: Bekommt Schröder sein Büro zurück?

von Samuel Kirsch
04.05.2023 | 06:09 Uhr
Im Mai 2022 hat der Bundestag Gerhard Schröder sein Altkanzler-Büro gestrichen. Das will Schröder nicht hinnehmen. Heute könnte das Verwaltungsgericht Berlin ein Urteil fällen.
Es ist eine Räumungsschutzklage der besonderen Art: Ein ehemaliger Bundeskanzler klagt gegen das Kanzleramt. Das gab es noch nie. Einmalig ist aber auch die Entscheidung, gegen die sich die Klage richtet: einem Altkanzler seine Ruhestands-Dependance samt Mitarbeitern zu streichen.
Es geht um eine Büroetage in Berlin-Mitte, Unter den Linden 50. Dort, im Otto-Wels-Haus, standen Gerhard Schröder seit seinem Ausscheiden aus dem Amt des Bundeskanzlers im Jahr 2005 sechs Räume samt Mitarbeitern, darunter Büroleiter und Referenten, zur Verfügung - bis im Mai 2022 der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags beschloss, Schröders Büro ruhend zu stellen.
Der offizielle Grund: Schröder nehme keine fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt mehr wahr. Im politischen Hintergrund dürften auch die Russland-Kontakte des Altkanzlers eine Rolle gespielt haben.

Vorwurf der Willkür-Entscheidung

Der Empörung Schröders über die Entziehung seines Büros verliehen seine Anwälte bereits im Vorfeld des Gerichtsverfahrens Ausdruck, sprachen in einer Mitteilung davon, die Entscheidung des Parlamentsausschusses erinnere an einen "absolutistischen Fürstenstaat".
In der Klage argumentieren die Schröder-Anwälte nach einer Vorabmitteilung des Berliner Verwaltungsgerichts unter anderem, es sei bisherige Staatspraxis, dass Altkanzler Büros und Mitarbeiter zur Verfügung gestellt bekommen. Schröder sei gleich zu behandeln wie andere Altkanzler. Tatsächlich hatten Schröders Vorgänger ihre Büros jeweils auf Lebenszeit behalten dürfen.

Experte gibt Klage wenig Chancen

Dennoch gibt Staatsrechtler Joachim Wieland der Klage wenig Chancen.
Aus dem Haushalt kann man keine Ansprüche ableiten. Der Bundestag ist nicht verpflichtet, einem Altkanzler Mittel zur Verfügung zu stellen.
Joachim Wieland, Staatsrechtler
Im Gegenteil müsse das Parlament bei jeder Ausgabe prüfen, ob sie einen öffentlichen Zweck erfüllt: "Der Staat darf nichts verschenken. Letztlich ist die Ausstattung mit einem Büro eine Subvention, die nur gerechtfertigt ist, wenn der Bundestag zur Auffassung kommt, der Altkanzler der SPD leistet noch etwas für die Bundesrepublik Deutschland. Das ist letztlich eine politische Ermessensentscheidung", so Wieland.

Verwaltungsgericht entscheidet wohl heute

Wie das Verwaltungsgericht Berlin die Sache sieht, wird sich voraussichtlich am heutigen Donnerstag zeigen. Üblicherweise fällt das Gericht noch am Tag der Verhandlung eine Entscheidung. Gegen diese könnten allerdings noch Rechtsmittel eingelegt werden.
Der Fall Schröder wirft ein Schlaglicht auf die Ausstattung der Altkanzler aus Steuermitteln. Auch die ehemalige Kanzlerin Merkel (CDU) verfügt seit Amtsende über ein Büro mit neun teilweise hoch besoldeten Mitarbeitern.

Kritik an Altkanzler-Ausstattung

Formal sind die Büro-Mitarbeiter dem Bundeskanzleramt unterstellt. In einem Bericht aus dem Jahr 2018 kritisierte der Bundesrechnungshof mangelnde Kontrolle über die Büros des 2017 verstorbenen Altkanzlers Kohl und dessen Nachfolger Schröder. Büro und Personal seien für Privatangelegenheiten genutzt worden, teilweise für Tätigkeiten wie Buchveröffentlichungen oder Aufsichtsratsmandate, mit denen die Altkanzler zusätzliche Einkünfte erzielten.
Der Bundesrechnungshof bemängelte außerdem, dass die Büroräume aus dem Kontigent der Fraktion des jeweiligen Altkanzlers oder der Altkanzlerin gestellt werden. Darin liege eine zweckwidrige Verwendung von Fraktionsmitteln und ein Verstoß gegen das Abgeordnetengesetz.

Neue Regelung zum Altkanzler-Gesetz

Auch Staatsrechtler Joachim Wieland hält diese Praxis für problematisch. Schließlich seien die nachwirkenden Amtspflichten, für deren Erfüllung das Büro da sei, mit dem Amt des Regierungschefs verbunden, nicht mit dem Status als ehemaliges Fraktions-Mitglied und Parlamentarier.
Wieland hält eine eigene gesetzliche Regelung der Altkanzler-Privilegien für "rechtsstaatlich wünschenswert". Die Causa Schröder, sie könnte Anlass bieten, für ein Altkanzler-Gesetz, das Privilegien und deren Umfang und Dauer klar regelt.

Mehr zu Altkanzler Schröder