: Neues Einbürgerungsrecht: Worum es geht

von Charlotte Greipl und Christoph Schneider
30.11.2022 | 22:49 Uhr
Über kein Thema wird aktuell aufgeladener und emotionaler diskutiert als über die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts – ein Überblick über die juristischen Grundlagen.
Die Bundesregierung will das Staatsangehörigkeitsgesetz reformieren und schnellere Einbürgerungen ermöglichen.Quelle: dpa
Keiner kann sagen, er hätte es nicht gewusst. Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts – sie steht im Koalitionsvertrag der regierenden Ampelparteien. Zugegeben, nicht im vorderen Teil der 144 Seiten dicken Vereinbarung, sondern auf Seite 94 dritter Absatz, der mit dem Satz "wir schaffen ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht" beginnt.

Einbürgerung soll leichter werden

Gut 10,7 Millionen Menschen leben hierzulande mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Obwohl gut 5,7 Millionen Ausländer seit mindestens zehn Jahren in Deutschland leben, haben sich im vergangenen Jahr nur 132.000 Menschen einbürgern lassen.
Ziel der erleichterten Einbürgerung soll sein, wie das Bundesinnenministerium sagt, die Integration von Zugezogenen zu fördern, ihnen mehr politische Teilhabe zu ermöglichen und die Wertschätzung ihnen gegenüber zu steigern.
Es dürfte aber auch um etwas anderes gehen: Die Wirtschaft ist dringend auf Fachkräfte in unterschiedlichen Branchen angewiesen. Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, erklärte jüngst gegenüber der Süddeutschen Zeitung, dass eine Zuwanderung von 400.000 Arbeits- und Fachkräften erforderlich sei – jährlich.

So sieht's aktuell rechtlich aus

Die derzeit geltenden Voraussetzungen für eine Einbürgerung finden sich in § 10 Absatz 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes.
Danach muss man:
  • seit acht Jahren dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland leben
  • ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis besitzen
  • den Lebensunterhalt für sich und die unterhaltsberechtigte Familie finanzieren können
  • über ausreichende Deutschkenntnisse sowie Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung verfügen
  • nicht wegen einer Straftat verurteilt sein
  • die bisherige Staatsangehörigkeit bei der Einbürgerung aufgeben.

Geplante Änderungen

Die vorgesehenen Änderungen betreffen vor allem den ersten und den letzten Punkt. Die Einbürgerung soll schon nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen wie herausragenden beruflichen oder schulischen Leistungen oder ehrenamtlichem Engagement soll sie auf drei Jahre gesenkt werden können.
Außerdem soll es leichter werden, neben der deutschen auch eine andere Staatsangehörigkeit zu haben.
Bei Migranten über 67 Jahre soll der schriftliche Test zur Überprüfung der ausreichenden Deutschkenntnisse durch eine mündliche Prüfung ersetzt werden. Auch soll hier der Einbürgerungstest entfallen. Man wolle damit die "Lebensleistung der sogenannten Gastarbeitergeneration" würdigen, heißt es im Konzept aus dem Innenministerium.

Erlangung der Staatsbürgerschaft in vielen Ländern einfacher

Wenn Deutschland die Voraussetzungen für die Erlangung der Staatsbürgerschaft absenkt, folgt es damit einem internationalen Trend. In den meisten Ländern kann man die Staatsbürgerschaft bereits nach fünf Jahren oder weniger erhalten. In Frankreich etwa wird Franzose, wer dort geboren wird – unabhängig von der Nationalität der Eltern. Und wer zuzieht, kann die französische Staatsbürgerschaft nach fünf Jahren beantragen.
Auch in puncto doppelte Staatsbürgerschaft sind viele Länder großzügiger als Deutschland. Bisher war hierzulande die Weiterführung der bisherigen Staatsbürgerschaft nur in Ausnahmefällen zulässig, etwa für Menschen aus anderen EU-Staaten.
Das Bundeskabinett will in Kürze über den vorgelegten Entwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) beraten. Danach wird das Gesetz im Bundestag eingebracht, der dann in drei Lesungen darüber berät und abstimmt. Bis die Neuregelungen dann in Kraft treten können, werden sicher noch ein paar Monate vergehen. Bis dahin wird das Thema so oder so wieder auf den Agenden der Parteien stehen.
Charlotte Greipl und Christoph Schneider arbeiten in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF

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