: Nachwirkungen des Eritrea-Festivals

10.07.2023 | 21:48 Uhr
Das Eritrea-Festival sorgte für Ausschreitungen in Gießen. Kritiker werfen der Veranstaltung vor, Propaganda für die eritreische Regierung zu verbreiten. Was ist passiert?
Das Eritrea-Festival in Gießen war bereits in der Vergangenheit Anlass für Ausschreitungen.Quelle: dpa
Nach den Ausschreitungen bei dem umstrittenen Eritrea-Festival in Gießen rechnet die Polizei mit weiteren Strafverfahren. Die Zahl dürfte noch steigen, da viele Videoaufnahmen und andere Beweismittel noch ausgewertet würden, teilte der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Mittelhessen in Gießen, Torsten Krückemeier, mit.
Die Ereignisse würden sorgsam nachbereitet. An den vier Einsatztagen rund um das Festival wurden nach Polizeiangaben rund 130 Menschen in Gewahrsam genommen, bisher seien 125 Strafverfahren eingeleitet worden, größtenteils wegen Landfriedensbruchs. 26 Polizisten wurden verletzt, laut Polizei erlitten sieben davon schwere Verletzungen wie Knochenbrüche, Bänderrisse oder Schürfwunden. Was hat es mit dem Festival auf sich?

Gewalt, verletzte Polizisten und Sachbeschädigungen: Zu Beginn des umstrittenen Eritrea-Festivals ist es in Gießen zu Ausschreitungen gekommen.

08.07.2023 | 01:53 min

Veranstalter des Eritrea-Festivals gilt als umstritten

Der Veranstalter des Festivals ist der Zentralrat der Eritreer in Deutschland, der wegen seiner Nähe zu dem Regime in dem ostafrikanischen Land als umstritten gilt. Gegner des eritreischen Regimes halten das Kulturfestival daher für eine Propagandaveranstaltung der Regierung.
Ein ZDF-Team konnte nicht nur mit dem Vorsitzenden des Zentralrats der Eritreer, Johannys Russom, sprechen, sondern drehte auch als einziges journalistisches Team in den Hessenhallen in Gießen. Journalisten vom Hessischen Rundfunk hatten zuvor von einer Absage berichtet.
Johannys Russom bestritt im Interview den Vorwurf, dass man mit dem Eritrea-Festival Propaganda für die Militärregierung Eritreas mache. Es sei eine rein kulturelle Veranstaltung.

Die politische Lage in Eritrea

Quelle: ZDF

  • Seit der Unabhängigkeit Eritreas von Äthiopien vor rund 30 Jahren regiert Präsident Isayas Afewerki das Land.
  • International geriet Afewerki zuletzt in die Kritik, da die eritreische Armee mehreren UN-Berichten zufolge im äthiopischen Bürgerkrieg bis November 2022 an der Seite der äthiopischen Zentralregierung schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben soll.
  • In Eritrea sind viele Freiheitsrechte eingeschränkt, etwa die Presse- und Meinungsfreiheit.

Lied bei Eritrea-Festival ruft zu Gewalt gegen Menschen auf

Ein Eindruck, den das ZDF-Team vor Ort nicht bestätigen konnte. Vor dem Dreh wurden demnach Regierungsvertreter der Militärdiktatur Eritrea auf dem Festival in Gießen offiziell begrüßt und begeistert gefeiert. Dazu wurde ein Lied gespielt, in dem zur Tötung aller Tegaru, also Menschen aus Tigray aufgerufen werde, wie in einem Social-Media-Video zu sehen ist.
Das sei keine Entschuldigung für die Gewalt, sagt Klaus-Dieter Grothe von den Grünen in Gießen. Aber es erkläre, warum viele Menschen entsetzt sind, dass eine solche Veranstaltung in Deutschland zugelassen wird.

Gegner des Eritrea-Festivals frustriert

Rut Bahta, Gründungs- und Vorstandsmitglied von United4Eritrea e.V. sagt im ZDF-Interview, dass sie frustriert sei, dass die Klage vom Verwaltungsgericht Gießen abgewiesen wurde. Man habe das Eritrea-Festival verhindern wollen und fühle sich nun bestätigt.
"Sechs politische Vertreter aus Eritrea waren hierfür angereist. Zudem wurde ein volkshetzerisches Lied gegen die Bevölkerung in Tigray beim Eintritt dieser Gesandten gespielt", sagt Bahta.
Wir hoffen, dass es auf Bundesebene eine Diskussion hierüber geben wird und das Propaganda-Festival bundesweit verboten wird.
Rut Bahta, United4Eritrea e.V.

Auswärtiges Amt verurteilt gewaltsame Ausschreitungen

Eine Reaktion auf das Festival auf Bundesebene gab es bereits: Das Auswärtige Amt verurteilte die Ausschreitungen. "Es ist äußerst bedauerlich, dass es dort zu Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten gekommen ist", sagte ein Sprecher in der Bundespressekonferenz in Berlin.
Auch mit dem Geschäftsträger Eritreas sei aus diesem Anlass gesprochen worden, zuletzt am vergangenen Mittwoch. "Dabei haben wir deutlich gemacht, dass innereritreische Konflikte nicht auf deutschem Boden ausgetragen werden dürfen."
Quelle: ZDF, dpa

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