoll auf unser Tun" und frage sich, "ob unsere Unterstützung ausreicht".

Die Entscheidung, Taurus nicht zu liefern, koste "unnötig Menschenleben", so CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Die Vorwürfe müsse sich das Kanzleramt nun "gefallen lassen".

29.11.2023 | 15:23 min
Mit Blick auf die Haltung Russlands sagte Gauck der "Bams", von dem Land gehe eine "wirklich kriegerische Bedrohung" aus. Gegen diese seien Deutschland und Europa "nicht ausreichend gerüstet". Es sei angesichts dessen "wichtig, die militärischen Fähigkeiten Europas auszubauen", sagte Gauck weiter. Für den Fall, dass die USA keinen Schutz mehr gewähren, brauche Europa einen eigenen nuklearen Schirm.
Quelle: AFP, dpa

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