: Lachgas: Wie man Jugendliche schützen kann

von Markus Aust
09.05.2024 | 07:36 Uhr
Es wirkt sofort und ist quasi überall erhältlich: Lachgas verbreitet sich zunehmend als Rauschmittel unter Jugendlichen. Die Stadt Wuppertal fordert nun eine strengere Regulierung.
Durch seine legale Verfügbarkeit gilt Lachgas als harmlos. Die Stadt Wuppertal möchte jetzt Jugendliche effektiv vor den Gefahren der Substanz schützen und fordert Altersbeschränkungen.Quelle: dpa
Auf TikTok sind tausende Videos im Umlauf, in denen Jugendliche Lachgas aus Luftballons einatmen und danach einen Lachanfall haben. Der Kick hält wenige Minuten an, doch er birgt akute Risiken. Wird Lachgas unverdünnt inhaliert, verdrängt das Gas den Sauerstoff in der Lunge.
Trotzdem ist das Rauschmittel auf dem Vormarsch. Die Europäische Drogenberatungsstelle EMCDDA begründet das vor allem mit der leichten Verfügbarkeit und der damit einhergehenden allgemeinen Wahrnehmung als "relativ sicher".

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Wuppertal: Lachgas als Rauschmittel im Jugendschutzgesetz

Die Stadt Wuppertal will das ändern. Der Rat der Stadt verabschiedete einstimmig eine fraktionsübergreifende Resolution in Richtung Familienministerin Lisa Paus (B'90/Grüne). Das Ziel: Lachgas soll als Rauschmittel im Jugendschutzgesetz verankert werden. "Es geht nicht um pauschale Verbote. Aber wir brauchen effektiven Jugendschutz, zum Beispiel mit einer Altersgrenze, um den Verkauf an Minderjährige zu stoppen", erläutert Stadtdirektor Dr. Stefan Kühn.

Lachgas...

Quelle: Annette Birschel/dpa
...ist der umgangssprachliche Name für Distickstoffmonoxid. Die offizielle chemische Formel lautet N₂O. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) beschreibt es als "farbloses Gas mit süßlichem Geruch". Das Gas wird seit über 100 Jahren auf verschiedene Arten und Weisen in der Gesellschaft verwendet. 1844 kam es erstmals als medizinisches Betäubungsmittel zum Einsatz, heute dient es vor allem als Treibgas in Spraydosen zum Aufschäumen von Sahne oder zum Tuning im Motorsport. Deshalb ist Lachgas frei verkäuflich, sowohl online, in Supermärkten als auch im Kiosk an der Ecke.

Aktuell entwickelt sich ein neues Einsatzgebiet des Gases: Es wird bundesweit zum Rauschmittel. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) schreibt dazu: "Wird Lachgas als Schnüffelstoff eingeatmet, so tritt nach wenigen Sekunden ein Rausch ein, bei dem schwache Halluzinationen, Wärme- und Glücksgefühle empfunden werden." In der Regel wird Lachgas in Luftballons gefüllt und anschließend inhaliert.

Der Konsum von Lachgas birgt körperliche Risiken. In der Medizin wird Lachgas nur gemeinsam mit Sauerstoff verabreicht. Wird Lachgas unverdünnt inhaliert, verdrängt das Gas den Sauerstoff in der Lunge. Sauerstoffmangel ist die Folge.

Lachgas-Konsum kann neurologische Schäden verursachen

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) warnt vor Kopfschmerzen und Schwindel, in extremen Fällen können Konsument*innen in Ohnmacht fallen. Verletzungsgefahr besteht außerdem, wenn das Gas direkt aus der Kartusche inhaliert wird: Beim Entweichen des Gases aus der Kartusche dehnt es sich aus. Dabei sinkt die Temperatur kurzzeitig rapide auf bis zu -55 Grad Celsius. Die Lippen können an der Gaskartusche festfrieren.

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Neurolog*innen und Suchtberater*innen alarmieren zudem aufgrund langfristiger Folgen. Chronischer Lachgas-Konsum stört den Zellstoffwechsel, was einen funktionellen Vitamin B12-Mangel nach sich zieht. Es drohen schwerste neurologische Beeinträchtigungen.

Drogenexpertin: Verfügbarkeit von Lachgas einschränken

Die Geschäftsführerin der Beratungsstelle für Drogenprobleme Wuppertal e.V. Bianca Euteneuer erinnert sich an einen Mann, Mitte 20, der über einen Zeitraum von sechs Monaten an den Wochenenden gelegentlich Lachgas inhaliert hatte:
Er konnte nicht mehr alleine gehen. Auch seine Motorik in den Händen war durch Taubheitsgefühle stark eingeschränkt. Die Nervenschäden waren so weit fortgeschritten, dass sie vielleicht für immer bleiben.
Bianca Euteneuer
Für Euteneuer ist Wuppertals Vorstoß im Bundesfamilienministerium definitiv ein Schritt in die richtige Richtung: "Die Kinder sind teilweise elf bis 13 Jahre alt und inhalieren das Lachgas in der Schulpause oder nach der Schule. Die sagen: 'Das kann ich im Kiosk kaufen. Das kann doch gar nicht gefährlich sein.' Es ist daher im Sinne der Verhältnisprävention total wichtig, dass wir die Verfügbarkeit für Kinder und Jugendliche einschränken."
Markus Aust berichtet aus dem ZDF-Landesstudio in Düsseldorf.

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