: Was wurde eigentlich aus den Affenpocken?

von Dominik Rzepka
15.02.2023 | 07:06 Uhr
In Deutschland gibt es kaum noch neue Fälle von Affenpocken. Doch die Bundesregierung hält neue Infektionen für möglich. Experten mahnen: Jetzt ist die Zeit für Mpox-Impfungen.
Affenpocken heißen inzwischen Mpox: Das Bild zeigt eine kolorierte Aufnahme von Partikeln des Virus.Quelle: Niaid/Niaid/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dp
Tobias hat im vergangenen Sommer viel telefoniert. Mit seiner Hausärztin, dem Hautarzt, mit weiteren Praxen. Doch seine erste Impfung gegen Affenpocken, die inzwischen Mpox heißen, bekam er erst im September. "Es war schwer, einen Impftermin zu bekommen", sagt Tobias, der eigentlich anders heißt. Dabei ist er als schwuler Mann besonders betroffen.
Inzwischen hat sich das geändert. Impfstoff ist ausreichend da. Wer zum Beispiel in Berlin online einen Termin buchen will, bekommt in der Regel zeitnah einen Termin. Allerdings hat der Andrang nachgelassen. Das Bedrohungsgefühl ist gerade in der schwulen Community deutlich geringer.

Die USA haben wegen der Affenpocken den nationalen Gesundheitszustand ausgerufen. Vor allem in den gay commuties in San Francisco, aber auch in New York breitet sich das Virus aus.

24.08.2022

Inzwischen kaum noch Infektionen

Denn die Zahlen sinken. Etwa 3.700 Infektionen sind laut Robert Koch-Institut (RKI) bisher in Deutschland aufgetreten, Todesfälle wurden nicht gemeldet. Für die breite Bevölkerung sei die Gefährdung für die Gesundheit nach wie vor "sehr gering". Das Bundesgesundheitsministerium teilt auf ZDFheute-Anfrage mit:
Seit Mitte Oktober werden nur noch wenige, in manchen Wochen gar keine Fälle gemeldet.
Bundesgesundheitsministerium
Anders sieht es aus für Männer, die Sex mit Männern haben. Ihr Risiko stuft das Ministerium von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) als moderat ein - also als höher. Außerdem ist laut Europäischem Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten ein Wiederaufflammen des Ausbruchsgeschehens in Deutschland und den Nachbarländern möglich.

Was sind die Affenpocken?

Affenpocken sind eine Infektionskrankheit, die ursprünglich in erster Linie durch Viren von Tieren auf den Menschen übertragen wurde. In Afrika wurden Affenpocken bei vielen verschiedenen Tieren nachgewiesen, vor allem bei Nagetieren und mehreren Affenarten. Auch von Mensch zu Mensch können die Viren weitergegeben werden.

1970 wurden Affenpocken in Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo, erstmals beim Menschen festgestellt - in einer Region, in der die Pocken zwei Jahre zuvor ausgerottet worden waren. Im Frühjahr 2003 wurden die ersten Fälle außerhalb Afrikas gemeldet, in den Vereinigten Staaten. Seit Mai breiten sie sich auch in weiteren Ländern aus; vor allem in Westeuropa, darunter auch Deutschland.

Welche Symptome können auftreten?

Die Symptome ähneln denen der Pocken. Dazu zählen Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, Schüttelfrost sowie geschwollene Lymphknoten. Es entwickeln sich teilweise sehr schmerzhafte Hautveränderungen in Form von Flecken und Pusteln, die mit der Zeit verkrusten und abfallen.

Der Ausschlag tritt vor allem an Gesicht, Handflächen und Fußsohlen auf. Es sind jedoch auch Haut- und Schleimhautveränderungen an Mund, Genitalien und Augen möglich. Die Hautveränderungen halten in der Regel zwischen zwei und vier Wochen an und heilen ohne Behandlung von selbst ab.

Wie wird die Krankheit übertragen?

Durch den Kontakt mit Blut und anderen Körperflüssigkeiten kranker Tiere können sich Menschen mit dem Virus anstecken. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nur bei engem Kontakt möglich. Das Virus wird dabei durch Tröpfcheninfektion, Wunden, den Bläscheninhalt und Schorf auf der Haut oder Körperflüssigkeiten wie Speichel übertragen. Laut einer Studie gehen 95 Prozent der aktuellen Affenpocken-Fälle auf sexuelle Kontakte zurück.

