: Welche Rechte Praktikanten haben

von Felix Molchanov 
19.09.2023 | 09:13 Uhr
Mindestlohn, Urlaub, Zeugnis, Kündigung - wichtige Fragen für ein Praktikum. Dabei kommt es vor allem auf eine Unterscheidung an: Pflichtpraktikum oder freiwilliges Praktikum?
Ein Praktikum kann auch zur Berufsorientierung genutzt werden: Eintauchen in noch unbekannte ArbeitsfelderQuelle: Colourbox.de
Viele Menschen machen ein Praktikum - um in einen Beruf rein zu schnuppern oder weil es für ihre Ausbildung vorgeschrieben ist. Dabei kommt es auch zu arbeitsrechtlichen Fragen: Bekomme ich Mindestlohn, habe ich Anspruch auf Urlaub, wie sieht es mit einem Zeugnis aus? Und welches Zeugnis gibt es?

Praktikum: Pflicht oder freiwillig

  • Zunächst kommt es auf die Art des Praktikums an. Die erste Kategorie ist das sogenannte Pflichtpraktikum, es ist vergleichbar zu einer Prüfungsleistung und für den Abschluss der Ausbildung oder des Studiums erforderlich. Wie lange und in welchem Bereich das Praktikum absolviert werden muss, steht in der Ausbildungs-, Studien- oder Prüfungsordnung.
  • Die zweite Kategorie stellt das freiwillige Praktikum dar. Der Unterschied: Es ist freiwillig, die Praktikant*innen entscheiden sich aus eigener Motivation dafür. Das Praktikum kann vor ebenso wie während einer Ausbildung oder einem Studium absolviert werden.

Anspruch auf Mindestlohn

Bei der Bezahlung gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen freiwilligem und verpflichtendem Praktikum. Den gesetzlich verpflichtenden Mindestlohn von aktuell 12 Euro pro Stunde erhalten nur diejenigen, die ein freiwilliges Praktikum absolvieren - wer ein Pflichtpraktikum macht, hat hingegen keinen Anspruch.
Bei freiwilligen Praktika kommt es aber auch auf die Dauer des Praktikums an. Wer ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur beruflichen Orientierung oder begleitend zur Ausbildung oder zum Studium absolviert, ist vom gesetzlichen Mindestlohn ebenfalls ausgenommen. Bei über drei Monaten besteht hingegen ein Anspruch.

Die Mindestlohn-Kommission hat mehrheitlich entschieden, dass der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland Anfang 2024 auf 12,41 Euro pro Stunde steigen soll. Den Gewerkschaften ist diese Erhöhung viel zu niedrig.

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Wie lange darf ich arbeiten?

Hier gilt dasselbe wie für alle Arbeitnehmer*innen: Erlaubt sind acht Stunden Arbeit am Werktag. Eine Verlängerung auf zehn Stunden ist möglich, wenn die Acht-Stunden-Grenze im Durchschnitt weiter eingehalten wird. Praktikant*innen haben zudem das Recht auf Ruhepausen, diese müssen grundsätzlich mindestens 30 Minuten betragen. Für Minderjährige gelten besondere Vorschriften.

Viele junge Menschen finden keine für sie passenden Ausbildungsplätze, obwohl viele Betriebe nicht alle ihre angebotenen Plätze besetzen konnten.

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Wie viele Tage Urlaub?

Beim Thema Urlaub gehen Pflichtpraktikant*innen leer aus: Sie haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Urlaub. Es ist trotzdem möglich, eine Urlaubsregelung im Praktikumsvertrag zu vereinbaren - das ist in einigen Unternehmen bereits Praxis.
Für das freiwillige Praktikum gelten dieselben Regeln wie für Arbeitnehmer*innen. Die Anzahl der Urlaubstage hängt vor allem von der Dauer des Praktikums ab. Wer länger als sechs Monate arbeitet, bekommt bei einer Fünf-Tage-Woche 20 Urlaubstage im Jahr. Bei einem Praktikum unter sechs Monaten besteht ein anteiliger Anspruch, sprich 1,66 Tage pro Monat bei einer Fünf-Tage-Woche oder zwei Tage pro Monat bei einer Sechs-Tage-Woche.

Am Ende ein Zeugnis

Praktikant*innen haben gesetzlich einen Anspruch auf ein Praktikumszeugnis, unabhängig wie lange das Praktikum geht. Von der Art des Praktikums hängt jedoch ab, wie detailliert das Zeugnis ausfallen muss. Ein*e Pflichtpraktikant*in erhält ein sogenanntes "einfaches" Zeugnis, es nennt die Rahmendaten wie Ort und Dauer des Praktikums.
Freiwillige Praktikant*innen haben zusätzlich Anspruch auf ein "qualifiziertes" Zeugnis, das ausführlichere Angaben wie die Tätigkeiten im Praktikum und eine Bewertung der Leistung enthält.

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Kündigung

Wer das Praktikum frühzeitig beenden will, kann kündigen - entweder fristlos in der Probezeit oder nach der Probezeit grundsätzlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist. Praktikant*in und Arbeitgeber*in können sich ebenfalls in einem Aufhebungsvertrag auf ein früheres Ende einigen. Dafür gibt es verschiedene Gründe, zum Beispiel wenn das Praktikum den Erwartungen nicht entspricht.
Pflichtpraktikant*innen sollten dabei beachten, dass das Praktikum ein Bestandteil ihres Studiums oder ihrer Ausbildung ist. Sie müssten dann ein anderes Praktikum absolvieren - gegebenenfalls können sie sich aber die bereits geleisteten Tage anrechnen lassen.
Felix Molchanov arbeitet in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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