: Die Alternativen zum Grab auf dem Friedhof

von Victoria Kunzmann
19.12.2023 | 05:32 Uhr
Im Wald, auf See oder anonym: Bestattungsarten wie diese finden immer mehr Anklang. Hat der traditionelle Friedhof ausgedient?

Friedhöfe passen sich zunehmend der Zeit an.

26.11.2023 | 01:34 min
Kieswege, Blätterrauschen und eine rote Grabkerze: All das haben wohl die meisten Friedhöfe in Deutschland gemein. Bei vielen liegen die Gräber versteckt hinter hohen Mauern. Hier soll Platz sein für Stille, Erinnerungen und Trauer. Doch es hat sich etwas verändert. Während die meisten Menschen momentan noch auf einem klassischen Friedhof begraben werden, steigt das Interesse an neuen Formen der Bestattung.

Im Wald oder zur See die letzte Ruhe finden

Laut einer Umfrage der Verbraucherinitiative für Bestattungskultur "Aeternitas" aus dem Jahr 2022 wünschen sich rund 25 Prozent der Deutschen eine Bestattung in einem Bestattungswald. Dafür werden oft biologisch abbaubare Urnen verwendet, die im Wurzelbereich eines Baumes vergraben werden. Der Verstorbenen wird zum Beispiel mit einer Metallplakette im Baum oder einem Schild auf einer Metallsäule in der Nähe gedacht.
Beliebter wird laut Umfrage auch die Bestattung auf hoher See. Diese Form der Beisetzung wünschen sich sechs Prozent. Erlaubt ist diese nur in Ost- und Nordsee. Auch hier ist die Urne aus biologischen Materialien, die sich selbst zersetzen.

Bei Feuerbestattung mit Urne hat man mehr Zeit

Dem voraus ging ein seit Jahren deutlicher Trend hin zur Feuer- statt Erdbestattung. Das bestätigt auch Markus Maichle vom Bundesverband Deutscher Bestatter. Die Vorteile der Feuerbestattung würden für viele Menschen überwiegen, sagt er: "Hier haben wir eine Vielzahl an Möglichkeiten, wo wir die Urne beisetzen", sagt er.
Durch die Urne hat man mehr Zeit als bei der Erdbestattung.
Markus Maichle, Bundesverband Deutscher Bestatter
Zeit, um sich für eine Urne, eine Bestattungsform und einen Friedhof zu entscheiden.

In Nikopol, im Südosten der Ukraine, schlägt die Totenglocke immer häufiger. Die Menschen trauern um die vielen, die an der nahen Front gefallen sind. Die Kirche soll ihnen dabei Trost spenden.

01.06.2022 | 02:11 min

Ist eine Bestattung im eigenen Garten erlaubt?

Die Urne aber einfach im heimischen Garten oder am Lieblingsplatz des Verstorbenen zu vergraben oder Asche in der Natur zu verstreuen, ist in Deutschland verboten. Es gilt eine Friedhofspflicht. In vielen anderen europäischen Ländern aber sind Bestattungen auf Wiesen, in Flüssen oder im heimischen Garten erlaubt.
Weil Bestattungsrecht Ländersache ist, werden auch hierzulande neue Formen getestet. Zum Beispiel werden in Schleswig-Holstein gerade Reerdigungen angeboten. Bei einer Reerdigung kommt der tote Körper in einen Metallsarg mit Heu, Stroh, Blumen und wird mit Wasser und Sauerstoff versorgt. Nach 40 Tagen hat sich der Körper zersetzt, die Erde muss aber ebenfalls auf einem Friedhof bestattet werden.

Anonyme Bestattung wird beliebter

In der "Aeternitas"-Umfrage fällt auf: Rund 18 Prozent der Deutschen wünschen sich ein komplett anonymes Grab. Den Grund sieht Günter Czasny in der Grabpflege. Er hat im schwäbischen Süßen den "Friedhof der Zukunft" mitentwickelt. Immer mehr Menschen würden sich wünschen, ihren Angehörigen nicht zur Last zu fallen, sagt er. Aus der Grabpflege solle "kein Muss werden".
Auf dem Friedhof der Zukunft, einem Experimentierfeld, das Besuchern offensteht, erforschen Bestatter, Psychologen, Architekten, Friedhofsgärtner, wie Friedhöfe gestaltet werden sollten, damit sie den Hinterbliebenen gerecht werden.
Die Menschen, die zurückbleiben, brauchen den Ort, um mit ihrer Trauer umgehen zu können.
Günter Czasny, hat "Friedhof der Zukunft" in Süßen mitentwickelt

Friedhof neu gestalten: Spielplatz, Kräutergarten und Platz zum Verweilen

Das bedeute, man müsse den Friedhof lebendiger gestalten: mit einem Spielplatz für Kinder, Bänken zum Verweilen, Orten für Gespräche. In Süßen auf dem Friedhof der Zukunft gibt es auch einen Sinnesgarten, in dem Blumen und Kräuter wachsen, eine Tafel und Kreide, mit der Menschen ihre Trauer niederschreiben können.
In einer großen Metallkugel spiegeln sich Symbole aller Weltreligionen wider. Die Symbole hängen wie ein Himmel über der Kugel. Friedhöfe sollten Orte für Menschen aller Religionen sein, sagt Czasny und fasst zusammen: "Der Friedhof ist ein Ort der Lebenden."
Victoria Kunzmann ist Redakteurin im ZDF-Landesstudio Baden-Württemberg.

Mehr zum Thema Tod und Trauer