: Selenskyj-Reise: Verdacht auf Geheimnisverrat

04.05.2023 | 22:29 Uhr
Ein Polizist soll Details zum möglichen Selenskyj-Besuch im Mai in Berlin unerlaubt weitergegeben haben. Nun ermitteln die Behörden wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat.
Skyline BerlinsQuelle: Philipp Znidar/dpa-Zentralbild/dpa
Die Berliner Polizei hat Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat im Zusammenhang mit einem möglichen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Mai in Berlin aufgenommen.
"Hintergrund ist die gestrige Medienberichterstattung zu einem möglichen Besuch eines Staatspräsidenten", teilte die Behörde mit. Mutmaßlich wurde ein Angehöriger der Polizei zitiert, der vertrauliche Details zu einem in Planung befindlichen Einsatz wiedergegeben haben soll.
Ich finde es unerträglich, dass - wenn man dem Artikel in der Zeitung Glauben schenkt - ein einzelner Mitarbeiter das Ansehen der Polizei Berlin auf eine derart beschämende Weise national und international beschädigt.
Barbara Slowik, Polizeipräsidentin Berlin
Die Polizei habe offiziell "zu keiner Zeit Auskünfte erteilt, welche den Staatsbesuch gefährdet" hätten. "Lediglich auf Anfragen aufgrund der vorangegangenen medialen Berichterstattung wurde seitens der Pressestelle der Polizei Berlin der bevorstehende Einsatz bestätigt."

Ukraines Botschafter: Mutmaßlicher Geheimnisverrat "sehr unglücklich"

Der ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, bezeichnete den mutmaßlichen Geheimnisverrat unterdessen als "sehr unglücklich". Die Sicherheit eines Staatsoberhauptes sei etwas sehr Ernstes, so etwas sollte nicht passieren, sagte er bei einem Besuch der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). "Ich hoffe sehr, dass wir einen Ausweg finden." Mehr könne er dazu nicht sagen.
Wolfgang Ischinger, Ex-Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, spricht auf Twitter die Verantwortung der Berliner Polizeipräsidentin an:
Tweet von Wolfgang Ischinger

Streit um Bekanntgabe einer Selenskyj-Reise Mitte Mai

Selenskyj wird möglicherweise Mitte Mai zum ersten Mal seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine nach Berlin kommen. Die Berliner Polizei hatte am Mittwoch überraschend mitgeteilt, dass sie alle Sicherheitsvorkehrungen für einen solchen Besuch am 13. und 14. Mai treffe.
Für den 14. Mai ist die Verleihung des Karlspreises an Selenskyj in Aachen geplant, zu der unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet wird. Bisher wurde nicht bestätigt, dass der ukrainische Präsident persönlich dabei sein wird.
Die Berliner Polizei bestätigte die Reisepläne des ukrainischen Präsidenten auf Nachfrage, nachdem die Zeitung "B.Z." darüber berichtet hatte. Es ist ein ungewöhnlicher Schritt, weil Auslandsreisen Selenskyjs aus Sicherheitsgründen in der Regel bis zur letzten Minute geheim gehalten werden. Weder vom Kanzleramt noch von der ukrainischen Botschaft gab es am Mittwoch eine Bestätigung für den Berlin-Besuch Selenskyjs.

Grünen-Sprecherin: "Internationalem Gesichstverlust"

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte lediglich, die Termine des Bundeskanzlers würden am Freitag der Vorwoche bekanntgegeben. Nach einem Bericht des Nachrichtenportals t-online gibt es in Kiew Unmut über die Bekanntgabe der Reisepläne. Dieser Vorgang sei "unverantwortlich" und könne "einen möglichen Besuch des ukrainischen Präsidenten in Frage stellen", wurden regierungsnahe Kreise zitiert.
"Sollte sich bewahrheiten, dass vertrauliche Polizei-Informationen zum Staatsbesuch von Wolodymyr Selenskyj weitergegeben wurden, dann hat die Berliner Polizei heute einen internationalen Gesichtsverlust erlitten", erklärte die sicherheitspolitische Sprecherin der Berliner Grünenfraktion, Gollaleh Ahmadi. "Die Herausgabe von derart vertraulichen Daten stellt eine massive Pflichtverletzung und einen Vertrauensbruch von Seiten der Berliner Polizei dar."
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Quelle: dpa, AFP

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