Die in Deutschland gemeldeten Fälle betrafen fast ausschließlich Männer, die sexuelle Kontakte mit anderen Männern haben. Nur eine Handvoll Fälle bei Frauen sind hierzulande bekannt. Schwangere, die sich mit Affenpocken angesteckt haben, können das Virus an ihr ungeborenes Kind weitergeben. Eine Ansteckung des Babys ist auch bei der Geburt möglich.

Wie gefährlich sind die Affenpocken?

In der Regel halten die Symptome zwei bis vier Wochen an. Infizierte können andere anstecken, solange sie Symptome haben. Im Gegensatz zu den seit 1980 ausgerotteten Menschenpocken verlaufen Affenpocken in der Regel deutlich milder; die meisten Menschen erholen sich innerhalb von mehreren Wochen.

Allerdings können bei einigen Betroffenen auch schwere Verläufe auftreten. Insbesondere Neugeborene, Kinder, Schwangere, alte Menschen und Menschen mit Immunschwäche können schwer erkranken. Zu möglichen Komplikationen gehören Hautinfektionen, Lungenentzündung, Verwirrtheit sowie Augeninfektionen, die zu Sehverlust führen können. Auch die Menge an Viren, denen ein Patient ausgesetzt war, spielt eine Rolle für den Krankheitsverlauf.

Gibt es eine Impfung?

Ja. In Deutschland ist für bestimmte Risikogruppen wie homosexuelle Männer mit häufig wechselnden Partnern eine Impfung mit dem seit 2013 in der EU ab 18 Jahren zugelassenen Pockenimpfstoff Imvanex empfohlen, der besser verträglich ist als ältere Pockenimpfstoffe. Die Ständige Impfkommission empfiehlt zwei Impfungen mit einem Abstand von mindestens mehreren Wochen.

Quelle: AFP

Warum auch die Zweitimpfung wichtig ist

"Mpox sind da und sie werden bleiben", sagt Holger Wicht von der Deutschen Aidshilfe. Insofern müsse gerade jetzt, wo das Risiko einer Mpox-Infektion niedrig sei, Vorsorge getroffen werden:
Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich impfen zu lasen. Wir kommunizieren diese Botschaft im Moment insbesondere in schwule Communitys.
Holger Wicht, Deutsche Aidshilfe
Das gelte auch für die Zweitimpfung. Vereinzelt hätten schwule Männer nach einer Erstimpfung auf den zweiten Piks verzichtet - etwa weil die Bedrohungslage inzwischen als gering eingeschätzt wird. Allerdings sei der Schutz erst nach einer Zweitimpfung komplett und dauerhaft.

Die ständige Impfkommission empfiehlt nun den Risikogruppen, sich gegen die Viruserkrankung impfen zu lassen. Bislang sind in Deutschland mehr als 130 Infektionsfälle bekannt.

10.06.2022 | 01:48 min

Bisher etwa 62.000 Impfungen gegen Mpox

Deutschland hat bisher rund 300.000 Impfdosen bekommen. Verimpft wurden laut Impfmonitor des RKI bis Januar 2023 rund 62.000, die meisten davon in Berlin. Weitere Bestellungen von Impfdosen plant die Bundesregierung nach ZDFheute-Informationen derzeit nicht.
Die Deutsche Aidshilfe kritisiert das als wenig vorausschauend. In Deutschland gebe es etwa eine halbe Million Männer, die Sex mit wechselnden männlichen Partnern haben, sagt Holger Wicht:
500.000 Männer brauchen etwa eine Millionen Impfungen.
Holger Wicht, Deutsche Aidshilfe

Aidshilfe enttäuscht von der Politik

Die 300.000 Impfdosen reichten deshalb auf lange Sicht nicht aus. Außerdem müsste das Impfen unbürokratischer werden: Impfwillige müssten Impfdosen zum Beispiel in Apotheken bestellen und in der Hausartpraxis gespritzt bekommen können.
Wicht kritisiert, vieles sei bei Corona besser gelaufen als bei Mpox: "Bei Covid war die Politik oft schneller und unbürokratischer, vielleicht auch, weil alle betroffen waren und nicht nur schwule Männer."

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