: Brandbrief: Keine Antwort von Scholz

von Felix Rappsilber
22.05.2024 | 00:07 Uhr
Richard Arnold, Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, wartet noch immer auf eine Antwort des Bundeskanzlers. In einem offenen Brief hatte er Bürokratie-Missstände angeprangert.

Über die Herausforderungen in der Kommunalpolitik in Zeiten von Bürokratie und knapper Kassen und zunehmender Hetze und Gewalt gegen Menschen, die vor Ort Verantwortung übernehmen

21.05.2024 | 74:36 min
"Nichts" habe Richard Arnold (CDU) von Bundeskanzler Olaf Scholz gehört. Im Oktober 2023 hatte der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd zusammen mit Tübingens parteilosem Oberbürgermeister Boris Palmer und Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) einen Brandbrief ans Bundeskanzleramt geschickt.
Darin klagten sie über lähmende Bürokratie in den Kommunen und forderten von den Entscheidern in Berlin mehr "Ermessensspielraum". Arnold sagte am Dienstagabend bei Markus Lanz: "Bis heute kam keine Antwort." Die "überbordende Bürokratie" sei ein "ganz großer Hemmschuh" für die Entwicklung in Deutschland.
Schwäbisch Gmünds Oberbürgermeister Richard Arnold spricht bei Markus Lanz über die Bürokratie-Missstände in Deutschland.Quelle: Markus Hertrich
Wenn wir Beispiele bringen aus der Praxis, aus den real existierenden Rathäusern, da schmeißt man sich wirklich teilweise weg.
Richard Arnold, Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd

Arnold: 4.000 Liter Wasser für die Bürokratie

In Schwäbisch Gmünd gebe es beispielsweise elf öffentliche Trinkwasserbrunnen. Seit 2022 schreibe die neue Trinkwasserverordnung monatliche Wasserproben und eine wöchentliche Reinigung der Brunnen vor. Und, erzählte Arnold, "jetzt kommt die Pointe, dass jeden Tag mindestens zwei Liter Wasser aus diesem Trinkbrunnen rauskommen müssen".

In einem Brandbrief fordern drei schwäbische Bürgermeister das Recht für Kommunen, in begründeten Fällen Vorschriften außer Acht lassen zu dürfen. Die Masse an unnötiger Bürokratie überfordert mittlerweile die Ämter.

04.11.2023 | 04:21 min
Daher habe er einen syrischen Geflüchteten angestellt, damit "er jeden Tag rumrennt, draufdrückt und guckt, ob alles sauber ist". Arnold ergänzte:
Das macht in der Saison 4.000 Liter Wasser für die Bürokratie.
Richard Arnold, Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd
Die Trinkwasserverordnung sei mit "Hinweis auf den Gesundheitsschutz" in Kraft getreten. Aber: "Vor 2022 gab es auch keine Vorfälle und es war alles in Ordnung. Und dann kamen Fachverbände oder Arbeitsgruppen darauf: Nein, das muss sich ändern, das muss verschärft werden."

Die Bundesregierung hat weitere Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie auf den Weg gebracht. Das Entlastungsvolumen für die Wirtschaft wird auf gut 944 Millionen Euro pro Jahr beziffert.

13.03.2024 | 01:39 min

Schulz: Scheitern der Transformation?

Dagmar Schulz, parteilose Landrätin von Lüchow-Dannenberg, sagte: "Ich kann dieses Wort 'Entbürokratisierung' und 'Wir brauchen Entbürokratisierung' einfach nicht mehr hören."
Die Landrätin arbeite seit 40 Jahren in der Verwaltung, in denen immer wieder von "Entbürokratisierung" die Rede gewesen sei.
Was brauchen wir wirklich? Was brauchen wir an diesen ganzen Dokumentationen, an den ganzen Statistiken, an den ganzen Dingen, die wir immer bedienen müssen?
Dagmar Schulz, parteilose Landrätin von Lüchow-Dannenberg
Wolle man "diese ganzen Klimafolgen-Anpassungsprozesse" bewältigen, werde es "an irgendeiner Stelle immer eine behördliche Genehmigung" geben. Mit einer möglicherweise "dramatischen" Konsequenz: "Wenn es nicht gelingt, dass wir schneller werden, dass wir effizienter werden und dass wir auch vorausschauender werden, dann wird dieser Transformationsprozess der ganzen Republik daran scheitern, dass wir bürokratisch sind."

Deutsche Unternehmen müssen fast 16 Prozent mehr bürokratische Pflichten erfüllen als vor zehn Jahren. Das zeigen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden.

12.03.2024 | 00:21 min

Sahin-Schwarzweller: Gesellschaft wird angriffslustiger

Neben missglückter Bürokratie ein immer größeres Problem deutscher Kommunalpolitiker: verbale und körperliche Attacken.
"Die politischen Debatten sind bei uns in der Stadtverordnetenversammlung manchmal schon wirklich extrem", sagte Wiebke Sahin-Schwarzweller (FDP), Bürgermeisterin der Stadt Zossen in Brandenburg. Sie merke, dass die Gesellschaft "angriffslustiger" werde und spüre die Unzufriedenheit der Bürger "an der eigenen Haut".

Missstimmung im Rathaus: Vor allem die Bürokratie, Nachwuchsprobleme und Anfeindungen bereiten vielen ehrenamtlichen Bürgermeistern Sorgen – manche legen ihr Amt gar ganz nieder.

11.04.2024 | 03:02 min
In der Stadtverordnetenversammlung sei "regelmäßig unser Ordnungsamt zugegen, weil wir nicht wissen, wie sich der eine oder andere Bürger verhält". Man habe das "eine oder andere Mal die Polizei holen" und vom "Hausrecht Gebrauch machen" müssen.
Sahin-Schwarzweller sagte: "Wir geben als Bürgermeister tagtäglich unser Bestes für die Kommunen und sind bestrebt, die entsprechenden Gesetze von Bundesregierung, Landesregierung umzusetzen, was wir müssen, und das versuchen wir auf einem möglichst demokratischen Weg."

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