: Was wollen die McCarthy-Gegner?

06.01.2023 | 16:29 Uhr
Immer wieder scheitert Kevin McCarthy bei der Wahl zum Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses an parteiinternen Gegnern. Was wollen die Republikaner, die McCarthy blockieren?
Während die langwierige Wahl des Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses für die meisten Abgeordneten mit Frustration verbunden ist, sehen einige der etwa 20 widerständigen Republikaner darin Grund zur Freude. Sie fassen das Geschehen als Ausdruck der Demokratie und historische Chance auf, Abgeordneten mehr Mitspracherecht bei Gesetzen zu geben.
Die republikanische Abgeordnete Lauren Boebert, die sich gegen McCarthy stellt, sagte zum Beispiel:
Das ist eigentlich eine wirklich schöne Sache.
Lauren Boebert, republikanische US-Abgeordnete
Der Abgeordnete Matt Rosendale gab sich ebenfalls erfreut. So viel Debatte wie jetzt habe es in den vergangenen zwei Jahren nicht gegeben. "Und das ist gesund." Damit werde Kollegialität gefördert.

Abgeordnete erstritten schon einmal Regeländerungen

McCarthy ist der erste Kandidat seit 100 Jahren, der es nicht im ersten Anlauf auf den Vorsitzposten geschafft hat. 1923 kam es in der neunten Wahlrunde zum Votum für den Abgeordneten Frederick Gillett, nachdem die republikanische Führung Reformen zugestimmt hatte, die Mitglieder des progressiven Flügels der Republikaner gefordert hatten.
Ein republikanischer Abgeordneter, der zu den Frustrierten gehört, ist Dan Crenshaw. "Ich denke nicht, dass die Amerikaner Wert auf irgendeine dieser sogenannten Missionen legen, die diese Woche passieren: Regeländerungen, wer mehr Macht erhält, wer in welchem Ausschuss dient."

Der Republikaner McCarthy ist auch im elften Wahlgang zum Vorsitz im US-Repräsentantenhaus gescheitert. Der Machtkampf geht weiter. "Es gibt einige, die auf keinen Fall McCarthy als Sprecher wollen", so ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen.

06.01.2023 | 02:06 min

Kongress: Sorgen vor Normalisierung von Blockaden

Hingegen sieht der republikanische Abgeordnete Chip Roy die Rangelei um Abläufe bei der Gesetzgebung positiv: Das Repräsentantenhaus funktioniere genau so, wie es funktionieren sollte, sagte er. Er verwies auf Erfolge, die Republikaner vor einem Jahrhundert bei Regeländerungen während der Wahl des Vorsitzenden errungen hatten.
Der Großteil der gewählten Abgeordneten will aber lieber, dass die Wahl vorbei ist. Sie konnten wegen des Geschehens ihren Amtseid noch nicht ablegen. Viele befürchten, dass so eine Blockade zur Normalität werden könnte und damit verbunden wäre, dass Gesetze nicht verabschiedet würden.

Demokrat kritisiert Machtspiele im Kongress

Republikaner, die voraussichtlich in Ausschüssen sitzen werden, die sich auf die Verteidigung und den Heimatschutz konzentrieren, sagten, dass die Blockade der nationalen Sicherheit schade. Die Abgeordneten Michael McCaul, Mike Rogers und Mike Turner teilten mit:
Wir können nicht zulassen, dass persönliche Politik die Sicherheit und den Schutz der Vereinigten Staaten gefährdet.
Republikanische Abgeordnete
Auch demokratische Abgeordnete machten ihre Kritik deutlich. Es sei das erste Mal seit einem Jahrhundert, dass es aufgrund von Ehrgeiz und Machtspielen keinen Kongress gebe, sagte der Abgeordnete Hakeem Jeffries, der als ranghöchster Demokrat im Repräsentantenhaus fungieren wird.

Warum verliert McCarthy immer wieder?

Die Republikaner haben in der Kammer nur eine ganz knappe Mehrheit. Daher bräuchte McCarthy fast alle Stimmen seiner Parteikollegen, um auf den mächtigen Posten gewählt zu werden.

Doch mehrere Republikaner vom rechten Rand der Fraktion haben eine Rebellion gegen den 57-Jährigen angezettelt und den Kongress so ins Chaos gestürzt.

Denn bis der Vorsitz geklärt ist, geht im Repräsentantenhaus gar nichts: Nicht mal die neuen Abgeordneten, die bei der Kongresswahl im vergangenen November ins Parlament gewählt wurden, können vereidigt werden.

McCarthy-Gegner wollen Antrag auf Amtsenthebung erleichtern

Die McCarthy-Gegner wollen eine Regel im Repräsentantenhaus wiederherstellen, nach der ein Mitglied einen Antrag auf Amtsenthebung des Vorsitzenden stellen kann. Damit werde für Rechenschaftspflicht gesorgt, argumentieren sie.
Die geplante niedrige Schwelle für solche Abstimmungen sorgte für Bedenken. Einem Abgeordneten die Macht zu geben, eine Abstimmung gegen den Vorsitzenden auszulösen, könnte ein Alltagsphänomen nach sich ziehen, sagte der republikanische Abgeordnete Don Bacon. "Würden Sie das gerne jede Woche tun?", fragte Bacon mit Blick auf das derzeitige Wahldrama im Repräsentantenhaus.

Einigung im Repräsentantenhaus am Wochenende?

Der 57-Jährige war seinen Gegnerinnen und Gegner zuletzt immer weiter entgegengekommen und hat sich damit auch erpressbar gemacht. 
Die "Washington Post" berichtete, dass mehrere Gegner kurz davor seien, einer Vereinbarung zuzustimmen und für McCarthy zu stimmen. Es sei aber offen, wann genau dies passieren werde.
Quelle: Kevin Freking, AP, dpa

Mehr zur Wahl im US-Repräsentantenhaus