: Der Streit ums Fahrrad
09.05.2023 | 07:55 Uhr
In Deutschland streiten sich Autofahrer und Radfahrer um die Straßen. Neue Radverkehrsprojekte stoßen oft auf Widerstand. So steht es um die deutsche Verkehrswende. Kurzer Radweg, große Diskussion: Seit Wochen wird in Leipzig um einen grünen Fahrstreifen vor dem Hauptbahnhof gestritten. Radfahrer haben dort im April einen neuen Weg bekommen - auf Kosten von Autospuren. Die Maßnahme war Teil eines Konzepts, mit dem die Stadt unter anderem die Sicherheit erhöhen wollte. Doch das Projekt stieß auf Widerstand. Wirtschaftsverbände protestierten, eine Petition wurden gestartet. Bislang hält die Stadt am Radweg fest.
Radwegstreit und Fahrradmesse in Leipzig
Die Debatte um den Radweg kochte vor einem wichtigen Termin hoch: der Weltradverkehrskonferenz "Velo-City". Von Dienstag bis Freitag (9.-12. Mai) treffen sich auf der Leipziger Messe mehr als 1.500 Teilnehmer aus über 50 Ländern. Das Motto lautet "Leading the transition".
Um diesen Radweg wird in Leipzig gerade gestritten:
Es geht um Stadtentwicklung, nachhaltige Mobilität und bessere Infrastruktur für Fahrräder. "Das Fahrrad ist eine einfache Lösung für die kompliziertesten Probleme der Welt", heißt es auf der Internetseite der Konferenz. Klingt vielversprechend. Doch in der Praxis - das zeigt nicht nur der Streit um den Radweg vor dem Leipziger Hauptbahnhof - kommt es oft zu Konflikten.
Gerichte entscheiden über Radwege
Manchmal müssen Gerichte über die Fälle entscheiden. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) nennt mehrere Beispiele aus den vergangenen Jahren. Demnach wies etwa das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Klage eines Politikers gegen provisorische Radfahrstreifen zurück.
Service - Apps fürs Fahrrad:
Frühlingszeit. Fahrradzeit. Rauf aufs Rad. Und wer den Weg nicht kennt, nutzt auch als Radler gerne eine Navigations-App. Wir haben Google Maps und Co. getestet.
05.04.2023 | 02:39 minIn Düsseldorf hingegen musste die Stadt laut ADFC ein Projekt rückgängig machen, weil für einen Radweg Lkw-Parkplätze weggefallen waren und die Stadt die Notwendigkeit ihrer Maßnahme nicht mit Unfallzahlen belegen konnte.
Deutschland soll zum "Fahrradland" werden
Zu solchen Problemen kommt es, obwohl in Deutschland mehr oder weniger Konsens darüber herrscht, dass eine Verkehrswende notwendig ist, um den Ausstoß von CO2 zu reduzieren. So wurde bereits 2021 der Nationale Radverkehrsplan beschlossen, mit dem Deutschland bis 2030 zum "Fahrradland" werden soll. Der Plan sah unter anderem mehr Radschnellverbindungen vor, außerdem mehr Rücksicht auf Lastenräder und einen Ausbau von Fahrradparkplätzen.
Zwar hat der Radverkehr nach Angaben des ADFC in den vergangenen Jahren zugenommen. Doch zugleich sind in Deutschland so viele Autos wie noch nie zugelassen. Laut dem Statistischen Bundesamt waren Anfang des vergangenen Jahres 48,5 Millionen Pkw registriert. Der Kfz-Verkehr sei stärker geworden, sagt ein ADFC-Sprecher.
Der häufigste Unfallgegner von Radfahrenden ist der Pkw.
ZDFheute Infografik
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Auch der Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur habe mit dem steigenden Radverkehr nicht Schritt gehalten. Beim Fahrradklima-Test 2022, einer Umfrage des ADFC, hat Deutschland die Schulnote 4 erhalten. 80 Prozent der Teilnehmer klagten über zu schmale Radwege, 70 Prozent fühlten sich beim Radfahren nicht sicher.
Wo radelt es sich am besten? Das Ranking des ADFC:
Wettringen im Münsterland gilt als Vorreiter in Sachen Fahrradinfrastruktur. Köln hat hingegen noch aufzuholen und will bis 2035 fahrradfreundlicher werden. Der ADFC zeichnet heute die besten Fahrradstädte aus.
24.04.2023 | 01:43 minAuch die Autolobby sieht Nachholbedarf
Selbst beim ADAC, dem Lobbyverband der Autofahrer, ist man der Ansicht, dass mehr für Radfahrer getan werden sollte. Zwar hätten Umfragen gezeigt, dass nur jeder dritte Autofahrer die Umwandlung von Verkehrsflächen unterstützt. Aber:
Grundsätzlich denke ich, dass es notwendig ist, an der einen oder anderen Stelle Raum abzugeben.
Der Umbau sollte demnach fair ablaufen, also nicht von heute auf morgen passieren, wie bei den sogenannten Pop-Up-Radwegen, die in der Corona-Pandemie etwa in Berlin angelegt wurden. Es sei wichtig, die Interessen aller Verkehrsteilnehmer mit einzubeziehen. Wo es möglich ist, sollten Rad- und Autoverkehr räumlich getrennt werden, zum Beispiel durch Fahrradstraßen.
Die Entwicklung einer besseren Fahrradinfrastruktur werde allerdings Zeit in Anspruch nehmen, sagt Winkler. Auch Fahrradhochburgen wie Münster hätten Jahrzehnte gebraucht, um ein hochwertiges Netz aufzubauen. Dieser Prozess, davon ist man beim ADFC überzeugt, wird weitere Konflikte mit sich bringen.
Wir hören aber aus Städten aus dem Ausland, die teilweise viel radikalere Einschränkungen des Autoverkehrs vornehmen, dass die Änderungen nach kurzer Zeit akzeptiert werden.
Mannheim wollte vorangehen, doch die Kritik war zu groß:
Quelle: Christoph Pengel, dpa