: Bundestag soll wesentlich kleiner werden

15.01.2023 | 17:44 Uhr
Der Bundestag ist auf eine Größe gewachsen, die mehr für Unmut als für mehr Demokratie sorgt. Jetzt liegt ein erster Entwurf zur Rückkehr auf 598 Abgeordnete vor.
Seit langem gibt es Kritik an der Größe des Bundestags - jetzt soll die Zahl der Abgeordneten verkleinert werden.
Die Ampel-Fraktionen haben einen Gesetzentwurf für eine Wahlrechtsreform vorgelegt, der den Bundestag wieder auf seine Regelgröße von 598 Abgeordneten verkleinern würde. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate war das Parlament immer weiter gewachsen - auf zuletzt 736 Abgeordnete.

Überhang- und Ausgleichsmandate fallen weg

Der Gesetzentwurf von SPD, Grünen und FDP sieht nun vor, dass es künftig keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr geben soll. Dies kann zur Folge haben, dass in einem Wahlkreis direkt gewählte Abgeordnete keinen Sitz im Bundestag erhalten werden.
Die Vorsitzenden derAmpel-Fraktionen im Bundestag schickten den Gesetzentwurf am Sonntag an CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU). In einem Schreiben boten sie Gespräche darüber an.
Die Fraktionen der demokratischen Mitte eint, eine massive Vergrößerung des Bundestages über seine gesetzliche Regelgröße für zukünftige Bundestagswahlen vermeiden zu wollen.
Gesetzentwurf Ampel-Koalition zu Wahlrechtsreform
"Deshalb möchten wir für die nächste Bundestagswahl eine Lösung finden, die breit getragen werden kann". Brief und Gesetzentwurf liegen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor.
Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über die Erststimmen mehr Mandate erringt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Diese zusätzlichen Mandate darf die Partei behalten. Die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichsmandate.

Überhangmandate

Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Wahlkreise direkt gewinnt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis an Sitzen zusteht. Im Jahr 2012 urteilte das Bundesverfassungsgericht allerdings, dass es maximal 15 Überhangmandate ohne Ausgleich für die anderen Parteien geben darf.

Im Jahr darauf verabschiedete der Bundestag deshalb ein neues Wahlrecht, das einen Ausgleich sämtlicher Überhangmandate vorsieht. Danach war das Parlament bei der jüngsten Wahl auf die Rekordgröße von 709 Abgeordneten angewachsen. Das Bundeswahlgesetz sieht eine Anzahl von 598 Abgeordneten vor.

Einteilung in Wahlkreise bleibt bestehen

Nach dem Gesetzentwurf bleibt es bei der bisherigen Einteilung in 299 Wahlkreise und bei zwei Stimmen, die jede Wählerin und jeder Wähler vergeben kann. Für die Sitzverteilung im Bundestag sollen künftig allein die Zweitstimmen ausschlaggebend sein. Sie werden im Entwurf "Hauptstimmen" genannt, die Erststimmen heißen "Wahlkreisstimmen".
Über das Hauptstimmenergebnis wird berechnet, wie viele der 598 Mandate jeder Partei bundesweit zustehen und wie sich diese auf die einzelnen Landeslisten verteilen. Gewinnt eine Partei weniger Wahlkreise direkt, als ihr Mandate zustehen, werden die restlichen Mandate über die Liste verteilt. Gewinnt sie aber mehr Wahlkreise direkt, als Sitze nach dem Hauptstimmenergebnis auf sie entfallen, gehen die Kandidatinnen und Kandidaten mit dem schlechtesten Wahlkreisstimmenergebnis leer aus.
Die erfolgreiche Kandidatur im Wahlkreis setzt also künftig neben der relativen Mehrheit eine Deckung durch Hauptstimmen voraus.
Gesetzentwurf Ampel-Koalition zu Wahlrechtsreform
Der Verzicht auf Überhang- und Ausgleichsmandate würde alle Parteien treffen. Bei der Bundestagswahl 2021 gab es davon 138. Davon entfielen auf die Union 41, auf die SPD 36, auf die Grünen 24, auf die FDP 16, auf die AfD 14 und auf die Linke 7.

"Wenn es unser Staat nicht mal hinbekommt […] die Zahl der Bundestagsabgeordneten zu reduzieren, dann fehlt uns auch für andere Strukturen die Glaubwürdigkeit", sagt Konstantin Kuhle (FDP), Innenpolitischer Sprecher.

02.06.2022 | 06:30 min
Der Gesetzentwurf soll in dieser Woche von den Fraktionen beraten werden. Er dürfte auch in den Reihen der Ampel nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen, weil sich Abgeordnete ausrechnen können, dass sie mit den neuen Regeln bei der nächsten Wahl ihr Mandat verlieren werden.Noch größer aber dürfte der Widerstand bei der Union werden. Sie hatte von der bisherigen Regelung sehr profitiert.

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