: Steuergeld für die AfD-Parteistiftung?

von Samuel Kirsch
11.10.2023 | 20:58 Uhr
Welche Staatsgelder parteinahe Stiftungen bekommen, soll erstmals ein eigenes Gesetz regeln. Die AfD-Stiftung dürfte dennoch leer ausgehen – zumindest vorerst.
Quelle: Imago
Die AfD ist nach den Landtagswahlen in Hessen und Bayern vergangenen Sonntag im Aufwind. Längst sieht sie sich als Vertreterin einer etablierten politischen Grundströmung und fordert Gleichbehandlung mit denen, die ihr eigener Jargon "Altparteien" nennt.
Das umfasst auch die Forderung, wie die anderen etablierten Parteien staatliche Gelder für ihre parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) zu erhalten, um Bildungsarbeit im Sinne der AfD zu betreiben. Die Zahlungen aus dem Bundeshaushalt an parteinahe Stiftungen sind üppig, betragen für alle geförderten Stiftungen 600 bis 700 Millionen Euro pro Jahr.

Bundesverfassungsgericht gab AfD Recht

Die DES ist bislang von der Förderung ausgeschlossen. Zu Unrecht, urteilte das Bundesverfassungsgericht im Frühjahr. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage, die regelt, unter welchen Bedingungen Stiftungen Staatsgeld erhalten.
Die Bundestagsfraktionen der Ampel sowie der Union haben nun den Entwurf für ein Stiftungsfinanzierungsgesetz vorgelegt - mit dem Ziel, es schon für das Haushaltsjahr 2024 zum Maßstab dafür zu machen, ob die DES gefördert wird oder nicht. Am Freitag steht der Entwurf erstmals auf der parlamentarischen Tagesordnung.
Zwei Kriterien sollen danach entscheidend sein, ein zeitliches und ein inhaltliches.

  • Zeitlich muss die Partei, der eine Stiftung nahesteht, mindestens drei Legislaturperioden hintereinander in Fraktionsstärke in den Bundestag gewählt worden sein - das ist eine Legislaturperiode länger als nach der bisherigen Praxis und schließt die DES für diese Legislatur, die zweite der AfD im Bundestag, von der Förderung aus.
  • Für bereits geförderte Stiftungen sieht der Entwurf eine Art Bestandsschutz-Mechanismus vor: Stiftungen, deren Partei während mindestens zwei aufeinanderfolgender Legislaturperioden Geld erhalten haben, kann es nichts anhaben, wenn ihre Partei es für eine Wahlperiode nicht in den Bundestag schafft. Das bewahrt die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung vor einem Ausschluss, war die FDP doch ab 2013 für vier Jahre nicht im Bundestag vertreten.

AfD kündigt neue Klage an

Die geplante Verlängerung des Zeitraums veranlasst die AfD schon vor der ersten Lesung zu dem Gesetzentwurf im Bundestag dazu, eine neuerliche Klage in Karlsruhe anzukündigen.
Allerdings gestand das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber in seinem Urteil aus dem Februar ausdrücklich zu, kurzlebige politische Strömungen auszuschließen. Um zu bewerten, ab wann eine politische Strömung ausreichend verfestigt ist, könne auf Wahlergebnisse abgestellt werden. Generell stehe dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum für die Regelung der Stiftungsfinanzierung zu, so das Gericht, wobei die Hürden nicht so hoch sein dürften, dass neue politische Bewegungen keine Chance auf eine Förderung haben.
Das Heraufsetzen der zeitlichen Grenze schiebt das Problem, die Arbeit und Ausrichtung der AfD-Stiftung inhaltlich bewerten zu müssen, voraussichtlich nur auf. Nach einem weiteren Einzug der AfD in den Bundestag nach 2017 und 2021 würde sich die Frage stellen, wie ihre Stiftung es mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hält.
Denn das ist das inhaltliche Kriterium für die Stiftungsförderung, das der Gesetzentwurf vorsieht:
Die Stiftung muss "in einer Gesamtschau die Gewähr" bieten, "für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie für den Gedanken der Völkerverständigung aktiv einzutreten".

Verfassungstreue der AfD-Stiftung entscheidend

In der Entwurfsbegründung heißt es:
Staatliche Mittel dürfen, insbesondere im Bereich der gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit, nur eingesetzt werden, wenn hinreichend klar ist, dass ihre Verwendung die Demokratie des Grundgesetzes stärkt.
Aus der Entwurfsbegründung
Auch wenn im Gesetz selbst Beispiele vorgesehen sind, wann eine Stiftung von der Finanzierung ausgeschlossen werden kann - etwa wenn exponierte Stiftungsvertreter verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen - verbleibt ein erheblicher Bewertungsspielraum. Diesen ausfüllen und darüber entscheiden, ob eine Stiftung die Voraussetzung erfüllt, soll das Bundesinnenministerium.
Dieses wird, wenn der Entwurf Gesetz wird, künftig die Arbeit von Partei-Stiftungen, die einen Förderantrag stellen, genau unter die Lupe nehmen müssen und könnte sich dabei unter anderem an Einschätzungen des Verfassungsschutzes orientieren.
Der beobachtet die DES selbst nicht. Die Bundes-AfD hingegen stuft das Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall ein. Dies fällt insofern auch für die Stiftung ins Gewicht, als nach dem Entwurf auch eine verfassungsfeindliche Prägung der politischen Grundströmung, der die Stiftung zuzuordnen ist, ein Indiz für den Ausschluss von der Finanzierung sein kann.
Samuel Kirsch ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz

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