: Brandmann: Herr Heil, Ihnen fehlt das Konzept

von Torben Schröder
14.03.2024 | 22:52 Uhr
Arbeitsminister Heil (SPD) verteidigt das Rentenpaket, die Chefinnen von Jungen Liberalen und Wirtschaftsweisen sehen Nachholbedarf. Ist private Vorsorge künftig alternativlos?

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14.03.2024 | 65:15 min
Franziska Brandmann muss schmunzeln. Warum, wird die 29-Jährige von Moderatorin Maybrit Illner gefragt, kleben sich eigentlich keine jungen Leute am Ministerium von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil fest? Schließlich drohen die Kosten für die Rente in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu explodieren. 

Brandmann fordert Nachbesserung bei Rentenpaket

Die Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen will sich natürlich nicht festkleben, obgleich sie einige Gründe hätte. "Beim Rentenpaket muss noch ordentlich nachgebessert werden", fordert Brandmann (FDP).
Das gesetzliche Rentensystem ist vor dem Kollabieren wegen des demografischen Wandels.
Franziska Brandmann, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen
Es werde in seiner jetzigen Konstruktion nicht mehr finanzierbar sein. "Wir müssen auch über die Arbeitnehmer von heute und der Zukunft sprechen." Und die würden unter starken Mehrbelastungen leiden. "Ich hoffe, dass die FDP das nicht mitträgt", sagt Brandmann. "Meine Generation wird länger arbeiten müssen. Die Frage ist, wie wir das finanzieren. Bei Ihnen, Herr Heil, fehlt komplett das Konzept." 

Heil: Rentenniveau dauerhaft stabilisieren

Das sieht der Arbeitsminister naturgemäß anders. Heil verteidigt das vorgelegte Paket, das noch beschlossen werden muss: "Wenn wir nicht handeln würden, würde ab 2027 das Rentenniveau herunter sacken." Es gehe darum, dass die Arbeitnehmer sich auf die gesetzliche Rente verlassen können. Und das Rentenniveau dauerhaft zu stabilisieren, bei nicht weiter steigendem Renteneintrittsalter.
Der Anstieg der Beiträge sei nicht vermeidbar, solle aber gedämpft werden.
Eine stumpfe Erhöhung des Renteneintrittsalters wäre für viele Menschen nichts anderes als eine Rentenkürzung.
Hubertus Heil, Arbeitsminister
Flexibilität sei die bessere Lösung.
Brandmann sieht im kapitalgedeckten Modell die einzige Chance, die Rente fit für die Zukunft zu machen. Auch Heil vertritt den Einstieg in das von FDP-Finanzminister Christian Lindner vorgelegte "Generationenkapital": "Langfristig Geld anzulegen hat nichts mit Zockerei zu tun. Ich finde es aber richtig, dafür keine Beiträge zu nehmen."

Eine Studie des Statistischen Bundesamtes ergab, dass Frauen knapp 30 Stunden pro Woche mit unbezahlter Arbeit verbringen. Bei Männern sind es rund 9 Stunden weniger.

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Das vorgelegte Konzept nennt Heil eine "sehr sichere Konstruktion". Es biete die Chance, den Anstieg der Rentenbeiträge zu bremsen. Zudem kündigt der Arbeitsminister an, bis Ende des Jahres auch eine Reform der betrieblichen Rente vorzulegen.

Schnitzer: Aktuelles System ist nicht zielgenau

Die VWL-Professorin und Chefin der "Wirtschaftsweisen" Monika Schnitzer hält das "Festzurren" der Rente auf 48 Prozent für problematisch, denn so würden die Beiträge automatisch steigen. "Mit dem Generationenkapital ist nicht viel gewonnen", sagt Schnitzer.

Die Rente über Aktien zu sichern, sei "im Grunde der Weg mit einer geänderten Altersstruktur langfristig vorzusorgen", so Wirtschaftsweise Prof. Martin Werding zum Rentenpaket II.

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Man könne die Rentenanstiege verlangsamen, etwa indem sie an die Inflation gekoppelt werden und nicht, was ohnehin ein deutscher Sonderweg sei, die Lohnentwicklung. Das aktuelle System sei nicht zielgenau. "Die Lösung wird sein, mehr zu arbeiten, länger zu arbeiten und die Rente nicht so stark steigen zu lassen." 
Hermann-Josef Tenhagen ("Finanztip") moniert: "Das ist eine politische Reform und keine ökonomische." Das Rentenpaket löse die eigentlichen Probleme nicht, etwa den Bedarf an qualifizierter Zuwanderung oder gleicher Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt. Tenhagen ist sicher:
Die Leute müssen für ihre Lebensstandardsicherung privat vorsorgen.
Hermann-Josef Tenhagen, "Finanztip"
Auch längere Arbeitszeiten seien anzustreben: "Warum sind wir nicht in der Lage, als Arbeitgeber die Leute im Job zu halten? Was machen wir im Arbeitsleben mit Leuten über 60, dass sie gehen wollen?"
Es gebe, sagt Verena Bentele (SPD), Präsidentin des Sozialverbands VdK, bereits Möglichkeiten, länger zu arbeiten. Doch das könne nicht jeder. Vielen fehle die Möglichkeit zur zusätzlichen Vorsorge. "Für viele Menschen ist die gesetzliche Rentenversicherung das zuverlässige Fundament."
Man könne die Anzahl der Beitragszahler erhöhen, etwa indem Beamte oder Abgeordnete einbezogen werden.

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