: Klimakleber "kein Fall für Verfassungsschutz"

15.06.2023 | 19:08 Uhr
Bekleben, behindern, beschmieren: Viele Aktionen der "Letzten Generation" sind Fälle fürs Strafrecht, sagt der Verfassungsschutz-Präsident dem ZDF. Extremistisch seien sie nicht.
Mit ihren Aktionen sorgt die "Letzte Generation" für Aufsehen - hier ein Protest an der Siegessäule in Berlin. Quelle: epa
Die "Letzte Generation" löst mit ihren Protestaktionen regelmäßig Unmut aus. Für mehr Klimaschutz blockieren sie Straßen, kleben sich an Kunstwerke, beschmieren Parteizentralen. Wo aber hört das Recht auf zivilen Widerstand auf und wo fängt Extremismus an?
Gerade steht beispielsweise wieder eine 20-jährige Klima-Demonstrantin vor dem Amtsgericht Tiergarten. Sie hatte ihre Beteiligung an den Aktionen der Gruppen Extinction Rebellion und "Letzte Generation" gleich zu Prozessbeginn zugegeben. So betonte die 20-Jährige:
Ich habe die Taten begangen, sie sind nicht verwerflich, sondern nötig,
20-jährige Klima-Demonstrantin

Nach den bundesweiten Razzien werden der "Letzten Generation" 580 Straftaten zugeordnet. Laut Bundesinnenministerin Faeser geht es insbesondere um Sachbeschädigung und Nötigung.

11.06.2023 | 00:25 min

Am Holzrahmen eines Cranach-Gemäldes festgeklebt

Sie und eine weitere Aktivistin hatten sich im August vorigen Jahres an dem Holzrahmen des Gemäldes "Ruhe auf der Flucht nach Ägypten" von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553) festgeklebt. In dem Fall wird ihr gemeinschädliche Sachbeschädigung zur Last gelegt. Zudem muss sich die junge Frau, gegen die nach eigenen Angaben bundesweit bereits etwa drei Dutzend Strafverfahren laufen, wegen Nötigung, versuchter Nötigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verantworten.
Zuvor war schon eine 24-jährige Klima-Demonstrantin, die an der Klebeaktion in der Berliner Gemäldegalerie beteiligt war, zu vier Monaten Haft verurteilt worden - damit hatte erstmals ein Berliner Gericht eine Haftstrafe ohne Bewährung gegen Klimaaktivisten nach Aktionen der Gruppe verhängt. Damit ist die Protest-Aktion zwar als Straftat geahndet worden - sie ist aber noch kein Fall für den Verfassungsschutz.

Juristen kritisierten jüngst die Generalstaatsanwaltschaft München - diese ließ die Website der Klima-Aktivisten wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung sperren.

25.05.2023 | 02:28 min

Haldenwang: Kein Verständnios für strafrechtlich relevante Proteste

Das sagt auch der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, dem ZDF. Auf jeden Fall sei die "Letzte Generation" nicht auf dem Weg zu einer terroristischen Vereinigung. "Wir sehen, dass die 'Letzte Generation' inzwischen überwiegend mit strafrechtlich relevanten Protestformen agiert. Es steht außer Frage, dass diese zu gewichtigen Konsequenzen für die Betroffenen der Proteste führen. Das billige ich nicht und ich habe hierfür keinerlei Verständnis."
Doch, so Haldenwang weiter, wer Straftaten begehe, sei "nicht per se ein Fall für den Verfassungsschutz". Für den Verfassungsschutz müsse eine Gefährdung der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung (FDGO) der Maßstab sein.
Nicht nur wir, sondern auch die Landesämter für Verfassungsschutz sehen bei der 'Letzten Generation' aktuell noch keine hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung.
Thomas Haldenwang, Präsident Bundesamt für Verfassungschutz

Die Behörden ermitteln gegen Mitglieder der "Letzten Generation" - wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Zu Recht? Bei ZDFheute live streiten zwei Juristen.

24.05.2023 | 42:42 min
Der Verfassungsschutz komme ins Spiel, wenn eine Radikalisierung oder eine Unterwanderung der Proteste durch Extremisten erfolgte. Allerdings: Haldenwang sieht auch "eine gewisse Gefahr". Es gebe linksextremistische Gruppierungen, die versuchten, die Bewegung zu unterwandern.
Wir haben das genau im Blick und bewerten die Situation täglich neu und ordnen die Entwicklungen immer wieder neu ein.
Verfassungschutzpräsident Thomas Haldenwang
Mehr zu den Protesten der "Letzten Generation" finden Sie hier:
Quelle: ZDF, dpa

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