: "Justiz vor großen Schwierigkeiten"
Florian Jeßberger ...
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat einen IS-Anhänger im Prozess zum qualvollen Tod eines jesidischen Mädchens zu lebenslanger Haft verurteilt – im weltweit ersten Urteil wegen Völkermords und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Jesiden.
30.11.2021 | 02:54 minDem Täter muss diese Absicht nachgewiesen werden. Das stellt die Justiz vor große Schwierigkeiten.
Wer sind die Jesiden?
Jesiden leben heute vor allem als Bauern und Viehzüchter im Sindschar-Gebirge im Nordirak, aber auch in Nordsyrien und dem Iran sowie in kleinerer Zahl in der südöstlichen Türkei. Größere Gemeinschaften gibt es außerdem in den USA, in Kanada, Australien und in Europa. In Deutschland leben etwa 200.000 Jesiden.
Wodurch ist die Religion der Jesiden gekennzeichnet?
Weshalb werden Jesiden von IS-Terroristen verfolgt?
Der IS-Angriff auf die Jesiden im Sindschar-Gebirge im August 2014 hat etwa 5.000 Menschen das Leben gekostet, tausende Frauen und Mädchen wurden verschleppt, vergewaltigt und auf den Basaren von Mossul und Rakka als Sklavinnen verkauft. Jesidische Männer exekutierte der IS massenweise, viele Jungen zwangen die Terroristen in ihre Trainingslager.
Mehr als 400.000 Jesiden sind damals aus ihrer Heimat geflohen. Erst Mitte November 2015 gelang es kurdischen Einheiten aus Syrien und der Türkei, das Sindschar-Gebiet vom IS zu befreien. Bis heute gelten Tausende Jesiden als vermisst.
Stichwort: Völkermord
Der UN-Vertrag verbietet Handlungen, mit denen eine national, ethnisch, rassisch oder religiös definierte Gruppe vernichtet werden soll. Entscheidend ist dabei nicht, ob oder wie viele Menschen getötet wurden, sondern die Absicht der Täter, eine Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören. Gerichte haben seither entschieden, dass auch Verbrechen wie Vergewaltigung Völkermord sein können, wenn sie mit der Vernichtungsabsicht begangen werden.
Mit der Konvention 260 wurde der Völkermord international geächtet. Staaten sind demnach verpflichtet, Völkermord zu verhüten und zu bestrafen. Das Völkermord-Verbot ist absolut, lässt keine Abweichung zu und gilt auch für Länder, die der Konvention nicht beigetreten sind. Die Tat kann von Tribunalen wie dem Internationalen Strafgerichtshof verfolgt werden, aber auch von nationalen Gerichten.
Zu den Straftatbeständen in der Völkermordkonvention gehören das Töten, das Zufügen ernsthafter körperlicher oder geistiger Schäden, das Auferlegen von Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung einer Gruppe abzielen, sowie die Anordnung von Maßnahmen zur Geburtenverhinderung und Verschleppung von Kindern.
Quelle: epd, AFP
Da kann man sich die Frage stellen, ob es dem Bundestag leichter fällt, solch einen Entschluss zu fassen, wenn deutsche Interessen nicht unmittelbar betroffen sind.