: Experten fordern Nato-Schutz für Frachter

von Oliver Klein
20.07.2023 | 15:31 Uhr
Sorge vor Eskalation im Schwarzen Meer: Die USA warnen, Moskau plane Angriffe auf Getreideschiffe. Der Ruf nach Nato-Beistand für die Frachter wird lauter. Wie realistisch ist das?
Agrarexport aus der Ukraine - sollen nun Kriegsschiffe der Nato die Frachter vor russischen Angriffen schützen?Quelle: dpa
Im Schwarzen Meer deutet sich eine Eskalation des Kriegs in der Ukraine an: Nach dem Ende des Abkommens über die Ausfuhr ukrainischen Getreides will Russland Schiffe, die Häfen in der Ukraine ansteuern, als mögliche Gegner behandeln. Sie würden als "potenzielle Träger militärischer Fracht" gewertet, hieß es vom Verteidigungsministerium in Moskau.
Es gebe nun eine Warnung an die Schifffahrt: Demnach seien Bereiche des Nordwestens und des Südostens der internationalen Gewässer des Schwarzen Meeres als gefährlich eingestuft worden. Die USA warnten daraufhin vor Angriffen auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer: Russland habe in den Zufahrten zu ukrainischen Häfen weitere Seeminen verlegt, zitierte der Sender CNN den Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Adam Hodge.
Wir glauben, dass dies ein koordiniertes Vorgehen ist, um etwaige Angriffe auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer zu rechtfertigen und der Ukraine die Schuld für diese Angriffe zuzuschieben.
Adam Hodge, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates

Russland hat das Getreideabkommen mit der Ukraine auslaufen lassen. International gab es daran viel Kritik. Der Stopp hat weltweit negative Auswirkungen auf die Ernährungslage.

17.07.2023 | 02:30 min

Experten fordern Nato-Eskorte für Frachter

Von verschiedenen Seiten wird nun der Ruf lauter, Frachter unter den militärischen Schutz der Nato zu stellen, beispielsweise durch Begleitschiffe der Türkei oder der USA. So fordert beispielsweise der schwedische Autor und Russlandexperte Anders Aslund bei Twitter: 
"Die USA und die Türkei sollten Nato-Konvois anführen, um Schiffe von und zu den Häfen der Ukraine zu eskortieren und Russlands aggressive Diplomatie ignorieren." Russland werde es nicht wagen, Nato-Schiffe anzugreifen.
Anders Aslund bei Twitter

Die Transportlücke im Schwarzen Meer sei durch Solidaritätskorridore kaum aufzufangen, so Ulf Röller. Die nächtlichen Angriffe in Odessa nehmen zudem nicht ab, so Dara Hassanzadeh.

20.07.2023 | 02:57 min

Masala: Alternative ist Hunger und neue Flüchtlingswellen

Eine Nato-Eskorte von Getreideschiffen schlug auch Militärexperte Carlo Masala von der Münchner Universität der Bundeswehr vor. Bei Twitter schrieb er, Russland habe "bei Druck und Drohung bislang immer eingelenkt". Schütze man die Schiffe nicht, seien die Alternativen Hunger und neue Flüchtlingswellen.
Ähnlich äußerte sich auch der Russland-Experte Jan Claas Behrends von der Universität Potsdam, ebenfalls auf Twitter: Es ist Zeit für Nato und ihre Marinen, einschließlich der Deutschen Marine, das Schwarze Meer zu sichern und für den freien Handel sicher zu machen." Dies sei keine Kriegshandlung - es gehe um die "Freiheit der Schifffahrt und die Ernährung der Welt", so Behrends.
Jan Claas Behrends bei Twitter

Nach dem Stopp für ukrainische Getreidelieferungen hat Russland die wichtige Hafenstadt Odessa angegriffen. Außenministerin Baerbock wirft Putin Unmenschlichkeit vor.

18.07.2023 | 01:35 min

Eskorte der Frachter riskant für Nato-Staaten

Doch wären die Nato oder einzelne Nato-Staaten dazu überhaupt bereit? Gerhard Mangott, Russland-Experte von der Universität Innsbruck, ist skeptisch. "Ich glaube nicht, dass ein Nato-Staat diesen Schritt gehen wird", erklärte er im Gespräch mit ZDFheute.
Es wäre ein hohes Risiko für die Nato-Staaten, die Frachtschiffe zu eskortieren, da ein Angriff der russischen Marine nicht ausgeschlossen werden kann.
Gerhard Mangott, Politikwissenschaftler der Universität Innsbruck
Die Konsequenz eines solchen Angriffs wäre vermutlich eine direkte Konfrontation Russlands mit der Nato.
An anderer Front geht der Wirtschaftskrieg mit Moskau unterdessen weiter: Die Europäische Union verlängert ihre Sanktionen gegen Russland um sechs Monate. Die Strafmaßnahmen seien nun bis zum 31. Januar 2024 in Kraft, teilt der EU-Rat heute mit.
Warum die ukrainischen Getreideexporte gerade für ärmere Länder in Afrika, Asien und Nahost so wichtig sind - auch, wenn sie kaum direkt dorthin geliefert werden - wird hier erklärt:
mit Material von Reuters, dpa

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