: Verstimmungen zwischen Ukraine und Polen

02.08.2023 | 08:17 Uhr
Ein polnischer Präsidentenberater fordert mehr Dankbarkeit von der Ukraine - und löst mit der Äußerung Ärger aus. Kiew bestellt den polnischen Botschafter ein, Polen zieht nach.
Seit Polen sich gegen die Einfuhr zollfreien ukrainischen Getreides auflehnt, wachsen die Spannungen: Präsident Selenskyj und Ministerpräsident Morawiecki (Archiv)Quelle: Imago
Der Streit um ukrainische Getreideexporte zwischen Polen und der Ukraine hat sich verschärft. Nach Äußerungen eines polnischen Staatssekretärs bestellten die Ukraine und Polen gegenseitig ihre Botschafter ein.

Polen forderte mehr Dankbarkeit

Der außenpolitische Berater von Polens Präsident Andrzej Duda, Marcin Przydacz, hatte am Montag im Fernsehen Importbeschränkungen für ukrainische Agrarprodukte verteidigt - und in diesem Zusammenhang mehr Dankbarkeit von Kiew gefordert. Er sagte:
Die Ukraine sollte damit beginnen, das zu schätzen, was Polen für sie getan hat.
Marcin Przydacz, Berater von Präsident Duda
Daraufhin wurde am Dienstag in Kiew der polnische Botschafter einbestellt. Ihm wurde übermittelt, die Äußerungen von Przydacz seien "inakzeptabel".

Russland bombardiert in seinem Angriffskrieg gegen das Nachbarland gezielt Lagerhallen mit Getreide. Ukrainische Bauern wollen ihre Ernte deshalb so schnell wie möglich verkaufen.

27.07.2023 | 01:33 min

Morawiecki bezeichnet Botschafter-Einbestellung als Fehler

Warschau, das seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor mehr als 17 Monaten eigentlich als einer der wichtigsten Unterstützer und engsten Partner Kiews gilt, reagierte daraufhin verärgert. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki schrieb beim Kurznachrichtendienst Twitter am Dienstag:
In der internationalen Politik darf es unter Kriegsbedingungen und unter Berücksichtigung der riesigen Unterstützung Polens für die Ukraine nicht zu solchen Fehlern kommen.
Mateusz Morawiecki, polnischer Ministerpräsident
Polen bestellte seinerseits den ukrainischen Botschafter in Warschau ein.

Die EU-Kommission hat den von Polen und Ungarn beschlossenen Einfuhrstopp von ukrainischem Getreide kritisiert.

17.04.2023 | 02:15 min

Selenskyj: Emotionen abkühlen

Am Dienstagabend schlug dann der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wieder versöhnlichere Töne an. Auf Twitter schrieb er:
Wir werden nicht zulassen, dass irgendwelche politischen Momentaufnahmen die Beziehungen zwischen dem ukrainischen und dem polnischen Volk zerstören.
Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident
Und: "Die Emotionen sollten auf jeden Fall abkühlen." Freiheit und Wohlergehen beider Länder sowie das Zusammenhalten gegen Russlands Krieg stünden an erster Stelle.

Streit um ukrainisches Getreide

Hintergrund der Debatte und der Äußerung von Przydacz ist ein polnischer Einfuhrstopp für das günstigere ukrainische Getreide. Die EU hatte nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Zölle auf ukrainische Exporte gestrichen. Landwirte in den Nachbarländern protestierten jedoch gegen den durch das ukrainische Getreide verursachten Preisverfall und einige Länder verhängten daraufhin Importstopps.
Im Juni erlaubte Brüssel Polen, Bulgarien, Ungarn, der Slowakei und Rumänien Einfuhrbeschränkungen für ukrainisches Getreide einzuführen. Diese laufen im September aus. Vergangenen Monat drängte Polen die EU, die Vereinbarung zu verlängern, andernfalls werde Warschau dies eigenständig tun. Unberührt von dem Importstopp ist allerdings der Transit ukrainischer Agrarprodukte in Drittländer.
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Quelle: dpa, AFP

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