: Kramer: WM ist "Farce", Verständnis für DFB

22.11.2022 | 11:26 Uhr
"One Love"-Binden-Debatte im sportstudio: Fußball-Weltmeister Christoph Kramer kritisiert die FIFA scharf, warnt aber davor, den Spielern moralische Vorwürfe zu machen.

"One Love"-Binden-Debatte im sportstudio: Fußball-Weltmeister Kramer kritisiert die FIFA scharf. Sie habe "total verloren".

21.11.2022 | 03:28 min
Die Eskalation um die "One Love"-Kapitänsbinde der europäischen WM-Kapitäne um Manuel Neuer reicht weit über die Grenzen Katars hinaus. Neben der Spitze des Deutschen Fußball-Bundes kam auch viel Kritik aus der Politik für die scharfe Drohung der FIFA. Diese will die an der symbolträchtigen Kampagne beteiligten Verbände sportlich sanktionieren, wenn diese das Zeichen in die Welt schicken würden. Deutschland und die sechs weiteren europäischen Nationen kündigten daraufhin an, auf die Binde zu verzichten.
Die FIFA habe durch die "One Love"-Binden-Debatte "richtig verloren", sagte WM-Experte Christoph Kramer im sportstudio. 
Sie setzen ein ganz schlechtes Zeichen an die Welt.
Christoph Kramer, WM-Experte
Diese WM sei "eine Farce und das weiß jeder", sagte Kramer.

Kramer nimmt DFB und Spieler in Schutz

Er wehrte sich aber auch gegen Stimmen, die den Spielern und dem DFB ein Wegducken vorwarfen. Es sei "total einfach, hier in diesem Studio zu sitzen" und die Entscheidung zu kritisieren, er sehe es aber auch "als Spieler und aus sportlicher Sicht".
Kramer nahm den DFB in Schutz: "Die FIFA wird denen klargelgemacht haben: Wenn ihr mit dieser Binde auflauft, dann seid ihr aus dem Turnier raus", ist er sich sicher. Mit Gelben Karten und Punktabzügen, so Kramer, würde sich die FIFA im Zweifel wohl nicht zufriedengeben.
Ein Boykott der WM in Katar würde laut Kramer aber auch nichts ändern. "Wenn Deutschland jetzt sagt: Dann nehmen wir an dem Turnier nicht teil, dann sagen die, wer ist in Europa der nächste Nachrücker, dann spielen die", so der Fußballer. Trotzdem findet er die Diskussion wichtig und es sei "das Beste, was der Binde passieren konnte, dass darüber diskutiert wird, das ist auch ein Zeichen."

Gräfe: Schiedsrichter würde Neuer auffordern, Binde abzulegen

Welche Sanktionen Kapitän Manuel Neuer drohen könnten, wenn er die "One Love"-Binde trotz des FIFA-Verbots trotzdem tragen würde, erklärt ZDF-Experte Manuel Gräfe im sportstudio.
Die FIFA würde dann die Schiedsrichter entsprechend anweisen, das nicht zu gestatten.
Manuel Gräfe, ehemaliger FIFA-Schiedsrichter
Der Schiedsrichter würde den Spieler im Kabinengang auffordern, die Binde abzunehmen, so Gräfe weiter. "Wenn man das dann nicht macht und trotzdem das Spielfeld betritt, dann wäre das dann unerlaubtes Betreten des Spielfeldes, wäre ein unsportliches Verhalten und würde dann von den Schiedsrichtern entsprechend mit Gelb sanktioniert werden."

Gräfe: Alles möglich "von Geldstrafe bis Punktabzug"

Würde Neuer die "One Love"-Binde daraufhin nicht abnehmen, drohe ein Spielabbruch durch den Schiedsrichter. "Das würde man im Rahmen der Verhältnismäßigkeiten natürlich nicht machen," sagte Gräfe. "Man würde es entsprechend dann im Spielbericht vermerken müssen."
Anschließend würde die FIFA-Disziplinarkommission den Fall auswerten. "Und dann gibt es den ganzen Sanktionskatalog - von Geldstrafe bis Punktabzug", erklärte Gräfe. "Da gibt es ganz viele Möglichkeiten. Und das ist dann in der Hoheit der FIFA, das zu entscheiden. Und da wissen wir vielleicht alle, dass das ein bisschen unvorhersehbar ist."

"One-Love"-Binde für Menschenrechte

Die "One Love"-Binde steht für Menschenrechte, Diversität und Frauenrechte sowie für den Kampf gegen Diskriminierung, Rassismus und Homophobie. Sie zeigt den Slogan "One Love" und ein buntes Herz. Die Initiative ging vom Verband der Niederlande aus, sieben Teams hatten angekündigt, die Binde bei der Fußballweltmeisterschaft zu tragen.
Quelle: ZDF

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